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       # taz.de -- Die neue ZDF-Serie „Parfum“: Voll neo – oder?
       
       > Das ZDF hat seine neue Serie „Parfum“ großspurig beworben. Doch die
       > Erzählung wirkt in den ersten Folgen zäh.
       
   IMG Bild: Ästhetische Maßstäbe, heißt es, setze die neue ZDF-Serie „Parfum“
       
       Werbung fürs eigene Programm ist mittlerweile allgegenwärtig im
       öffentlich-rechtlichen Fernsehen, und man ist ja schon abgestumpft genug,
       dass man sich nicht mehr wundert, wenn ARD und ZDF ihre
       Nachrichtensendungen für Reklame nutzen. Die Schamlosigkeit, mit der das
       „heute-journal“ des ZDF am Montag die heute bei ZDFneo startende Serie
       „Parfum“ anpries, ließ einen aber doch stutzen.
       
       Im Crawler, der vor Beginn der Sendung am unteren Bildrand durchläuft,
       wurde der Serienstart als eines von drei Themen des Tages angekündigt –
       neben [1][Horst Seehofers „Rücktritt in Raten“] und der
       [2][AfD-Spendenaffäre].
       
       In der Anmoderation des Beitrags über die sechsteilige Serie pries Claus
       Kleber schließlich das Filmemacherteam als „eine Gang, die zu Unerhörtem
       fähig ist, weil sie alle Mut haben“, und besang „ein Fernsehprogramm, das
       sich mit Haut und Haaren und Namen der Innovation verschreibt: ZDFneo“. Wie
       konnte es so weit kommen, dass sich einer der bekanntesten TV-Journalisten
       des Landes als Marktschreier hergibt?
       
       Das Bohei macht auch deutlich, wie wichtig dem ZDF die Serie ist. Neben
       „Bad Banks“ werde „Parfum“ „das Ding sein, über das man in diesem Jahr
       reden wird“, sagt Frank Zervos, der den hübschen Titel
       „Hauptredaktionsleiter Fernsehfilm/Serie I“ hat. Auch Redaktionsleiter
       Günther van Endert lässt sich nicht lumpen: „Parfum“ setze
       „handwerklich-ästhetische Maßstäbe“.
       
       ## Ein neuer Erzählkosmos
       
       Obwohl die Serie, die Anfang 2019 ins ZDF-Hauptprogramm kommen wird, fast
       so ähnlich heißt wie Patrick Süskinds Roman und der dazugehörige Film „Das
       Parfum“ – nur den Artikel hat das ZDF weggelassen –, handle es sich
       definitiv nicht um ein „Remake“, sagt Produzentin Sarah Kirkegaard. Man
       habe einen „neuen Erzählkosmos“ geschaffen.
       
       Regisseur Philipp Kadelbach hat eine Mischung aus Krimi- und
       Schauergeschichte inszeniert, die mit dem Mord an einer Sängerin beginnt.
       Die Leiche weist besondere Schnittverletzungen auf, die auch später immer
       wiederauftauchen – unter anderem bei einem verschwundenen Hund. In Verdacht
       geraten die Mitglieder einer ehemaligen Clique, die sich aus einem Internat
       kennt und in der Zeit offenbar den einen oder anderen Schaden fürs Leben
       mitbekommen hat.
       
       Peu à peu kommen in der Serie Details der gemeinsamem dunklen Vergangenheit
       der alten Freunde ans Licht. Ihnen auf die Spur zu kommen versucht die
       Profilerin Nadja Simon (Friederike Becht), die eine Affäre mit dem
       Staatsanwalt (Wotan Wilke Möhring) hat. Unglücklich bis gestört ist hier
       jeder Protagonist, am deutlichsten wird das bei der Figur des früheren
       Cliquenmitglieds Roman Seliger (Ken Duken): Der heutige Arzt verprügelt
       regelmäßig seine Frau.
       
       ## Finanzierung zusammen mit Netflix
       
       Angesiedelt ist die Serie in der Niederrhein-Region, wo die Filmemacher
       eine „wunderbare Leere“ (Drehbuchautorin Eva Kranenburg) gefunden haben.
       Diese spiegele „die Leere im Leben der Figur wider“. Von „atmenden
       langsamen Sequenzen“ spricht Regisseur Kadelbach. Er setzt die Region
       mithilfe vieler Kamerafahrten als unspektakulär-schaurige Region ins Bild.
       Der Star ist die Landschaft, könnte man sagen. Die Erzählung wirkt dagegen
       zäh, zumindest in den ersten drei Folgen, die für Medienvertreter
       zugänglich waren.
       
       Für die Finanzierung von „Parfum“ hat sich das ZDF mit dem Streamingdienst
       Netflix zusammengetan. Der zeigt die Serie im deutschsprachigen Raum Ende
       2019 – und außerhalb davon im Dezember dieses Jahres. Beim „Parfum“ läuft
       es also umgekehrt wie [3][bei beim ARD/Sky-Projekt „Babylon Berlin“]. Mit
       „Parfum“ wird zudem ein neues Etikett im ZDF-Universum eingeführt:
       „zdfneoorignal“.
       
       Dies soll „das Signet für diese Art von Qualitätsserie“ (Frank Zervos)
       werden, auch für skandinavische Produktionen, die in Deutschland zuerst bei
       ZDFneo laufen. Für die weitere Planung kann ein bisschen von dem von Claus
       Kleber beschworenen „Mut“ nicht schaden – jedenfalls in Sachen Sendezeit.
       Denn selbst das Riesenrenommierprojekt „Parfum“ läuft im Randprogramm
       ZDFneo frühestens ab 22 Uhr.
       
       14 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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