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       # taz.de -- Aufgeschreckte Coachpotatoes: In den Eingeweiden der Erde
       
       > Spannender als ein Besuch der Pyramiden: Die Mine Rammelsberg bei Goslar
       > ist ein Ankerpunkt der europäischen Route der Industriekultur.
       
   IMG Bild: Das Bergbaumuseum Rammelsberg
       
       Es ist feucht, dunkel, glitschig, kühl. Auf steilen, schmalen Stahltreppen
       geht es immer tiefer in die Erde hinein. Überall zweigen Gänge ab. Ein
       verwirrendes, unteririsches Labyrinth. Hier müssen die Zwerge, die
       Bergmännchen wohnen. Mit ihrem runzligen grauen Gesicht, das ihrem hohen
       Alter entspricht, dem weißem Bart, der ihnen Klugheit, vielleicht auch
       Bösartigkeit andichtet. Dazu die großen, leuchtenden, lichtempfindlichen
       roten Augen. Wo sonst, wenn nicht hier im Roederstollen, treiben sie ihr
       Unwesen.
       
       Der Roederstollen im [1][Bergwerk Rammelsberg] bei Goslar ist ein altes
       System von Energieleitungen und Maschinen. Riesige unterirdische
       Wasserräder entwässerten die Grube. Ein Wunder deutscher Technik. Unsere
       Führerin durch den Stollen weiß nicht nur viel Geschichte über den
       1.000-jährigen Bergbau im Rammelsberg, sie erzählt auch vom Alltag der
       Bergleute, den Witwenrenten und frühen Absicherungen, die die Bergleute
       errungen hatten. Und nebenbei erklärt sie die ursprüngliche Akkumulation.
       
       Die Kaiser errichteten in Goslar ihre Pfalz, weil der in den Gruben
       erwirtschaftete Reichtum ihre Kassen füllte. Ohne den Bergbau wäre die
       Stadt Goslar am Nordrand des Harzes wohl nie zu einem Hauptsitz der
       deutschen Kaiser und zu einer wichtigen Handels- und Hansestadt geworden.
       „Am Erz des Bergwerks und der harten Arbeit der Bergleute bereicherte sich
       der Kaiser, und der Handel mit den Schätzen des Berges machte Goslar im
       Mittelalter zu einer reichen Stadt.“
       
       Vor 30 Jahren, 1988, wurde hier nach 1.000-jährigem Schürfen die Produktion
       endgültig niedergelegt. Das Bergwerk Rammelsberg ist seit 1992
       Weltkulturerbe. Ein wichtiges Denkmal deutscher Industriekultur, Ankerpunkt
       der Europäischen Route der Industriekultur, [2][ERIH].
       
       Sie ist ein riesiges Netz des Industrieerbes, über ganz Europa verteilt.
       Eine Entdeckungsreise zu den Meilensteinen europäischer
       Industriegeschichte. Dazu gehören überregional bedeutende Industrieanlagen
       ebenso wie namhafte Arbeitersiedlungen, Museen oder Panoramen.
       
       Der Reiseführer Lonely Planet kürt jedes Jahr die besten Reiseziele der
       Welt. Deutschland wurde dieses Jahr nach Sri Lanka für den zweiten Platz
       von den Tourismuskennern erwählt: Das 100-jährige Bauhaus-Jubiläum und der
       30. Jahrestag des Mauerfalls seien für die Entscheidung verantwortlich.
       
       Wir empfehlen unbedingt auch den Rammelsberg. „Das war spannender als der
       Besuch der Pyramiden“, sagt mein Begleiter nach der Führung durch das
       Bergwerk. Ob die niedersächsische Schulklasse auf obligatorischer
       Klassenfahrt das auch so sieht oder aus Übermut so grölte, ist unklar.
       Gelangweilt waren sie auf jeden Fall nicht.
       
       28 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.rammelsberg.de
   DIR [2] https://www.erih.de/routensystem/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Edith Kresta
       
       ## TAGS
       
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