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       # taz.de -- Verdrängung am Oranienplatz: Zwei Immobilien pro Hai
       
       > Der Eigentümer des Hotels Orania besitzt noch eine zweite Immobilie am
       > Platz. Dort hat Bazon Brock seine Denkerei. Doch wohl nicht mehr lange.
       
   IMG Bild: Miethaie zu Fischstäbchen. Schön wärs
       
       Denken ist eine feine Sache. Es fördert die Konzentration, macht Falten,
       aber auch schön, und wenn alles gut geht, gibt’s auch ein Erfolgserlebnis.
       Bei Bazon Brock kommt hinzu, dass das Denken auch ein langes Leben
       versprechen kann. Seit fast acht Jahren lädt der emeritierte Professor für
       Ästhetik an der Bergischen Universität Wuppertal zum Denken in seine
       „Denkerei“ am Oranienplatz ein. Lesungen gibt es da, Ausstellungen,
       Seminare.
       
       ## Gott hat Immobilien
       
       Auch über die Gentrifizierung hat Bazon Brock schon nachgedacht, berichtete
       am Mittwoch die Berliner Zeitung. Diesmal allerdings ohne Erfolgserlebnis.
       Fast könnte man meinen, Brock gehe es dabei wie der Mutter Courage in
       Brechts gleichnamigem Theaterstück, wo so bitter und müde wehgeklagt wird:
       „Der Mensch denkt, Gott lenkt.“ Zumindest dann, wenn man Gott vom
       Theaterhimmel herab auf den Berliner Grund und Boden steigen lässt und ihn
       durch, sagen wir mal: Immobilienkapital ersetzt.
       
       Gott, also der Pate des Oranienplatzes, ist in diesem Fall Dietrich von
       Boetticher, ein Münchner Adelsspross, der gerne einmal Verleger
       (Luchterhand) oder Zeitungsherausgeber (Wochenpost) geworden wäre, es aber
       doch nur zum Immobilienhai gebracht hat. Als solcher hat er aus einem
       leerstehenden Kaufhaus das luxuriöse Hotel Orania gezaubert – und daran
       offenbar Gefallen gefunden.
       
       Denn auch das Haus mit der „Denkerei“ gehört von Boetticher, und auch da
       soll alles etwas gehobener werden. Den Mietvertrag von Brock hat der
       Münchner vorsorglich schon gekündigt, nur was an seiner Stelle reinsoll,
       weiß er nicht. Mit dem Denken tun sich solche Leute manchmal schwer.
       
       Was aber lässt sich dagegen machen? Fenster einschmeißen wie am Orania?
       Davon profitieren nur die Hersteller von Sicherheitsglas. Baustadtrat
       Florian Schmidt anrufen? Der hat ohnehin alle Hände voll zu tun. Von
       Boetticher und Google auf den Mond schießen? Wo suchen wir dann, ob sie
       angekommen sind?
       
       ## Doppelpunkt statt Komma
       
       Wie wär’s aber damit: Wenn schon in manchen Ländern die Amtsdauer von
       Staatenlenkern auf zwei Legislaturen beschränkt ist, dann könnte man doch
       auch den Besitz an Grund und Boden limitieren. Warum nicht den Besitz von
       höchstens zwei Immobilien pro Hai festsetzen? Das würde von Boetticher am
       O-Platz zwar nicht stoppen, aber im Rest von Kreuzberg schon.
       
       Nur mal so gedacht.
       
       Ach ja, bei Brechts „Lied von der großen Kapitulation“ wird aus dem Komma
       am Anfang am Ende dann ein Doppelpunkt: „Der Mensch denkt: Gott lenkt.“
       
       24 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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