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       # taz.de -- Gesetz für Whistleblower: Gut für JournalistInnen
       
       > Das geplante Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen verbessert auch
       > den Schutz der Medien. Der ARD-Protest ist nicht überzeugend.
       
   IMG Bild: Ob das Gesetz auch ihm geholfen hätte? Edward Snwoden bei einer Liveschalte 2015
       
       Am Donnerstag diskutiert der Bundestag erstmals den Gesetzentwurf der
       Bundesregierung zum [1][„Schutz von Geschäftsgeheimnissen“]. In dem
       geplanten Gesetz wird auch die Position von investigativen Journalisten
       verbessert. Die Kritik der ARD am Gesetzentwurf kann nicht überzeugen.
       
       Wer [2][Geschäftsgeheimnisse verrät oder diese anschließend nutzt und
       offenlegt], muss mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe
       rechnen, so der Entwurf. Zudem können betroffene Firmen zivilrechtlich
       Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft verlangen. Der Gesetzentwurf soll
       eine EU-Richtlinie umsetzen.
       
       Die ARD kritisiert, dass der Gesetzentwurf über die EU-Vorgabe hinausgehe,
       die keine Strafvorschriften enthalte. „Damit bedeutet der aktuelle
       Gesetzentwurf, dass journalistische Arbeit, die bisher grundsätzlich
       erlaubt ist, kriminalisiert werden kann“, erklärt Albrecht Hesse,
       Vorsitzender der Juristischen Kommission der ARD. „Investigative Recherche
       darf durch das neue Gesetz nicht unnötig behindert oder gar kriminalisiert
       werden“, fordert der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm.
       
       Faktisch ändert sich hier aber nichts. Schon bisher war im Gesetz gegen den
       unlauteren Wettbewerb (UWG) die so genannte Geheimnishehlerei strafbar.
       Danach wird unter anderem bestraft, wer ein unbefugt verschafftes
       Geschäftsgeheimnis unbefugt verwertet. Anders als Hesse behauptet, galt
       dies bisher nicht nur „zu Zwecken des Wettbewerbs“, sondern auch „aus
       Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des
       Unternehmens Schaden zuzufügen“. Bei dieser Aufzählung bleibt es.
       
       ## Ausdrückliche Rechtfertigung
       
       Neu ist jedoch eine ausdrückliche Rechtfertigung für Whistleblower und
       Journalisten. Wer eine rechtswidrige Handlung oder ein sonstiges
       Fehlverhalten aufdeckt, macht sich ebenso wenig strafbar wie der
       Journalist, der sich darüber informiert. Eine sachfremde Absicht des
       Informanten (Rache, Eifersucht) beeinträchtigtt den Schutz des Journalisten
       nicht. Damit sind Journalisten vor Strafverfolgung, aber auch vor
       zivilrechtlichen Ansprüchen (einschließlich Auskunftsansprüchen) geschützt.
       Eine solche Schutz-Klausel gab es im UWG noch nicht.
       
       Die ARD hätte allerdings eine andere rechtliche Konstruktion bevozugt.
       „Wenn Informanten oder Berichterstatter sich den Unwägbarkeiten einer
       Rechtmäßigkeitsabwägung ausgesetzt sehen, werden sie sich im Zweifelsfalle
       eher dazu entscheiden, dieses Risiko zu vermeiden, als wenn sie schon den
       Tatbestand nicht erfüllen“, schreibt ARD-Justiziar Hesse und warnt vor
       „chilling effects“ (Einschüchterungseffekten). Tatsächlich ist in der
       Begründung des Gesetzentwurfs von einer „Abwägung“ der Interessen die Rede,
       die im Normtext des Gesetzes fehlt. Bei einem Strafgesetz kommt es
       allerdings nur auf den Normtext an.
       
       Gleichzeitig hat die Lösung der Bundesregierung auch einen klaren Vorteil.
       Wenn etwas im Gesetz ausdrücklich als rechtmäßig eingestuft ist, können
       sich Journalisten generell darauf berufen. Das ist besser, als wenn das
       Gesetz auf sie gar nicht anwendbar wäre.
       
       Schließlich kritisiert der ARD-Vorsitzende Wilhelm auch: „Wenn Unternehmen
       weitgehend selbst bestimmen können, was als Geschäftsgeheimnis unter den
       Schutz des Gesetzes fällt, ist eine journalistische Aufklärung von
       Missständen im Geschäftsgebaren von Unternehmen nicht mehr ausreichend
       möglich.“ Dabei übersieht Wilhelm aber, dass es auf die Definionsmacht (die
       die Unternehmen schon immer hatten) gar nicht ankommt – weil sich
       Journalisten bei ihrer Arbeit ja auf die Rechtmäßigkeitklausel berufen
       können.
       
       11 Oct 2018
       
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