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       # taz.de -- Handel zwischen China und Japan wächst: Japanischer Premier Abe in China
       
       > Erstmals seit 7 Jahren besucht wieder ein japanischer Premier die
       > Volksrepublik. Chinas Handelsstreit mit den USA verbindet die Rivalen.
       
   IMG Bild: Plötzlich herrscht Sonnenschein: Shinzo Abe und Xi Jinping
       
       Peking taz | Autos der Marke Nissan brannten, Sushi-Lokale wurden demoliert
       – Tausende Demonstranten liefen durch Pekings Straßen und brüllten: „Nieder
       mit den Japanern“. Dabei sind [1][Demonstrationen im autoritären China]
       normalerweise gar nicht erlaubt.
       
       Vor sechs Jahren war das. Damals erreichte der [2][Streit zwischen China
       und Japan um ein paar unbewohnte Inseln] im Ostchinesischen Meer einen
       Höhepunkt. Dieser Konflikt ist – wie viele andere – bis heute nicht gelöst.
       Der größte Vorwurf aus Peking: Japan habe die an der chinesischen
       Bevölkerung verübten Gräueltaten während des Zweiten Weltkriegs bis heute
       nicht ausreichend aufgearbeitet. Trotzdem herrscht zwischen beiden
       Streithähnen nun plötzlich eitel Sonnenschein.
       
       Erstmals seit sieben Jahren ist am Donnerstag ein japanischer
       Regierungschef zu Besuch in der Volksrepublik. Der japanische
       Ministerpräsident, Shinzo Abe, in seiner Haltung zu China eigentlich ein
       Hardliner, wird in Peking an den Feierlichkeiten anlässlich des
       40-Jahr-Jubiläums des japanischchinesischen Friedensvertrags teilnehmen.
       
       Nach Gesprächen mit seinem chinesischen Amtskollegen, Li Keqiang, wird Abe
       am Freitag auch Staats- und Parteichef Xi Jinping treffen. Abe und Li
       wollen zahlreiche Handelsvereinbarungen unterzeichnen, darunter die
       Wiederaufnahme von Agrarimporten aus der japanischen Präfektur Fukushima,
       wo es 2011 nach einem Tsunami zu einem Unfall in einem Atomkraftwerk kam.
       Beide Länder möchten zudem bei Zukunftstechnologien wie künstlicher
       Intelligenz (KI) und autonomem Fahren enger zusammenarbeiten. Zudem wird
       Chinas Führung erstmals seit Jahren die Japaner wieder mit einem Panda-Paar
       als Leihgabe beglücken.
       
       ## Trump wirft China „unfaire Handelspolitik“ vor
       
       Japan ist eines der höchstentwickelten Länder der Welt, leidet aber seit
       mehr als 20 Jahren unter einem weitgehend gesättigten Markt mit nur noch
       wenig Wachstum. Das aufstrebende China hingegen will mit der Agenda „Made
       in China 2025“ in den nächsten Jahren zur führenden Hightech-Nation
       aufsteigen und plant Investitionen in der Höhe von mehreren Hundert
       Milliarden Dollar. Die chinesische Führung wirbt um Investitionen in diesem
       Bereich. Beide Länder könnten sich gegenseitig also gut ergänzen. Die auf
       beiden Seiten in den vergangenen Jahren aufgeheizten politischen Konflikte
       hatten eine Zusammenarbeit jedoch erheblich erschwert.
       
       Ausgerechnet Donald Trump scheint die beiden Erzrivalen nun
       zusammenzuschweißen. Der US-Präsident wettert seit Monaten gegen China und
       wirft der Regierung in Peking „unfaire Handelspolitik“ vor. Er hat bereits
       mehr als 40 Prozent des [3][chinesischen Exports in die USA mit
       Strafzöllen] belegt. China sucht nun dringend nach neuen
       Wirtschaftspartnern.
       
       Doch auch Japan erwirtschaftet einen gigantischen Handelsüberschuss mit den
       USA – im vergangenen Jahr waren es fast 70 Milliarden Dollar – und ist in
       Trumps Visier geraten. Bald nach seinem Amtsantritt ließ er die
       Verhandlungen über das Transpazifische Freihandelsabkommen (TPP) stoppen.
       In den Deal sollten sämtliche Anrainerstaaten des asiatisch- pazifischen
       Raumes eingebunden sein, außer China.
       
       ## Ressentiments sitzen tief
       
       Aus Rivalität zum aufstrebenden Nachbarn China war TPP der rechtsnationalen
       Regierung unter Abe ein wichtiges Anliegen. Mit Trumps Aufkündigung der
       TPP-Verhandlungen muss Abe seine Strategie neu ausrichten. Bevor er am
       Mittwoch die Maschine nach Peking betrat, kündigte er an, dass er das
       sino-japanische Verhältnis „auf eine neue Stufe stellen“ wolle.
       
       Der Handel zwischen China und Japan hat bereits massiv zugenommen. Allein
       im vergangenen Jahr wuchs das japanische Exportgeschäft nach China um über
       20 Prozent. Fast jedes vierte in Japan hergestellte Produkt geht inzwischen
       in die Volksrepublik. Für viele Chinesen ist das Inselreich inzwischen das
       beliebteste Touristenziel. Die Animositäten, die beide Ländern bis vor
       Kurzem noch intensiv pflegten, würden nun beiseite geschoben, bestätigt
       auch Politologe Noriyuki Kawamura von der Universität Nagoya.
       
       Doch wie stabil ist das neue sino-japanische Verhältnis wirklich? Kawamura
       ist skeptisch. Die Ressentiments säßen tief. Sobald Trump auf die Japaner
       zugehe, werde sich Tokios Verhältnis zu Peking wieder verschlechtern.
       
       25 Oct 2018
       
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