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       # taz.de -- Kommentar Kavanaughs Ernennung: Schwerer Makel
       
       > Mit der Durchsetzung des umstrittenen Kandidaten haben die Republikaner
       > einen Sieg errungen. Er wird das Land politisch zurückwerfen.
       
   IMG Bild: Die Herrschaft der alten weißen Männer wurde bloßgelegt
       
       Der Prozess rund um die Bestätigung von Brett Kavanaugh als
       Verfassungsrichter am Obersten Gerichtshof hat abgrundtiefe Einblicke in
       das hässliche Innenleben der USA geliefert. Er brachte Spaltungen,
       Unversöhnlichkeiten und einen Hass zutage, wie das Land sie in den
       düstersten Momenten seiner Geschichte erlebt hat – vom Bürgerkrieg über die
       antikommunistische Hetzerei der McCarthy-Ära bis hin zu den Jahren von
       Bürgerrechtsbewegung und Vietnamkrieg.
       
       Das [1][nun abgeschlossene Verfahren] macht einen Mann zum Obersten Richter
       auf Lebenszeit, der sein Amt mit schweren Makeln antritt: Er wird von
       mehreren Frauen beschuldigt, sie sexuell angegriffen zu haben. Er ist
       selbst im fortgeschrittenen Alter von 53 Jahren nicht in der Lage,
       erwachsen über die Alkoholexzesse und den Sexismus seiner Jugendjahre zu
       reflektieren, von denen sowohl damalige WeggefährtInnen als auch seine
       eigenen Kalendereinträge zeugen.
       
       Und er hat im Zuge seiner Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats
       erbärmliche Charakterzüge offenbart, die ihn unter normalen Umständen von
       jedem Richteramt disqualifizieren würden: Er zeigte sich unbeherrscht und
       rachsüchtig, weinerlich und selbstverliebt. Und er fiel jenen SenatorInnen,
       die ihre Aufgabe ernst nahmen und ihm kritische Fragen stellten –
       insbesondere den Frauen – mit aggressiven Attacken ins Wort.
       
       Kavanaugh ist weder durch Charakter noch durch Weisheit noch wegen
       unabhängigen Denkens ins Oberste Gericht gekommen, sondern weil er ein
       Parteisoldat in einem politischen Krieg ist. Er hat seit dem Beginn seiner
       Karriere im Ermittlungsausschuss für die Amtsenthebung von Präsident Bill
       Clinton über seine Jahre als Rechtsberater von George W. Bush im Weißen
       Haus bis hin zu seiner Positionierung gegen das Recht auf Abtreibung einer
       17-jährigen Immigrantin im vergangenen Jahr bei jeder neuen Schlacht
       bewiesen, dass er auf der republikanischen Seite der Front steht.
       
       ## Einfluss großer Konzerne wird wachsen
       
       Diese zuverlässige rechte Parteilichkeit hat Kavanaugh zum Kandidaten
       sämtlicher Flügel der Republikanischen Partei und der hinter ihnen
       stehenden Interessen für das Oberste Gericht gemacht. Er ist ein Garant für
       noch weniger Rechte am Arbeitsplatz, für noch weniger Schusswaffenkontrolle
       und für noch weniger Krankenversicherung.
       
       Und er wird dafür sorgen, dass der politische Einfluss großer Konzerne
       weiter wächst und dass religiöse FundamentalistInnen noch mehr Mitsprache
       bei so privaten Dingen wie Eheschließung und Fortpflanzung bekommen. Was
       ihn zusätzlich attraktiv für Donald Trump macht, ist die Tatsache, dass er
       für eine präsidentielle Immunität eintritt, die diesen vor einer
       Amtsenthebung schützen soll.
       
       Kavanaugh ist der Mann, der die republikanischen Anliegen durch die
       nächsten Jahrzehnte führen soll, egal, wie die kommenden Wahlen ausgehen.
       Mit seiner Bestätigung haben die RepublikanerInnen einen Sieg errungen, der
       in seiner historischen Bedeutung mit dem Wahlausgang vom November 2016 zu
       vergleichen ist.
       
       Dennoch ist Kavanaughs Einzug in das Oberste Gericht keine Niederlage für
       die DemokratInnen. Für sie war die zweite Bestätigung eines Obersten
       Richters von Trumps Gnaden die Fortsetzung der einjährigen republikanischen
       Sabotage von Barack Obamas moderatem Richter Merrick Garland. Sie wussten,
       dass ihre Chancen, Kavanaugh zu verhindern gen Null gingen. Und ihnen war
       klar, dass selbst im Falle von Kavanaughs' Scheiterns jemand seines
       politischen Kalibers nachgerückt wäre.
       
       ## Ein altes, weißes, männerbeherrschtes Regime
       
       Die DemokratInnen haben die Gelegenheit genutzt, um ihr eigenes Profil zu
       schärfen. Gegenüber den elf weißen Männern, die für die Republikanische
       Partei im Justizausschuss sitzen, repräsentierten ihre SenatorInnen das
       real existierende Land.
       
       Gemeinsam mit Tausenden von Frauen, die quer durch das Land gegen
       Kavanaughs Bestätigung demonstrierten, haben sie es geschafft, die Makel
       des Richters bloßzulegen und zugleich das Wesen eines alten, weißen,
       männerbeherrschten Regimes aufzuzeigen, das die Zukunft vernageln will.
       
       Einen Monat vor den Wahlen zum US-Repräsentantenhaus, bei denen die
       politischen Karten vom US-Kongress über die GouverneurInnen bis hin zu den
       Legislativen in den meisten Bundesstaaten neu gemischt werden, hat Trump
       seinen Richter bekommen. Aber die DemokratInnen hatten die denkbar beste
       Bühne.
       
       7 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Trotz-Uebergriffsvorwuerfen-bestaetigt/!5541859
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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