# taz.de -- Neues Völkerkundemuseum: Lübeck will Skandal beenden
> Das Völkerkundemuseum in Lübeck steht vor dem Neustart. Bisher Dämmern
> dessen Schätze in einem Depot. Die riesige Maskensammlung ist legendär.
IMG Bild: Figur aus Leipzig. Auch in Lübecker Depots sollen außergewöhnliche Masken schlummern
Bremen taz | Wenn eine Stadt einen Schatz von Weltrang besitzt, ist das
schön. Wenn sie aber seine Erforschung, seine Pflege und seine
Präsentation, wie sie nur ein Museum leisten kann, vernachlässigt – obwohl
doch [1][Eigentum verpflichtet,] dann ist das ein Skandal: In Lübeck
[2][schickt sich am Montag der Kulturausschuss der Bürgerschaft an], den
Skandal ums örtliche Völkerkundemuseum zu beenden.
Völkerkundemuseum? Lübeck? Zugegeben, es ist schon eine Weile her, aber es
gab einst ein Völkerkundemuseum an der Trave, ein berühmtes sogar, von der
Eröffnung 1893 bis ins Jahr 2002. Damals fällte die Bürgerschaftsmehrheit
den verhängnisvollen Beschluss, den Museumsbetrieb einzustellen.
Zwar ist dann noch ein paar Jahre ein aus der Not gegründeter Verein
eingesprungen, um die Exponate der seit dem 17. Jahrhundert von Kauf- und
Seeleuten der Stadt zusammengetragenen, europaweit wahrscheinlich ältesten
Bürgersammlung zugänglich zu machen, aber 2007 ist auch dem die Puste
ausgegangen. Seither dämmern die Schätze im Depot.
Einige, zumal die riesige Maskensammlung, sind legendär. Als hoch bedeutsam
gelten die Zeugnisse aus dem Baltikum. Sammlungshistoriker finden die
ägyptologischen Bestände faszinierend, die ein frühes bürgerliches
Interesse am Pharaonenreich dokumentieren. Kaum bearbeitet und dringend der
Klärung bedürftig sind Fragen der Provenienz zumal der Artefakte aus
Kulturen der First Americans aber [3][auch aus Togo und anderen
afrikanischen Ländern].
## FDP will Kosten wegklicken
Rund 26.000 Objekte der Einrichtung, die es nicht gibt, konnten dank der
Gelder einer Stiftung [4][so digital erfasst werden], dass interessierte
Forschung sie auffinden kann. Reicht doch, findet die Lübecker FDP:
Statt der von Grünen, Freien Wählern und GAL beantragten Wiedereröffnung im
Traditionsstandort Altes Zeughaus regen die Liberalen an, dass das Ganze
bloß „als virtuelles, interaktives Museum im Internet auf der Homepage der
Lübecker Museen zur Verfügung gestellt wird“. Damit würden zentrale
Funktionen, die ein Museum [5][laut Unesco hat], nämlich das Sammeln,
Bewahren und Erforschen von Objekten seines Gebiets, als Kostenfaktoren
einfach weggeklickt.
Auch der CDU ist das Museum wohl zu kostspielig. Die SPD aber ist strikt
pro Neueröffnung, will sich nur beim Standort noch nicht festlegen.
Konzeptionell aber geht ihr Antrag am weitesten: Sie will die Sammlung so
ins Stadtleben einbringen, dass sie „Anstoß zu einem neuen Dialog der
Kulturen und Religionen“ gibt.
10 Nov 2018
## LINKS
DIR [1] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_14.html
DIR [2] http://www.luebeck.de/stadt_politik/buergerinfo/bi/to010.asp?SILFDNR=1002660
DIR [3] https://www.about-africa.de/voelkerkundesammlung-luebeck
DIR [4] http://vks.die-luebecker-museen.de/
DIR [5] https://en.unesco.org/themes/museums
## AUTOREN
DIR Benno Schirrmeister
## TAGS
DIR Museum für Völkerkunde
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