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       # taz.de -- Bauhaus und Feine Sahne Fischfilet: Kontrollfantasien in der Kritik
       
       > Die Ausladung von Feine Sahne Fischfilet sorgt für Streit. Ein offener
       > Brief und eine Landtagsdebatte befassen sich mit Kunstfreiheit und
       > Politik.
       
   IMG Bild: Absage an Feine Sahne Fischfilet: Politischer Druck auf das Bauhaus
       
       Nach der Kritik von Einzelpersonen am [1][Auftrittsverbot für die Band
       Feine Sahne Fischfilet am Bauhaus Dessau] wurde am Mittwoch in Berlin ein
       offener Brief veröffentlicht. 7 Erstunterzeichner und weitere etwa 130
       Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Architektur kritisieren, „wie die
       Politik durch offenkundige Weisungen in eine kulturelle Einrichtung
       hineinregiert“. Der Brief widerspricht der Auffassung von AfD, CDU und
       Magdeburger Staatskanzlei, die Punkband sei linksextremistisch. Vielmehr
       sei sie „gegen Rechtsradikalismus, Sexismus, Homophobie und
       Fremdenfeindlichkeit engagiert“ und „zu einem wichtigen Akteur der
       ostdeutschen Zivilgesellschaft geworden“.
       
       Nun werde „untersagt, was Rechtsradikale provoziert“. „Ein solches Handeln
       gefährdet die politische Kultur in unserem Land“, folgert der Aufruf. Einer
       der wesentlichen Erstunterzeichner ist der 2014 entlassene ehemalige
       Direktor der Bauhausstiftung, Philipp Oswalt. Ein Architekturprofessor,
       der in seiner fünfjährigen Amtszeit „ordentlich Welle gemacht hat“, wie
       sich Linke-Kulturpolitiker Stefan Gebhardt im Landtag von Sachsen-Anhalt
       ausdrückt. Das Bauhaus Dessau habe unter Oswalts Regie „wieder zu atmen
       begonnen“, weil er dessen frühe Reformideen für die heutige Zeit zu
       adaptieren versuchte.
       
       Oswalt hatte nach der Nichtverlängerung seines Vertrags 2014 [2][in der
       Zeit schon den Durchgriff der Landespolitik auf die Bauhaus-Stiftung]
       kritisiert und zeichnet auch jetzt das Bild anhaltender Einmischung über
       die 100 Jahre seines Bestehens. Bekanntlich konnte auch der Versuch einer
       Neutralisierung durch den dritten Bauhaus-Direktor, Mies van der Rohe,
       1932 die Schließung auf Druck der NSDAP nicht abwenden. In der DDR
       verhinderte die Staatssicherheit 1986 eine kritische Fotoausstellung im
       Bauhaus und verlangte Entpolitisierung.
       
       Philipp Oswalt geriet schon durch die Umstände seines Amtsantritts 2009 in
       Konflikt mit der Landesregierung. Der damalige Kultusminister Jan Olbertz
       riet ihm damals zu „mehr Demut“. In Ungnade fiel der Bauhaus-Direktor
       spätestens 2010 mit einem kritischen Vortrag ihm Rahmen der
       Internationalen Bauausstellung. Es ging um die demografische Entwicklung
       und die Landesplanung in Sachsen-Anhalt. „Die CDU hat damals gekocht“,
       erinnert sich Oswalt. Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) betrieb dann
       in „Gutsherrenmentalität“ seine Absetzung. „Die wollen Ruhe im Karton,
       nicht, dass gute Arbeit gemacht wird“, spitzt der Architekt zu. So sieht er
       auch die Rolle seiner Nachfolgerin Claudia Perren, deren Arbeit er aber
       nicht bewerten will.
       
       ## Angedrohte Störversuche von rechts
       
       Die Ausladung der Punkband, die am 6. November für eine Aufzeichnung in der
       Reihe zdf@bauhaus vor nur 150 Hörern spielen sollte, hätte Oswalt
       ausdrücklich nicht verfügt. Eine Debatte im Magdeburger Landtag am Mittwoch
       erhellte zumindest teilweise die Umstände des Zustandekommens.
       Staatskanzleichef und Stiftungsratsvorsitzender Rainer Robra (CDU) verwies
       zunächst auf eine autonome Entscheidung der Stiftungsdirektorin. Auf
       Nachfrage musste er jedoch einräumen, dass Claudia Perren ihn zuvor
       konsultiert hatte. Der Stiftungsrat war nicht einbezogen worden. Deutlich
       wurde in der Debatte, aber [3][auch durch ein Zeit-Interview der
       Direktorin], dass für die Absage des Veranstaltungsortes ausschließlich
       angedrohte Störversuche von rechts und nicht die streitbaren Texte von
       Feine Sahne Fischfilet ausschlaggebend waren.
       
       Gerade auf die verbale Gewalt dieser „linksextremen Antifa-Combo“, so der
       CDU-Abgeordnete Detlef Gürth, bezogen sich aber neben der CDU vor allem
       AfD-Redner. In demagogischer Weise, die ihm auch Gürth vorhielt, versuchte
       beispielsweise Marcus Spiegelberg von der AfD-Radikalisierung abzulenken
       und der „linksextremen Hetzband“ und ihren Unterstützern die Schuld an
       gesellschaftlicher Verrohung zuzuschieben. Die Kenia-Koalition aus CDU, SPD
       und Grünen offenbarte Differenzen in der Bewertung der Konzertabsage. „Wo
       sind wir hingekommen?“, rief der SPD-Abgeordnete und frühere Innenminister
       Holger Hövelmann angesichts einer Entscheidung unter Druck von rechts. Der
       grüne Innenpolitiker Sebastian Striegel sprach von „Kontrollfantasien
       einzelner Politiker“.
       
       Beiden aber macht die bundesweite öffentliche Debatte über den Fall
       Hoffnung. Das aufgeschlossene Klima unter der jüngeren Generation
       demonstrierte ein Flashmob Dessauer Studenten am Dienstag. Wenig Hoffnung,
       vielmehr Irritation ist aber nun verbreitet über das im kommenden Jahr
       anstehende hundertjährige Bauhaus-Jubiläum zu spüren. Der Linke Stefan
       Gebhardt befürchtet eine reine Musealisierung, Philipp Oswalt nimmt das
       Bauhaus schon als „kulturell tot“ wahr, wenn keine Korrektur erfolge.
       Staatskanzleichef Rainer Robra will im Stiftungsrat nun eine
       „Standortbestimmung“ anregen. Der eingangs erwähnte offene Brief nimmt auch
       die aktuellen Bauhaus-Plakate beim Wort: „Das Bauhaus. Kein Stil, sondern
       eine Haltung.“
       
       24 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bauhaus-laedt-Feine-Sahne-Fischfilet-aus/!5539655
   DIR [2] https://www.zeit.de/2014/21/bauhaus-dessau
   DIR [3] https://www.zeit.de/kultur/kunst/2018-10/claudia-perren-bauhaus-direktorin-dessau-feine-sahne-fischfilet
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Bartsch
       
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