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       # taz.de -- Kommentar Scholz und der Mindestlohn: Den entscheidenden Moment verpasst
       
       > SPD-Vizekanzler Scholz will einen Mindestlohn von 12 Euro. In den
       > Koalitionsverhandlungen wäre die Forderung sinnvoller gewesen.
       
   IMG Bild: Olaf Scholz (SPD)
       
       Olaf Scholz ist „übrigens“ auch für einen Mindestlohn von 12 Euro. Das
       schreibt der SPD-Finanzminister [1][in einem Gastbeitrag] für die
       [2][Bild]-Zeitung. Die Forderung verbreitete Scholz allerdings auch schon
       nach der Wahlschlappe der Sozialdemokraten im vergangenen November. Die
       Parteivorsitzende Andrea Nahles spricht sich ebenfalls für eine Erhöhung
       aus.
       
       Der Vorschlag ist sinnvoll, denn der derzeitige Mindestlohn [3][ermöglicht
       weder ein Leben unter der Armutsgrenze] noch eine Rente über dem Niveau der
       Mindestsicherung. Doch von Willensäußerungen bis zu dem Punkt, an dem
       Menschen im Niedriglohnsektor mehr Geld in der Tasche haben, ist es ein
       weiter Weg.
       
       Dazwischen steht die aktuelle Gesetzgebung. Die sieht vor, dass die
       Bundesregierung in ihrer Entscheidung der Empfehlung der
       Mindestlohnkommission folgt – und die orientiert ihre Empfehlungen an der
       Tarifentwicklung. Deshalb gibt es in diesem Jahr auch nur eine moderate
       Anpassung von 8,84 Euro pro Stunde auf 9,19 Euro. Für eine kräftige
       Erhöhung des Mindestlohns müsste eine Gesetzesänderung her. Das gilt
       übrigens auch für viele andere wohlklingende Ideen der Sozialdemokraten
       seit der Bundestagswahl.
       
       Es verwundert, dass die Forderung nach dem stark erhöhten Mindestlohn 2017
       weder Eingang in das SPD-Wahlprogramm gefunden hat noch im Rahmen der
       Koalitionsverhandlungen geltend gemacht wurde. Denn das sind die
       entscheidenden Momente, in denen sich die Ernsthaftigkeit eines Vorstoßes
       zeigt.
       
       Die SPD-Führung weiß natürlich auch, dass ihre Mindestlohnforderung gegen
       den derzeitigen Koalitionspartner nicht durchzusetzen ist – die Forderung
       aktuell also nicht erfüllbar ist. Nach den jüngsten Wahlschlappen versuchen
       die angezählten Parteioberen, ihr soziales Profil zu schärfen – und auch
       über die Große Koalition hinaus ihre Zielvorstellungen zu kommunizieren.
       Das ist insofern sinnvoll, als der nächste Bundestagswahlkampf lange vor
       2021 anstehen könnte. Dann aber wird sich die SPD an ihrer
       Mindestlohn-Forderung messen lassen müssen.
       
       31 Oct 2018
       
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   DIR [3] /Mindestlohn-reicht-in-vielen-Staedten-nicht/!5499896
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jörg Wimalasena
       
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