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       # taz.de -- Ab 2021 keine Zulage mehr für Ökostrom: Eine neue Ära grüner Energien
       
       > Ab 2021 werden alte Ökostromanlagen allmählich nicht mehr gefördert. Neue
       > Solarkraftwerke sind schon jetzt zeitweise ohne Zuschüsse rentabel.
       
   IMG Bild: EEG-Zulage weg? Nicht schlimm, Ökostrom wird immer rentabler
       
       Berlin taz | In gut zwei Jahren beginnt eine neue Ära der erneuerbaren
       Energien in Deutschland. Dann nämlich läuft für die ersten Anlagen die
       garantierte Vergütung aus, die im [1][Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG)]
       seit dem Jahr 2000 für zwanzig Jahre garantiert war. Betreiber suchen nun
       Wege, ihre alten Windkraft- und Solaranlagen auch im Jahr 2021 weiter zu
       betreiben. Sie haben verschiedene Optionen.
       
       Problemlos wird der Systemwechsel bei vielen Solaranlagen ablaufen. Sie
       werden einfach weiterbetrieben, und zwar solange sie technisch
       funktionieren. Die Kleinkraftwerke auf dem heimischen Dach verursachen
       praktisch keine Kosten mehr, wenn sie erst installiert sind. Wenn der Strom
       zu einem guten Teil im eigenen Haus verbraucht werden kann, spielt auch die
       Einspeisevergütung kaum noch eine Rolle; die Anlage rechnet sich, weil
       weniger Energie vom externen Stromanbieter gekauft werden muss.
       
       Für den Strom, der nicht selbst verbraucht werden kann, gibt es dann
       verschiedene Optionen. Es wird Anbieter geben, die den Strom zu
       Marktpreisen von wenigen Cent je Kilowattstunde abnehmen werden. Manche
       Betreiber werden sich eine Batterie zulegen um die Überschüsse nachts zu
       verbrauchen, andere werden sie verheizen, um Gas oder Öl zu sparen oder sie
       für Elektrofahrzeuge zu nutzen. Auch wenn es keine staatlichen Zuschüsse
       mehr aus dem EEG gibt, können die Solarstromanlagen also wirtschaftlich
       genutzt werden.
       
       Schwieriger wird es beim Windstrom. Außer bei Kleinanlagen kann der nicht
       vor Ort verbraucht werden, sondern muss ins Netz eingespeist werden. Die
       Betreiber werden also Abnehmer finden müssen, die idealerweise bereit sind,
       einen kleinen Ökoaufschlag zu zahlen. Dafür hat die Branche die Abkürzung
       PPA ersonnen, was für Power Purchase Agreement steht, auf Deutsch ein
       Stromabnahmevertrag. Oft sind es große Firmen, die mit den Erzeugern von
       Ökostrom direkte Abnahmeverträge schließen, was für beide Seiten attraktiv
       sein kann. Die Produzenten erhalten eine langfristig festgelegte Vergütung,
       der Abnehmer kann sich auf einen ebenso langfristig gesicherten Strompreis
       verlassen.
       
       ## Konzerne nutzen Ökostrom für Markenbildung
       
       Die ersten PPA-Projekte gab es in Ländern, in denen die staatliche
       Förderung für Ökostrom nicht so lukrativ ist wie in Deutschland –
       beispielsweise in Großbritannien, den USA, Norwegen, Irland, Polen und den
       Niederlanden. Die Abnehmer des Stroms profitieren auch von der garantierten
       Öko-Qualität: „Einige große Software-Konzerne prägen ihre
       nachhaltigkeitsbezogene Markenbildung mit dem ‚First-Mover-Image‘ durch den
       Abschluss von großen PPAs mit Wind- und Solaranlagenbetreibern“, schreibt
       das Berliner Analystenhaus Energy Brainpool in einer Studie. Dazu zählen
       unter anderem Microsoft, Google und Facebook.
       
       Während im Ausland auf diese Weise neue Windparks finanziert werden, wird
       das Instrument in Deutschland vor allem den Fortbestand von Altanlagen
       sichern. Zum Beispiel unterschrieb Greenpeace Energy im September ein PPA
       mit den Betreibern des Bürgerwindparks Ellhöft in Schleswig-Holstein nach
       dem Auslaufen der EEG-Förderung Ende 2020.
       
       Auch etablierte Energieversorger haben den Markt erkannt, etwa die
       Mannheimer MVV Energie, die für die sogenannten Post-EEG-Anlagen eine feste
       Anschlussvergütung für bis zu drei Jahre anbietet. Mit Sätzen um 3 bis 3,2
       Cent je Kilowattstunde für Windstrom könne bei Nachverhandlungen bei Pacht,
       Wartung und Betriebsführung manche Altanlage noch über einige Jahre zu
       finanzieren sein, ist man bei MVV überzeugt. Zunehmend relevant für den
       Fortgang der Energiewende wird damit das Preisniveau an der Strombörse.
       Dort wird Strom gehandelt, je mehr Geld es für die Kilowattstunde gibt,
       desto eher lohnt es sich, alte Windkraftanlagen weiterzubetreiben.
       
       Erneuerbare Energien haben zudem am Strommarkt einen Vorteil, wenn die
       Preise für CO2-Zertifikate steigen, was zuletzt der Fall war. Für jede
       Tonne Klimagas, das Betreiber von Kraftwerken in die Atmosphäre blasen,
       müssen sie ein solches Zertifikat kaufen – wie eine Art Müllgebühr. So wird
       Strom aus Kohle, Gas oder Öl teurer, Sonnen- oder Windstrom haben das
       Problem nicht. Insgesamt stieg der mittlere Preis am Spotmarkt der Börse
       von durchschnittlich 34,19 Euro je Megawattstunde im Jahr 2017 auf 53,50
       Euro im dritten Quartal 2018.
       
       Deshalb gab es im August ein Novum auf dem deutschen Energiemarkt – ein
       Vorgeschmack auf die Zukunft: Erste Photovoltaik-Großanlagen verzichteten
       in diesem Monat freiwillig auf die EEG-Förderung – [2][wie 2017 bereits
       Windstrom-Erzeuger]. Die Förderung ist mittlerweile so niedrig, dass es
       rentabler ist, den Strom gleich zum Marktpreis zu verkaufen.
       
       5 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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