URI: 
       # taz.de -- Zweifel am Suizid in der JVA Kleve: Tödlicher Knast
       
       > SPD und Grüne in NRW haben im Fall Amed A. einen Untersuchungsausschuss
       > beschlossen. Die Umstände des Falls seien „realitätsfern“.
       
   IMG Bild: Amed A. verletzte sich bei einem Brand in seiner Zelle so schwer, dass er Ende September starb
       
       Düsseldorf taz | Im Fall des syrischen Bürgerkriegsflüchtlings Amed A.
       erhöht die Opposition im nordrhein-westfälischen Landtag den Druck auf
       Landesjustizminister Peter Biesenbach und Landesinnenminister Herbert Reul
       (beide CDU). [1][Nach den Grünen] wollen jetzt auch die Sozialdemokraten
       noch in diesem Jahr einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss
       einsetzen.
       
       „Im Fall von Amed A. stellen sich immer noch sehr grundlegende Fragen, die
       nicht einmal im Ansatz beantwortet sind“, sagte SPD-Fraktionsvize Sven Wolf
       am Dienstag in Düsseldorf. Die Anzahl der Grünen-Abgeordneten reicht nicht
       für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses aus, die der
       SPD-Abgeordneten schon.
       
       Auch knapp zwei Monate nach dem Tod des 26-Jährigen bleibe rätselhaft,
       warum Polizeibeamte den hellhäutigen Mann aus Syrien mit einem
       Schwarzafrikaner aus Mali verwechseln konnten, erklärte Wolf: „Es stimmten
       weder die Fingerabdrücke, die Schreibweise des Namens, das Geburtsdatum
       noch die Muttersprache noch die Hautfarbe überein.“ Unverständlich sei
       auch, warum „das niemand im Justizvollzug über Monate gemerkt“ habe.
       
       Amed A. war Anfang Juli ins Visier der Polizei geraten. An einem Baggersee
       soll er vier Frauen sexuell belästigt, ihnen auf die Brüste gestarrt haben.
       Ein Grund für eine mehrmonatige Inhaftierung wäre das aber nicht gewesen –
       ins Gefängnis wanderte der Flüchtling aus Aleppo offenbar allein deshalb,
       weil ein von der Staatsanwaltschaft Hamburg wegen Diebstahls gesuchter Mann
       aus Mali einen ähnlich klingenden Tarnnamen benutzt hatte, der in
       Polizeicomputern gespeichert war. Innenminister Reul hat deshalb „schwere
       Fehler“ seiner Polizei eingeräumt.
       
       ## Amed A. fragte angeblich nie nach einem Anwalt
       
       [2][Am 17. September wurde Amad A. dann bei einem Brand in seiner Zelle so
       schwer verletzt], dass er trotz einer Lungentransplantation am 29.
       September starb. Justizminister Biesenbach hatte in der vergangenen Woche
       ein Gutachten präsentiert, nachdem Amed A. das Feuer in seiner Zelle
       „vermutlich mit suizidaler Absicht“ selbst gelegt haben soll.
       Mordversuchs-Vorwürfe gegen Justizbeamte seien abwegig, sagte Biesenbach.
       
       Unklar bleibt damit allerdings, wieso eine Gefängnispsychologin Amed A. am
       3. September als nicht suizidgefährdet einstufte. Bei Haftantritt waren ihm
       in einer ärztlichen Diagnose dagegen massive Persönlichkeitsstörungen
       bescheinigt worden – in Syrien soll Amed A. gezwungen gewesen sein, der
       Massenvergewaltigung seiner inzwischen verstorbenen Verlobten zuzuschauen.
       
       „Lebensfremd“ sei auch, dass der Bürgerkriegsflüchtling nur ein einziges
       Mal auf die fatale Verwechslung hingewiesen haben soll, die ihn in Haft
       brachte, sagt auch der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Stefan
       Engstfeld: „Realitätsfern ist auch, dass er nie nach einem Anwalt verlangt
       haben soll, weder bei der Verhaftung noch während seiner Haftzeit“, sagt
       der Grüne zur Begründung des Untersuchungsausschusses.
       
       Minister Biesenbach, der bereits einräumen musste, dass in NRW 2018 neben
       Amed A. mindestens zwei weitere Männer widerrechtlich in Haft saßen, will
       dagegen mit einer Expertenkommission für besseren Brandschutz und
       Suizidprävention sorgen.
       
       13 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Toter-Syrer-in-der-JVA-Kleve/!5540341
   DIR [2] /Brand-im-JVA-Geldern/!5057538
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Wyputta
       
       ## TAGS
       
   DIR NRW-SPD
   DIR Untersuchungsausschuss
   DIR JVA
   DIR Syrische Flüchtlinge
   DIR Herbert Reul
   DIR JVA Kleve
   DIR JVA Kleve
   DIR JVA
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR JVA
   DIR Polizei NRW
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Fehler der Staatsanwaltschaft Hamburg: „Wir haben den Amed Amed“
       
       Der Syrer Amad Ahmad starb nach einem Brand in der JVA Kleve, wo er
       fälschlicherweise saß. Interne Papiere zeigen nun, wie es dazu kam.
       
   DIR Brand in JVA Kleve: Die Aufklärung des „Suizids“ beginnt
       
       Der Flüchtling Amad A. verbrannte im Gefängnis – die Suizidthese der
       Behörden ist unglaubwürdig. Jetzt kommt ein Untersuchungsausschuss.
       
   DIR „Monitor“-Recherche zu Brand in Kleve: Zweifel am Gutachten
       
       Nach dem Verbrennungstod eines syrischen Häftlings gibt es neue Fragen. Ein
       Experte hält die bisherige Schlussfolgerung zur JVA Kleve für unstimmig.
       
   DIR Syrer starb im Gefängnis: Wurde der Notruf ignoriert?
       
       Der Syrer, der zu Unrecht wochenlang im Gefängnis saß und dann nach einem
       Feuer starb, hat wohl einen Notruf abgesetzt. Ein ausgelöstes Lichtsignal
       wurde deaktiviert.
       
   DIR Toter Syrer in der JVA Kleve: SPD droht mit U-Ausschuss
       
       Neue Details im Fall des Brandopfers Amed A. bereiten der NRW-Regierung
       Probleme. Die Justiz ignorierte offenbar Suizidanzeichen.
       
   DIR Tod eines Syrers bei Brand im Gefängnis: Polizei machte schwere Fehler
       
       Ein zu Unrecht inhaftierter Flüchtling aus Syrien starb bei einem Brand in
       seiner Zelle. Jetzt entschuldigt sich NRW-Innenminister Herbert Reul.