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       # taz.de -- Einsatz von Glyphosat: Schulze für schnelle Reduzierung
       
       > Die Umweltministerin legt ein Ausstiegskonzept für das umstrittene
       > Pestizid vor. Doch entscheiden wird am Ende das Agrarministerium.
       
   IMG Bild: Nach Schulzes Plänen soll Glyphosat für bestimmte Anwendungen und Flächen verboten werden
       
       Berlin taz | Wenn es nach Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) geht, soll
       der Einsatz von Glyphosat in Deutschland kurzfristig stark eingeschränkt
       und bis zum Jahr 2023 komplett beendet werden. „Wir werden alle
       Möglichkeiten ergreifen, die uns das Recht bietet“, sagte Schulze am
       Dienstag bei der Vorstellung ihres Ausstiegsplans für das umstrittene
       Pflanzengift.
       
       Glyphosat wird von der Krebsforschungsagentur der
       Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.
       Ein Komplettverbot auf EU-Ebene war im vergangenen Jahr gescheitert, weil
       der damalige Agrarminister Christian Schmidt (CSU) in Brüssel dagegen
       stimmte – gegen den Willen des Umweltministeriums und damit im Widerspruch
       zur Geschäftsordnung der Regierung. Dadurch sei „der Weg zu einem einfachen
       Ausstieg verbaut“, sagte Schulze Denn komplett verbieten könne Deutschland
       einen EU-weit zugelassenen Wirkstoff nicht. Allerdings kann die Zulassung
       einzelner glyphosathaltiger Produkte auf nationaler Ebene an Bedingungen
       geknüpft werden. Und davon will Schulze nun Gebrauch machen.
       
       Ihr Konzept sieht zum einen vor, dass Landwirte, die das Mittel nutzen, im
       Gegenzug künftig rund 10 Prozent ihrer Ackerflächen als „pestizidfreie
       Schutzflächen“ vorhalten müssen. Zum anderen soll Glyphosat für bestimmte
       Anwendungen und Flächen verboten werden. So soll der Einsatz auf
       „ökologisch sensiblen Gebieten“ und im Abstand von 20 Metern zu Gewässern
       untersagt werden.
       
       ## Glyphosat-Kritiker loben das Konzept
       
       Daneben soll der Wirkstoff nicht mehr in der sogenannten Vorsaat- und
       Stoppelbehandlung sowie direkt vor der Ernte eingesetzt werden dürfen. Weil
       das die mit Abstand wichtigsten Einsatzgebiete von Glyphosat sind, käme
       dies einem Verbot recht nahe. Komplett von deutschen Äckern verschwinden
       soll das Gift im Jahr 2023 – nach Ablauf der aktuellen EU-Genehmigung und
       einer Übergangsfrist.
       
       Glyphosat-Kritiker wie Greenpeace, Nabu oder Campact lobten das Konzept als
       Schritt in die richtige Richtung – und forderten zugleich
       CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf, die Vorschläge zu
       unterstützen.
       
       Denn in ihrem Haus wird letztlich die Entscheidung gefällt. Zwar muss das
       Umweltbundesamt, das zum Verantwortungsbereich des Umweltministeriums
       gehört, einer Zulassung glyphosathaltiger Mittel in Deutschland zustimmen –
       und hat diese am Dienstag erstmals an die von Schulze genannten Bedingungen
       geknüpft. Dennoch sitzt das Landwirtschaftsministerium am längeren Hebel.
       Denn solange es keine Einigung über die Bedingungen für eine neue Zulassung
       gibt, gilt die bestehende weiter.
       
       Klöckner hatte bereits im April ein eigenes Konzept zur
       Glyphosatreduzierung vorgestellt. Dies sah für Landwirte weitaus weniger
       Einschränkungen vor. Ein Verbot ist dort lediglich für Haus- und
       Kleingärten, Parks und Sportanlagen sowie in der Nähe von Gewässern
       vorgesehen. Auf den Vorstoß des Umweltministeriums reagierte Klöckner
       zurückhaltend. Zwar unterstütze sie die „Minderung des
       Glyphosateinsatzes“, erklärte sie. Allerdings müsse dies „rechtssicher
       geschehen“ und dürfe „geregelte Zuständigkeiten“ nicht in Frage stellen.
       
       Glyphosat wird derzeit auf 37 Prozent der deutschen Ackerfläche sowie im
       Obst- und Weinbau eingesetzt. Entwickelt wurde das umstrittene Mittel vom
       US-Konzern Monsanto, der im Sommer von Bayer übernommen wurde. Das
       Unternehmen reagierte empört auf Schulzes Vorstoß und erklärte, die Debatte
       sei „von politischen Interessen statt von fundierten wissenschaftlichen
       Erkenntnissen geprägt“. Auch de Bauernverband lehnt Schulzes Pläne ab.
       
       7 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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