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       # taz.de -- Bundesarbeitsgericht zu Kirche und Arbeit: Unchristlich benachteiligt
       
       > Das Diakonische Werk darf von einer Bewerberin keine
       > Kirchenmitgliedschaft verlangen. Das stellt das Bundesarbeitsgericht
       > klar.
       
   IMG Bild: Bekommt nun von der Diakonie Geld: Vera Egenberger
       
       Freiburg taz | Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat erstmals geprüft, ob die
       Kirchenmitgliedschaft für einen Arbeitsplatz im kirchlichen Umfeld
       erforderlich ist – und verneinte dies am Donnerstagnachmittag. Wegen seiner
       grundsätzlichen Bedeutung wird dieser Fall möglicherweise noch beim
       Bundesverfassungsgericht landen.
       
       Konkret ging es dabei um eine befristete Stelle beim Diakonischen Werk der
       evangelischen Kirche. Gesucht wurde 2012 ein Referent, der einen Bericht
       über Rassismus in Deutschland schreiben sollte. Verlangt wurde, dass
       Bewerber für diese Anstellung einer christlichen Kirche angehören
       („ACK-Klausel“).
       
       Auf die Stelle bewarb sich die konfessionslose Sozialpädagogin Vera
       Egenberger, die trotz guter Referenzen nicht zum Vorstellungsgespräch
       eingeladen wurde. Egenberger klagte deshalb gegen das Diakonische Werk auf
       Schadensersatz in Höhe von knapp 10.000 Euro. Sie sei nur deshalb nicht
       eingeladen worden, weil sie keiner Kirche angehöre, das verstoße gegen
       EU-Recht.
       
       Das Bundesarbeitsgericht legte den Fall zunächst dem Europäischen
       Gerichtshof (EuGH) vor, [1][der im Juli ein Grundsatzurteil sprach]: Auch
       kirchliche Arbeitgeber müssen sich von Gerichten kontrollieren lassen, ob
       für einen bestimmten Posten die Kirchenmitgliedschaft erforderlich ist.
       
       Dies sorgte bei Kirchen, besonders bei der katholischen Kirche für Unmut.
       In Deutschland war bisher eine gerichtliche Überprüfung nicht vorgesehen,
       es kam nur auf das Selbstverständnis der Kirchen an. Das gab auch die
       kirchenfreundliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor.
       
       Das BAG folgte im Fall Egenberger dem Urteil des EuGH. Es prüfte, ob für
       die Anfertigung eines Antirassismus-Berichts die Kirchenmitgliedschaft
       notwendig war und verneinte dies. Die Richter sprachen Egenberger
       Schadensersatz in Höhe von 3.915 Euro zu – das entspricht zwei
       Monatsgehältern – und bezogen sich auf das Allgemeine
       Gleichbehandlungsgesetz. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
       
       Die Entscheidung betrifft nur diesen Einzelfall. Es dürfte durchaus
       Arbeitsstellen geben, für die eine Kirchenmitgliedschaft gefordert werden
       kann. Der EuGH nannte im April drei Konstellationen: Wenn ein Beitrag zum
       sogenannten Verkündigungsauftrag geleistet wird, wenn „bei der Bestimmung
       des Ethos“ der Einrichtung mitgewirkt wird oder wenn eine „glaubwürdige
       Vertretung der Kirche oder Organisation nach außen“ die Mitgliedschaft
       erfordert.
       
       Das Diakonische Werk kann nun Verfassungsbeschwerde einlegen. Dann müsste
       das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob die EuGH-Rechtsprechung fundamental
       gegen die „Identität“ des Grundgesetzes verstößt.
       
       26 Oct 2018
       
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