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       # taz.de -- Brexit-Deal mit London: Bedenken gibt es, aber erst später
       
       > In Brüssel gibt man sich zufrieden mit den Brexit-Verhandlungen. Doch die
       > Entwicklungen in Großbritannien beunruhigen.
       
   IMG Bild: Knapp 600 Seiten Text: Der Brexit-Entwurf zwischen der EU und Großbritannien wird noch für Ärger sorgen
       
       Brüssel taz | Fair, ausgewogen und transparent – so beschreibt
       EU-Chefunterhändler Michel Barnier den Entwurf für den Austrittsvertrag mit
       Großbritannien. „Wir haben eine gerechte und ausbalancierte Lösung
       gefunden“, sagte Barnier am Donnerstag im Europaparlament in Straßburg.
       „Aber wir sind noch nicht am Ende des Weges. Jetzt gilt es, Ruhe zu
       bewahren.“
       
       Barniers Worte sind typisch für die Stimmung in der EU. In die
       Erleichterung über den „Deal“ mit London mischt sich die Sorge, dass der
       Brexit doch noch scheitern könnte. Für Unruhe sorgt nicht nur die
       Rücktrittswelle in London. In Brüssel weiß man auch, dass es noch
       Widerstand in den eigenen Reihen geben könnte. Der 585 Seiten dicke
       Vertragsentwurf enthält viele Schwachpunkte.
       
       Das fängt schon mit der Entstehungsgeschichte an: Der Text wurde nicht so
       transparent ausgehandelt, wie Barnier behauptet – sondern, wie so oft, in
       Brüsseler Hinterzimmern. Auch das Ergebnis der Verhandlungen ist nicht ganz
       so umfassend wie Barnier es darstellt. So wurden heikle Fragen der Agrar-
       und Fischereipolitik ausgeklammert.
       
       „Wir müssen noch ein Fischerei-Abkommen aushandeln, das wird nicht
       einfach“, räumte eine EU-Vertreterin ein. Frankreich oder Spanien, die
       weiter Zugang zu britischen Gewässern wollen, könnten sich dabei
       querstellen. Beim EU-Gipfel am 25. November, wo der Deal abgesegnet werden
       soll, könnte dies noch für Diskussionen sorgen – auch wenn sich
       Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits gegen weitere Verhandlungen
       ausgesprochen hat.
       
       Lösung ist nur aufgeschoben 
       
       Ein weiterer heikler Punkt ist der sogenannte Backstop für Irland und
       Nordirland – also die Auffanglösung für den Fall, dass sich Brüssel und
       London nicht rechtzeitig auf einen Vertrag über ihre künftigen Beziehungen
       einigen. Dieser Backstop war bis zuletzt der kniffligste Streitpunkt. Der
       Entwurf löst das Problem nicht, sondern schiebt eine Lösung auf.
       
       Erst bis Juli 2020 soll geklärt werden, ob Großbritannien seine
       Übergangsphase nach dem Brexit über Ende 2020 hinaus verlängert oder eine
       spezielle Zollunion mit der EU eingeht. Das birgt Sprengstoff. Die
       britischen Brexit-Hardliner sehen darin einen Trick, ihr Land auf Dauer
       „gefangen“ zu halten. Aber auch auf EU-Seite gibt es Bedenken. Man müsse
       sich noch vor dem Brexit-Gipfel auf die maximale Länge der Übergangsphase
       einigen, heißt es in Brüssel.
       
       Insgesamt können die EU-Unterhändler jedoch zufrieden sein. „Die EU hat
       sich zu einem überwältigenden Teil durchgesetzt“, urteilt der
       SPD-Europaabgeordnete Jens Geier. In den ersten Jahren nach dem Brexit
       werde Großbritannien in einer ähnlichen Lage wie Norwegen oder die Schweiz
       sein: „Sie übernehmen den Großteil der EU-Regelungen, haben in Brüssel aber
       nichts mehr zu sagen.“
       
       Ausgewogen ist dies nicht. In Brüssel hält man trotzdem an der Fiktion
       eines „fairen Deals“ fest. Denn ein Scheitern – und einen ungeordneten
       Austritt – möchte niemand riskieren.
       
       15 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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