URI: 
       # taz.de -- Union und AfD verhindern KPD-Gedenken: Reichstag ohne Karl und Rosa
       
       > Die Linksfraktion wollte im Bundestag an die KPD-Gründung 1918 erinnern.
       > Doch AfD und Union verhinderten dies.
       
   IMG Bild: Der Gründungskongress der KPD lief nicht gut für sie: Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg
       
       BERLIN taz | „Ich habe die Überzeugung, ihr wollt euch euren Radikalismus
       ein bisschen bequem und rasch machen“, sagte Rosa Luxemburg am 30. Dezember
       1918 beim Gründungskongress der KPD. Der Kongress lief nicht gut für Karl
       Liebknecht und sie. Beide plädierten dafür, sich an der Reichstagswahl zu
       beteiligen. Doch die Mehrheit lehnte die Beteiligung an der Wahl ab und
       setzte auf radikale Aktion.
       
       Die Gründung der KPD manifestierte die Spaltung der Arbeiterbewegung, deren
       Keim die Burgfriedenspolitik der SPD 1914 gelegt hatte. Der letzte Akt
       dieses Dramas war die Unfähigkeit von SPD und KPD, sich 1933 gegen die
       Nazis zu verbünden.
       
       [1][Luc Jochimsen, früher mal Chefredakteurin des Hessischen Rundfunks und
       später Abgeordnete der Linkspartei], hat aus den Protokollen des
       KPD-Gründungsparteitags Ende 1918 ein Skript für eine szenische Lesung
       destilliert. Diese Lesung, an der Dietmar Bartsch, Daniela Dahn, Oskar
       Lafontaine, Ingo Schulze und Sahra Wagenknecht teilnehmen, eignet sich
       schon wegen der dokumentarischen Form nicht sonderlich gut für
       retrospektive Aufhübschungen.
       
       Die Linksfraktion wollte die Lesung an einem Dezemberabend im
       Paul-Löbe-Haus veranstalten, wo Abgeordnetenbüros untergebracht sind.
       Nichts Ungewöhnliches, eine Routinesache. Alle Fraktionen müssen solche
       Events abnicken – die Zustimmung zu solchen Festivitäten wurde noch nie
       verweigert.
       
       ## Union und AfD Seite an Seite
       
       Die Bundestagsverwaltung hatte keine Einwände gegen die KPD-Lesung. Die
       [2][AfD-Fraktion] schon. Grund: „Die KPD wurde bereits in der Weimarer
       Republik 1919 verboten. In der Bundesrepublik gab es 1956 ein erneutes
       Parteienverbot.“ Die AfD möchte „keinen Festakt zur 100-jährigen Gründung
       einer totalitären und antidemokratischen Partei unterstützen“. Dass
       Liebknecht und Luxemburg zwei Wochen später rechtem Terror zum Opfer
       fielen, scheint auf die AfD keinen Eindruck zu machen.
       
       Auch die Unionsfraktion blockiert die Lesung. Begründung: „Die Zustimmung
       kann aus Sicht unserer Fraktion nicht erfolgen, da es sich um eine
       Parteiveranstaltung zu handeln scheint.“ Die KPD war in der Weimarer
       Republik von 1920 bis 1933 Parlamentsfraktion. Erinnerungen an
       Parteigründungen, die logischerweise der von Fraktionen vorausgehen, für
       unstatthaft an diesem Ort zu erklären, ist ein Taschenspielertrick.
       Offenbar hat die Union keine Scheu, sich in diesem Fall an der Seite der
       AfD wiederzufinden.
       
       Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, sieht eine
       „unheimliche Allianz aus einer geschichtsvergessenen Union und einer
       antikommunistisch agierenden AfD“ am Werk. Die KPD habe immerhin „die
       Demokratie 1920 gegen den rechten Kapp-Putsch verteidigt, während die
       Vorläufer der AfD und in Teilen auch der CDU die Republik zerstören
       wollten“. Die KPD sei „Teil der Weimarer Republik und Ergebnis der
       Novemberrevolution“ gewesen. „Eine kritische Würdigung“ so Korte, „sollte
       selbstverständlich sein“.
       
       Die Linksfraktion hat die szenische Lesung verlegt. Sie findet am 11.
       Dezember im Kino Babylon in Berlin-Mitte statt.
       
       15 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bundespraesidenten-Kandidatin-Luc-Jochimsen/!5140830
   DIR [2] /Politologe-Butterwegge-ueber-AfD-Jahrestag/!5541242
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
   DIR KPD
   DIR Bundestag
   DIR Karl Marx
   DIR Novemberrevolution 1918
   DIR Novemberrevolution 1918
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR TU Hamburg verbietet Aushang: Kein Platz für Marx und Engels
       
       Die TU untersagt ein Werbeplakat für eine kritische Diskussion über die
       Ausrichtung der Physik. Die Leitung findet, die Veranstaltung sei zu
       politisch.
       
   DIR Gesicht der Novemberrevolution: Hamburgs „roter Diktator“
       
       Als vor 100 Jahren in Hamburg die Revolution ausbrach, setzte sich Heinrich
       Laufenberg an deren Spitze. Sein Stern sank in kurzer Zeit.
       
   DIR Historiker über die Novemberrevolution: Die Rettung der Revolution
       
       Robert Gerwarth und Wolfgang Niess suchen nach dem Positiven in der
       Novemberrevolution 1918. Sie begründete, was wir heute sind.