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       # taz.de -- Gestoppte Verlegung des Bahnhofs Altona: Sehenden Auges gegen die Wand
       
       > Eisenbahner und Hamburger Behörden wussten schon lange von den
       > Planungsmängeln bei Verlegung des Altonaer Bahnhofs an den Diebsteich.
       
   IMG Bild: Hochhäuser und eine Empfangshalle mit begrüntem Dach: So soll der neue Bahnhof aussehen
       
       Hamburg taz | Der Planungsfehler, der zu einem Stopp des umstrittenen
       Bahnhofsprojekts am Diebsteich geführt hat, war den zuständigen Stellen
       seit Langem bekannt. Das geht aus einer Unterlage der Wirtschaftsbehörde
       aus dem März 2017 hervor, die der taz vorliegt. Demnach wussten sowohl der
       Senat als auch die Bahn bereits frühzeitig, dass in den Plänen zur
       Verlegung des Altonaer Fernbahnhofes zum Diebsteich der zwingend
       vorgeschriebene Ersatz für die Autoverladestation nicht enthalten war.
       
       Akut wurde diese Kalamität durch eine Klage vor dem Hamburger
       Oberverwaltungsgericht: Das entsprach im August 2018 einem Eilantrag des
       Verkehrsclubs Deutschland und der Altonaer Bürgerinitiative Prellbock und
       stoppte das Bauvorhaben vorerst.
       
       Ihre Entscheidung begründen die Richter mit der Fehlplanung bei den
       Autoreisezügen und schreiben von möglichen weiteren Mängeln. Ein
       endgültiges Urteil steht noch aus. Das Gericht hat es jedoch nicht vor 2019
       in Aussicht gestellt.
       
       So heißt es in der Unterlage der Wirtschaftsbehörde über den geplanten
       neuen Altonaer Fernbahnhof am Diebsteich: „Die Planfeststellungsunterlagen
       verhalten sich nicht zu dem Umstand, dass der Bahnhof Hamburg-Altona (neu)
       ohne Anlagen der Autoreisezugverladung geplant ist.“
       
       ## Keine Autoreisezüge mehr
       
       Die Wirtschaftsbehörde war in dem Planfeststellungsverfahren für das
       Projekt als Anhörungsbehörde eingesetzt: Sie sichtete die Bedenken
       betroffener Unternehmen, gab der Bahn die Möglichkeit zur Antwort, ordnete
       alles und sandte es im Rahmen einer umfassenden Stellungnahme an das
       Eisenbahnbundesamt (EBA). Das fungiert als Aufsichtsbehörde der Deutschen
       Bahn und muss die Pläne des Unternehmens genehmigen.
       
       Die Hamburger Beamten empfahlen dem EBA der Unterlage zufolge, zu prüfen,
       ob die Autoreise-Anlagen am Altonaer Bahnhof formal stillgelegt werden
       müssten. Außerdem legen sie die Planung einer neuen Anlage nahe.
       
       Denn ein weiterer Verkehr von Autoreisezügen sei in Altona nach der
       geplanten Verlegung des Fernbahnhofes nicht mehr möglich. Die Beamten
       betonen in dem Papier, „die Umsetzung des Vorhabens geht mit der Kappung
       der Gleisverbindung zur bestehenden Autoreisezugverladeeinrichtung einher“.
       
       ## Alternative notwendig
       
       Die Bahn hat sich zwar 2016 aus dem Geschäft mit den Autoreisezügen
       zurückgezogen, doch die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) nutzt die Station
       in Altona seitdem. Deshalb kann die Bahn die Verladeanlage nicht einfach
       stilllegen. Das ist aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht erlaubt. Die
       Bahn muss vielmehr bei einer Stilllegung eine Alternative schaffen.
       
       Dem Papier zufolge stellte der Konzern dies zwar in Aussicht, ohne aber
       einen konkreten Vorschlag zu machen. Das EBA segnete das Projekt
       schließlich ohne weitere Planung ab: Im Planfeststellungsbeschluss der
       Behörde aus dem Winter 2017 wird der Bahn lediglich auferlegt, Ersatz für
       die Autoverladestation zu schaffen und die Pläne dem EBA vorzulegen. Und
       die fehlen bis heute.
       
       Weshalb die Pläne für die neue Verladestation nicht längst gemacht wurden,
       ist unklar: Auf Anfragen wollten sich weder die Wirtschaftsbehörde noch das
       EBA zu dem Vorgang äußern. Egbert Meyer-Lovis, Bahn-Sprecher für den
       Regionalbereich Nord, teilte auf Nachfrage lediglich mit: „Die DB AG
       bespricht das weitere Verfahren mit den Partnern.“
       
       ## Mindestens zwei Jahre Verspätung
       
       In das Projekt ist neben der Bahn, der Stadt und dem EBA auch die Hamburger
       Sparkasse involviert. Die Bank hat mit einem Immobilieninvestor ein Joint
       Venture gegründet, das zwei Gewerbe-Hochhäuser am Diebsteich bauen will.
       Diese sollen das geplante neue Bahnhofsgebäude – eine große halle mit Park
       auf dem Dach – ergänzen. Durch den Planungsmangel verzögert sich der Bau
       voraussichtlich.
       
       Die versäumte Planung hat auch Konsequenzen für das Neubaugebiet „Mitte
       Altona“ auf nicht mehr benötigten Gleisanlagen des Altonaer Bahnhofs: Das
       neue Viertel soll eine Schule, ein Einkaufszentrum und 3.500 Wohnungen
       umfassen. Im ersten Bauabschnitt steht bereits ein Großteil der Gebäude.
       
       Es soll aber auch auf Land entstehen, über das bislang noch Fernzüge
       fahren. Wie lange genau die neuen Anwohner zukünftig mit Bahnlärm leben
       müssen, ist noch offen. Einer offiziellen Pressemitteilung der Bahn zufolge
       rechnet das Unternehmen mit mindestens zwei Jahren Verspätung für das
       Projekt.
       
       5 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Grundke
       
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