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       # taz.de -- Der Radio Bremen-Tatort macht auf Trash: Blutleer, blass und ohne Biss
       
       > Der vorletzte Krimi mit den Bremer Kommissar*innen Lürsen und Stedefreund
       > ist eine verwässerte Nacherzählung – und im besten Falle wunderlich.
       
   IMG Bild: Sabine Postel und Oliver Mommsen dürfen bald in den Fernseh-Ruhestand und müssen nicht mehr nachts raus
       
       BREMEN taz | Etwas wunderlich sind die Bremer Tatort-Kommissar*innen Lürsen
       und Stedefreund auf ihre alten Tage offenbar geworden. Das jedenfalls wäre
       die gnädigste Deutung von „Blut“, der vorletzten Folge des ewigen
       Ermittlerduos von der Weser. Um Vampire geht’s, echte vielleicht,
       wahrscheinlich aber nicht – Philip Kochs Tatort lässt am Ende gemäß
       Genrekonvention zumindest ein paar letzte Zweifel. Aber was für ein Genre
       eigentlich? Gruselfilm? Irgendwie schon. Es gibt so ein paar Schock- oder
       doch wenigstens Schreckmomente. Ein bisschen Psychothriller: Eltern sperren
       ihr armes Kind über Jahre weg, treiben es in Wahnsinn und so weiter. Und
       dann eben Tatort: schon selbst ja irgendwie ein Genre.
       
       Natürlich geht die Mixtur keine zwanzig Minuten gut: Inga Lürsen (Sabine
       Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) machen auf X-Files und geben
       Mulder und Scully in extremo. Lürsen glaubt dermaßen stumpf an gar nichts,
       dass ihr noch der allerklarste Hinweis entgeht – Stedefreund steigert sich
       hingegen so hart rein, dass er zwischendurch selbst Vampir zu werden glaubt
       und später dann mit einem Holzpflock auf die Hauptverdächtige losgeht. Die
       Fronten zwischen alles und nichts sind klar, da passt keine interessante
       Entwicklung mehr dazwischen.
       
       Viel besser hätten das auch Schauspieler*innen mit Lust nicht hinbekommen.
       Die Metafrage, was das alles schon wieder soll, verstellt übergroß den
       Blick auf durchaus gelungene Details. Vier Schocker machen keinen
       Gruselfilm, mit gähnenden Plotholes und fahrigen Traumszenen lässt sich
       wiederum kein Krimi machen – und das psychologische Drama dahinter, das
       Koch wohl von wegen Anspruch eigentlich erzählen wollten, das findet
       überhaupt keinen Platz mehr.
       
       ## Es tut beim Zugucken weh
       
       Frech ist es außerdem, dass gerade dieser Kern, das Psychodrama, nur eine
       verwässerte Nacherzählung von Tomas Alfredsons schwedischem
       Vampirmeisterwerk „So finster die Nacht“ („Låt den rätte komma in“) ist.
       Klar, man muss das Rad nicht neu erfinden, aber es tut beim Zugucken schon
       weh, wenn am Sonntagabend ständig wieder durchaus interessante, witzige und
       kluge Stoffe in dramaturgischen Gewaltakten in die Tatort-Formel-Wurst
       gepresst werden: ein Mörder hier, sein Opfer da, ganz viel Gesellschaft,
       tralala.
       
       Der Tatort selbst ist der Vampir, der das Leben aus allem lutscht, was er
       in die Klauen bekommt. Und doch machen sie es immer wieder: Außerirdische
       hatten wir schon, mörderische künstliche Intelligenzen, jetzt diese
       Blutsauger. Es wäre so schön, wenn sie einfach damit aufhörten und den
       Trash denen überließen, die sich nicht eigentlich viel zu fein dafür sind.
       
       29 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan-Paul Koopmann
       
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