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       # taz.de -- Isolierung von Gebäuden: Deutschland muss viel mehr dämmen
       
       > Eine neue Studie warnt, jährlich müssten doppelt so viele Häuser
       > energetisch saniert werden, sonst verfehlt Deutschland sein Klimaziel.
       
   IMG Bild: So schlecht gedämmt, wie es aussieht: Mietshaus in Berlin kurz vor der Renovierung
       
       BERLIN taz | Deutschland vernachlässigt den Klimaschutz nicht nur bei
       Kohlekraftwerken und im Verkehr, sondern auch durch schlecht isolierte
       Gebäude. Um den CO2-Ausstoß der Immobilien wie geplant „bis 2030 zu
       halbieren, führt kein Weg an deutlich effizienteren Gebäuden vorbei“, ist
       das Fazit einer bislang unveröffentlichten Studie des Expertengremiums
       „Agora Energiewende“ und der Klimastiftung ECF. Die Rate von Häusern, die
       pro Jahr saniert und dabei gedämmt werden, müsse sich verdoppeln, um eine
       „kostengünstige Wärmewende“ zu erreichen, heißt es in dem Gutachten, das am
       Dienstag der Öffentlichkeit präsentiert werden soll.
       
       Darin wenden sich die Experten der Agora auch gegen Überlegungen, den
       CO2-Ausstoß eher durch Heizungen mit Gas oder synthetischen Brennstoffen zu
       reduzieren als durch verstärktes Dämmen. „Ein flächendeckender Einsatz von
       synthetischen Brennstoffen als Ersatz für fossiles Erdgas und Heizöl ist
       kurzfristig kaum darstellbar und würde die deutschen Haushalte bis zu 8,2
       Milliarden Euro im Jahr mehr kosten als der Effizienz-Pfad“, warnt das
       Papier, das der taz vorliegt.
       
       Hintergrund der Mahnung: Gebäude sind für etwa [1][30 Prozent der deutschen
       CO2-Emissionen verantwortlich]. Aber über die letzten Jahre ist dieser
       Wert kaum gesunken, weil mehr gebaut wurde und die nötigen Sanierungsraten
       deutlich unterschritten werden. Eine Studie des Instituts für Wohnen und
       Umwelt nennt die Einsparungen der Haushalte beim CO2-Ausstoß bisher „kaum
       quantifizierbar.“
       
       Nun aber müssen laut Klimaschutzplan der Regierung die Emissionen von
       derzeit 130 Millionen Tonnen im Jahr bis 2030 auf etwa 70 Millionen
       praktisch halbiert werden. Doch seit Jahren geht die energetische Sanierung
       nicht voran, weil die dafür erforderliche Steuerentlastung der Eigentümer
       zwischen Bund und Ländern umstritten ist.
       
       Der Frust sitzt deshalb tief bei allen, die am Thema Energieeffizienz
       arbeiten. Immer wieder wird deshalb debattiert, statt auf Effizienz auf
       andere Heizungsformen zu setzen. Die zuständigen Lobbyverbände haben
       zuletzt ihre Anstrengungen verstärkt: Mit dem Slogan „Gas kann grün!“ etwa
       fordert die Gasindustrie eine „Dekarbonisierung mit Gas“. Und auch das
       „Institut für Wärme und Oeltechnik“ will zum „Gelingen der Energiewende“
       durch flüssige Brennstoffe beitragen.
       
       ## „Effizienz ist der Schlüssel“
       
       Die aktuelle Agora-Studie „Wert der Effizienz im Gebäudesektor“ hält
       dagegen: Die beauftragten Institute haben fünf Szenarien berechnet: einmal
       die Vorstellung des Bundeswirtschaftsministeriums, das stark auf Effizienz
       setzt, aber keine Maßnahmen dafür benennt. Dann drei Modelle mit hoher
       Effizienz und mehr Öko-Energien, Wärmepumpen oder synthetischen
       Brennstoffen. Und ein Modell, das wenig Effizienz, aber viel synthetische
       Heizstoffe einplant. Ergebnis: Dieses letzte Vorhaben sei deutlich teurer
       als die anderen und kaum machbar.
       
       „Effizienz ist der Schlüssel, mit dem Deutschland seine verbindlichen
       Klimaschutzziele kostengünstig erreichen kann“, sagt Agora-Chef Patrick
       Graichen. Es bringe nichts, „auf einzelne klimafreundliche Technologien zu
       schielen, für ein Entweder-oder ist es nach Jahren des Zauderns zu spät.“
       Für eine Wärmewende müssten „alle Technologien zum Einsatz kommen, und zwar
       in effizienten Gebäuden“.
       
       Für die Agora sind die Klimaziele auch eine finanzielle Frage. Reißt
       Deutschland diese EU-Vorgaben, muss es ab 2021 für viel Geld
       CO2-Zertifikate von anderen Staaten kaufen. Bis 2030 rechnen Experten
       deshalb allein wegen schlecht gedämmter Häuser in Deutschland von möglichen
       Mehrkosten von 30 Milliarden Euro.
       
       5 Nov 2018
       
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