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       # taz.de -- Die Wahrheit: Sloterdijk und Lothar Deich
       
       > Den einen großen Philosophen kennt die Welt, den anderen bisher nur ein
       > enger Kreis Eingeweihter. Das wird sich ab heute ändern.
       
       Zuerst begegnete er mir im Studium, und das, liebe Kinder, könnt ihr mir
       glauben, ist schon eine ganze Weile her. Ein recht nerviger Kommilitone
       schwadronierte vor sich hin, erwähnte dauernd einen ihm sehr wichtigen
       Philosophen und sah schließlich beifallheischend in die Runde. Ein eher
       cooler Kommilitone fragte daraufhin achselzuckend : „Wer ist denn
       eigentlich dieser Lothar Deich?“
       
       Niemand anders als Sloterdijks Peter natürlich, es war ein albernes
       Missverständnis. Aber seitdem wünsche ich mir, dass Lothar Deich eine
       ähnliche Rolle in den öffentlichen Debatten spielte wie sein
       philosophischer Zwilling, nur mit besseren Inhalten. Sloterdijk 2.0
       sozusagen.
       
       Peter S. verteidigt gerade wieder sein lustiges Wort „Lügen-Äther“ für die
       Presse als zutiefst demokratische Medienkritik. „Eigentlich ist die Presse
       aus der Professionalisierung der Propaganda entstanden“, hetzt Sloterdijk.
       Woraus der Philosoph entstanden ist, weiß man nicht so recht. Aus der
       Professionalisierung des Stammtischgeredes? Lothar Deich hätte die Presse
       in Schutz genommen: „Eigentlich ist die Presse voll in Ordnung, ihr
       Käseköpfe. Jedenfalls besser als alles andere, was neuerdings so als
       Informationsmedium durchgeht.“
       
       Damit auch der letzte Depp mitkriegt, was Peter Sloterdijk so umtreibt,
       veröffentlicht er inzwischen auch noch seine Tagebücher „Zeilen und Tage“.
       Schon ist der zweite Band da. Wie heißt er wohl? Richtig: „Neue Zeilen und
       Tage.“ Wäre „Neue Zeilen und neue Tage“ nicht noch einen Hauch
       philosophischer gewesen, aktueller, more educated, außerdem quasi sozusagen
       auch neuer?
       
       Doch wie wird Band drei heißen? „Noch neuere Zeilen, aber eher alte Tage?“
       Egal. Die Veröffentlichung von Band zwei war laut Klappentext
       unausweichlich: „Nach längerer (Bedenk-)Zeit hat sich Peter Sloterdijk dem
       Unabwendbaren gebeugt … kann sich Forderungen nach einer Fortsetzung nicht
       entziehen …“ Lothar Deich hätte ihm raten können. Nach längerer
       (Schlaf-)Zeit begegnet er allen Forderungen mit einen gepflegten „Nö“.
       
       Sloterdijk trifft sich laut Tagebuch schon mal mit einem „der Söhne von
       Scheich Sayyed … ein Reeder … ein Groß-Reeder“. In dieser Gesellschaft
       fühlt sich der Spitzendenker wohl, während Lothar Deich sich höchstens mal
       mit Barkassenkapitänen unterhält. Bahnbrechendes erfahren wir bei
       Sloterdijk außerdem über den Weg zum Flughafen Nizza, der
       erschütternderweise viel länger dauert, als der Busfahrer behauptet hat,
       was gewiss den „Regeln für den Menschenpark“ massiv widerspricht. Wir lesen
       auch, dass unser Philosoph auf Seite 885 irgendeiner seiner älteren
       Schinken mal eine Anspielung untergebracht hat, die bisher noch niemand
       entschlüsselte. Alles muss er selbst machen! Schämt euch, unwürdige Leser!
       
       Bester Eintrag bei Sloterdijk: „31. Dezember. Lanzarote. Zu dick für die
       Liebe.“
       
       Lothar Deich dagegen: „31. Dezember. Borkum. Das finde ich auch. Also er,
       nicht ich.“
       
       14 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Fischer
       
       ## TAGS
       
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