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       # taz.de -- Schutz von Insekten: Sie sind systemrelevant
       
       > Die artenreichste Tierklasse ist nicht nur aus ökologischen Gründen
       > schützenswert. Sie sind überaus nützlich und auch ökonomisch relevant.
       
   IMG Bild: Mauerbienen in einem „Insektenhotel“, einer künstlich geschaffenen Nist- und Überwinterungshilfe für Insekten
       
       [1][Insekten sind systemrelevant] – auch wirtschaftlich. Einerseits machen
       sie den Menschen die Ernte streitig. Laut dem Umweltverband BUND werden in
       Deutschland jährlich rund 50.000 Tonnen Pestizide im Wert von weit über
       einer Milliarde Euro auf den Äckern versprüht. Oft unterschätzt wird
       andererseits ihr positiver ökonomischer Beitrag.
       
       Zum einen sind da die klassischen Nutzinsekten wie Honigbiene,
       Seidenspinner oder auch die Cochenilleschildlaus, die den roten Farbstoff
       Karmin liefert. Die Produkte dieser teils domestizierten Arten bringen
       wichtige Einnahmen. Verbraucher*innen in Deutschland essen durchschnittlich
       einen Kilogramm Honig im Jahr. Um diesen Bedarf zu decken, werden laut
       Hamburger Honig-Verband fast 90.000 Tonnen im Wert von über 250 Millionen
       Euro importiert.
       
       Die meisten Leistungen vor allem wilder Insekten werden aber nicht bezahlt
       oder gar bemerkt. So fressen viele Insekten andere Insekten – ein
       natürlicher Pflanzenschutz, der weltweit einem Nutzen von 100 Milliarden
       US-Dollar pro Jahr entspreche, so der europäische Verbund von
       Wissenschaftsakademien. Außerdem erhalten Insekten die Bodenfruchtbarkeit
       und verbessern so die landwirtschaftliche Produktivität für 25 Milliarden
       US-Dollar.
       
       Rechnet man die Bestäubungsdienste der Biene mit ein, ist sie nach Rind und
       Schwein das drittwichtigste Nutztier. Wie der Weltbiodiversitätsrat
       berichtet, schätzen Forscher den ökonomischen Gesamtwert der Bestäubung
       durch Insekten weltweit auf 265 bis 577 Milliarden US-Dollar. Angesichts
       dessen erscheinen die von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD)
       geplanten [2][100 Millionen Euro für den Aktionsplan Insektenschutz] nicht
       viel.
       
       ## Verschwindend wenig
       
       Der Insektenforscher Thomas Schmitt begrüßt den Vorstoß, gibt aber zu
       bedenken: „Auf die Agrarfläche Deutschlands umgerechnet sind das gerade mal
       knapp 6 Euro pro Hektar.“ Verschwindend wenig im Vergleich zu den
       Milliarden an Agrarsubventionen. „An den Betrag müssen also eigentlich noch
       Nullen dran.“
       
       Vor allem aber müssten die Gelder in der Landwirtschaft anders verteilt
       werden, so Schmitt: [3][„Während beispielsweise Mais-Monokulturen hohe
       Zuschüsse] erhalten, bekommt ein Bauer, der eine naturnahe Wiese mit wilden
       Blumen bewirtschaftet, kaum mehr dafür.“
       
       Der Bauernverband bekennt sich zwar zum Insektenschutz, sein
       Umweltbeauftragter Eberhard Hartelt schränkt aber ein: Die Vorschläge
       müssten „auch die ökonomischen Herausforderungen der Landwirtschaft
       berücksichtigen“.
       
       16 Oct 2018
       
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