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       # taz.de -- Vor dem Spitzenspiel BVB – Bayern: Rekordmeister übt sich in Demut
       
       > Vor der Partie gegen den BVB erneuert der FC Bayern seine Treueschwüre
       > für Niko Kovac. Kein Wunder: Ein anderer Trainer ist nicht in Sicht.
       
   IMG Bild: Konzentriert sich aufs Sportliche: Niko Kovac
       
       München taz | Vassilios-Konstantinos Lampropoulos. Um ein Haar hätte man
       sich den Namen merken müssen: „der Totengräber des FC Bayern“. Seit vier
       Jahren kickt der 28-Jährige bei AEK Athen, 93 Spiele, vier Tore. [1][Am
       Mittwochabend kurz nach neun] wäre fast das fünfte dazugekommen. Da sprang
       der Innenverteidiger nach einer Ecke höher als Mats Hummels, setzte einen
       ziemlich gut platzierten Kopfball, den Manuel Neuer mal wieder nie erreicht
       hätte. Da er aber nur ziemlich gut platziert war, flog der Ball doch noch
       am Tor vorbei. Gar nicht auszudenken, was ein frühes 0:1 mit diesem FC
       Bayern im November 2018 angerichtet hätte.
       
       Es sind sehr spezielle Zeiten bei Deutschlands erfolgreichstem Fußballklub.
       Nicht nur wegen des Spiels am Samstag beim Lieblingsfeind. Man fahre „nicht
       als Favorit nach Dortmund, sondern als Außenseiter, zum ersten Mal seit
       langer Zeit“, sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß nach dem Gurkensieg gegen
       Athen, „die Dortmunder haben jetzt sechs Jahre diese Distanz zu uns gehabt,
       da dürfen sie jetzt auch mal vorn sein. Wir sind nicht so arrogant, wie ihr
       alle glaubt. Die Meisterschaft würden wir gern alle haben. Aber wenn es mal
       nicht so ist, wird der FC Bayern auch nicht untergehen.“ [2][Das wird doch
       nicht etwa Demut sein?]
       
       Wohl eher Kalkül: die Favoritenrolle endlich mal von sich wegschieben und
       den Turbo-Borussen vor die Füße kippen. Würde ein Spektakelpreis vergeben,
       [3][stünde der Sieger sowieso längst fest]. Doch so behäbig, verunsichert
       und zögerlich die Bayern zuletzt auch übers Feld schlichen, dass sie sich
       ausgerechnet in Dortmund zu einer Heldenleistung aufraffen, ist nicht
       ausgeschlossen.
       
       Und selbst wenn sie mit einer Packung nach Hause fahren müssten: en Job
       wird das den Trainer nicht kosten, hat Hoeneß doch gerade seinen
       Bis-aufs-Blut-Schwur auf Niko Kovac erneuert: „Daran hat sich nichts
       geändert. Meine Aussagen gelten nicht immer nur für zwei, drei Wochen. Wir
       haben eine Mannschaft, die im Umbruch ist. Wir haben einen jungen Trainer,
       der sich hier reinarbeiten muss. Da muss man ein bisschen Geduld haben.“
       Gut wäre, wenn man dazu noch einen Plan hätte.
       
       ## Brazzo, das Bürschchen
       
       Wie der Zukunftsplan der Bayern aussieht? Auch dazu hat Hoeneß gesprochen,
       bei einer Veranstaltung der Sächsischen Wirtschaft im VIP-Raum des Dresdner
       Stadions. „Ich mache diesen Job noch zwei, drei Jahre und will meinem
       Nachfolger eine volle Kasse übergeben. Dann können sie mit dem Geld machen,
       was sie wollen.“ Geld, okay. Aber ein Plan, eine Idee, gar eine Vision?
       Fehlanzeige.
       
       Stattdessen: Ratlosigkeit, das große Nichts. In zwei Monaten wird er 67,
       feiert 40-jähriges Dienstjubiläum als starker Mann des FCB, doch einen
       Nachfolger aufzubauen, das hat er in all den Jahren nicht hinbekommen. Mit
       Christian Nerlinger hat er es vor zehn Jahren mal versucht – ging nicht
       lange gut.
       
       Mit Philipp Lahm und Max Eberl gab es Gespräche, aber offenbar zu wenig
       Schnittmenge. Dafür kam Hasan Salihamidzic, Spitzname Brazzo, das
       Bürschchen, was es ziemlich gut trifft. So einem kann man vor laufenden
       Kameras auch einfach mal über den Mund fahren.
       
       ## Die Souveränität wackelt
       
       Die Versäumnisse der Bayern-Führung sind beträchtlich. Von einem Umbruch im
       Kader kann nicht die Rede sein, wenn der Altersschnitt mit über 27 Jahren
       der höchste der Liga ist. Hinzu kommt, dass man das Duo Hoeneß/Rummenigge
       nach jener Pressebeschimpfungskonferenz nicht mehr ernst nehmen kann. Hohn
       und Spott wurden schon immer gern über den Branchenprimus gekippt, aber
       mittlerweile hat das eine neue Dimension erreicht. Und da haben wir über
       Lieschen-Müller-Gate, Maulwürfe in der Kabine, [4][Super League] und die
       Hybrisnummer vom ernsthaft erwogenen Bundesliga-Ausstieg noch gar nicht
       geredet.
       
       Interessant ist, wie ruhig Coach Kovac, früher auf dem Platz ein recht
       temperamentvoller Kicker, dieses Chaos wegmoderiert. Ganz unschuldig ist er
       an der spielerischen Malaise nicht: Nach dem tadellosen Saisonstart
       verrotierte er sich an Spieltag fünf beim 1:1 daheim gegen Augsburg
       dermaßen (Goretzka als Außenverteidiger!), dass von da an der Wurm drin
       war. Die Souveränität wackelt, vom Team kamen auch schon mal nettere Sätze,
       und allmählich wird deutlich, dass er in Frankfurt halt doch meistens gegen
       statt mit dem Ball arbeiten ließ.
       
       Immerhin soll Jupp Heynckes’ Frau längst das Telefonkabel gekappt haben,
       und sonst ist niemand in Sicht, der das Himmelfahrtskommando FC Bayern akut
       übernehmen könnte. Dabei muss man dort mittlerweile nicht mal mehr Meister
       werden! Wie gesagt: Sehr spezielle Zeiten.
       
       9 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.kicker.de/news/fussball/chleague/spielrunde/champions-league/2018-19/4/4546674/spielanalyse_bayern-muenchen-14_aek-athen-1000.html
   DIR [2] /Kolumne-Pressschlag/!5539631
   DIR [3] /BVB-in-der-Champions-League/!5543215
   DIR [4] /Kolumne-Press-Schlag/!5545078
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Becker
       
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