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       # taz.de -- Asylpolitik im Freistaat: Bayern will per Charter abschieben
       
       > Die Landesregierung in München plant eine Sammelabschiebung nach Italien.
       > Italiens Innenminister Salvini droht, dann die Flughäfen zu sprerren.
       
   IMG Bild: 22. Februar 2017: Ein mit abgelehnten Asylsuchenden besetztes Flugzeug vor dem Start in München
       
       München/Rom dpa | Die bayerischen Behörden bereiten für die nächsten Tage
       eine erste Sammelabschiebung nach Italien in Eigenregie vor. Das erfuhr die
       Deutsche Presse-Agentur von Beschäftigten am Flughafen München. Ob das
       gelingen wird, ist allerdings fraglich. Der italienische Innenminister
       Matteo Salvini erklärte am Sonntag: „Wenn jemand, in Berlin oder Brüssel,
       vorhat, Dutzende von Migranten mit nicht-autorisierten Charterflügen
       abzuladen, sollte er wissen, dass kein Flughafen verfügbar ist und sein
       wird. Wir schließen die Flughäfen, wie wir bereits die Häfen geschlossen
       haben.“
       
       Den Angaben aus München zufolge sollen bayerische Polizisten einen
       Charterflug mit Migranten begleiten, für deren Asylanträge nach den
       Dublin-Regeln der EU Italien zuständig ist. Mehrere der Asylbewerber, deren
       Abschiebung vorbereitet werde, stammten aus Nigeria, hieß es am Samstag.
       Der Flug könne möglicherweise an diesem Montag starten, mit Hilfe der
       Bundespolizei. Ein zweiter Sammelcharter ab München sei für den 17. Oktober
       geplant. Ob das schon mit Italien abgesprochen ist, war am Wochenende nicht
       zu erfahren. Das bayerische Innenministerium wollte die Informationen weder
       bestätigen noch dementieren.
       
       Normalerweise ist die Bundespolizei für die Begleitung von Ausländern
       zuständig, die abgeschoben werden sollen. In den vergangenen Monaten hatte
       die Bundespolizei jedoch Beamte der bayerischen Landespolizei als
       „Personenbegleiter Luft“ ausgebildet. Nach Angaben aus dem
       Bundesinnenministerium hatte es Ende Juli bereits eine Sammelabschiebung
       per Charter nach Mailand gegeben, bei der das Flugzeug von den bayerischen
       Behörden organisiert und bezahlt worden war. Begleitet wurde dieser Flug
       aber nach dpa-Informationen von der Bundespolizei.
       
       Die italienische Zeitung Corriere della Sera berichtete am Sonntag über
       Planungen für einen Flug mit 40 Migranten. Dieser werde am Donnerstag auf
       dem Flughafen Rom Fiumicino erwartet. Aufgrund der Dublin-Regeln könne sich
       Italien dem formal nicht widersetzen. Mit Verweis auf den Flugplan wäre es
       jedoch möglich, die Landung oder den Ausstieg der Passagiere nicht zu
       gestatten.
       
       ## Seehofer verhandelt ohne Ergebnis
       
       Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte im Juli ein bayerisches
       Landesamt für Asyl eröffnet. Hauptziel dieser neuen Behörde, die im
       Volksmund „Bayern-Bamf“ genannt wird, soll eine schnellere Abschiebung
       abgelehnter Asylbewerber sein. Kurz darauf wurden die
       Erstaufnahmeeinrichtungen des Freistaates in „Ankerzentren“ für
       beschleunigte Asylverfahren umgewandelt. Wer keinen Schutz erhält, soll
       nach Möglichkeit direkt von dort aus abgeschoben werden.
       
       Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte zudem versucht, mit Rom eine
       Vereinbarung über eine schnelle Rücknahme von Migranten von der
       deutsch-österreichischen Grenze zu treffen. Dabei geht es ausschließlich um
       Migranten, die in Italien schon einen Asylantrag gestellt haben. Die
       Verhandlungen mit dem rechten Innenminister Salvini führten jedoch zu
       keinem Ergebnis.
       
       Im ersten Halbjahr dieses Jahres hatte Deutschland 10.748 Anträge für
       Rückführungen nach Italien gestellt. Dabei handelte es sich größtenteils um
       sogenannte Dublin-Rücküberstellungen. Nach Angaben des
       Bundesinnenministeriums konnten aber lediglich 1.692 Ausländer nach Italien
       zurückgebracht werden.
       
       ## Kaum Hilfe für Asylbewerber
       
       Die italienische Tageszeitung La Repubblica berichtete, Deutschland drücke
       bei den Rückführungen von Migranten nach Italien aufs Tempo, und sprach von
       der Möglichkeit, dass dafür Charterflüge eingesetzt werden könnten. Dem
       Blatt zufolge werden derzeit etwa zehn Migranten pro Woche nach Italien
       zurückgebracht, im Normalfall mit Linienflügen nach Rom, Mailand oder
       Turin. Am Flughafen würden sie in Empfang genommen und in Aufnahmezentren
       gebracht.
       
       Der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, sprach sich gegen
       Rückführungen nach Italien aus. Er sagte, die Asylbewerber „landen dort
       meist auf der Straße, weil es kaum Hilfe für sie gibt“.
       
       Aus deutschen Polizeikreisen hieß es, die Rückführungen nach Italien liefen
       nicht immer reibungslos. Bei einer Abschiebung hätten Bundespolizisten
       mehrere Stunden auf dem Flughafen warten müssen, bis italienische
       Polizisten erschienen seien, um die Abgeschobenen in Empfang zu nehmen.
       
       7 Oct 2018
       
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