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       # taz.de -- Abschiebungen aus Deutschland: Neue Härte gegen Ausgewiesene
       
       > Bundesinnenminister Horst Seehofer und einige seiner Länderkollegen
       > wollen rigider abschieben. Bald soll es einen neuen Gesetzentwurf geben.
       
   IMG Bild: Durch „No-Name-Buchungen“ sollen bei kurzfristig geplatzten Abschiebungen andere Ausgewiesene ausgeflogen werden
       
       Berlin taz | Geht es um Abschiebungen, soll es in Deutschland künftig
       härter zugehen. Das Bundesinnenministerium bereitet dafür einen
       Gesetzentwurf vor, [1][der mehrere Verschärfungen vorsieht], um abgelehnte
       Aslysuchende schneller außer Landes zu schaffen. Auch die bevorstehende
       Innenministerkonferenz will über das Thema diskutieren.
       
       Das „Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ wird laut
       Innenministerium in Kürze vorgelegt. Angeknüpft werde an den „Masterplan
       Migration“ und den Koalitionsvertrag, kündigte ein Sprecher an. Beide
       Papiere geben eine klare Richtung vor: „Die Zahlen der freiwilligen
       Rückkehr und der Rückführung müssen deutlich gesteigert werden“, heißt es
       im Masterplan. Auch der Koalitionsvertrag will Hindernisse für „konsequente
       Abschiebungen“ verringern.
       
       Abzuschiebende sollen stärker verpflichtet werden, an der Wiederbeschaffung
       ihrer Papiere mitzuwirken – andernfalls droht die Streichung von
       Leistungen. Wer straffällig wird, soll schneller abgeschoben werden –
       künftig schon bei Sozialleistungsbetrug oder Verstößen gegen das
       Betäubungsmittelgesetz. Ausgebaut werden sollen zudem Abschiebeknäste der
       Länder und solche des Bundes an Flughäfen. Und auf die Herkunftsländer soll
       mehr Druck gemacht werden, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, etwa mit einer
       Einschränkung der Visa-Vergabe.
       
       Was davon genau im Gesetzentwurf steht, dazu äußert sich das Ministerium
       noch nicht. Der taz liegt aber schon ein Vorschlagspapier des Ministeriums
       für die „Beschleunigung“ von Dublin-Verfahren vor – also bei Abschiebungen
       von Flüchtlingen in andere EU-Länder, in denen sie schon zuvor registriert
       wurden. Demnach könnte es für Abzuschiebende künftig ein „Chipsystem“
       geben, das ihre Anwesenheit in ihrer Unterkunft registriert. Mit einer
       „Nachtzeitverfügung“ müssten sie sich abmelden, wenn sie zwischen 0 und 6
       Uhr ihre Unterkunft verlassen wollen. Beides könne „dem Phänomen des
       Untertauchens wirkungsvoll begegnen“, so das Ministerium.
       
       ## „Ganz schräge“ Debatte
       
       Auch könnten die Länder zentrale „Überstellungsbehörden“ schaffen, um dort
       Abschiebungen gebündelt zu organisieren. Das Ministerium verhandelt derzeit
       zudem mit EU-Ländern, um Charter-Abschiebeflüge dorthin zu erleichtern. Mit
       Fluggesellschaften sollen dafür auch „No-Name-Buchungen“ vereinbart werden,
       um im Fall einer kurzfristig geplatzten Abschiebung andere Ausgewiesene
       auszufliegen. Dafür bereitet bereits heute das Bundesamt für Migration und
       Flüchtlinge eine bundesweite „Überstellungsplattform“ vor, in der geplante
       Abschiebungen gelistet werden sollen.
       
       Niedersachsens Ministerpräsident Boris Pistorius (SPD) reagierte
       reserviert. „Wir wissen selber, was wir zu tun haben“, sagte er dem ZDF.
       Auch seien Ideen wie die „No-Name-Buchungen“ „nicht wirklich realitätsnah“.
       Günter Burkhardt von Pro Asyl spricht von einer „ganz schrägen“ Debatte:
       „Hier wird ein System aufgebaut, das rechtsstaatliche Verhältnisse immer
       weiter angreift.“
       
       Die Vorschläge sollen auch auf der Innenministerkonferenz (IMK) diskutiert
       werden, die kommende Woche in Magdeburg tagt. Dort wird es auch um mögliche
       Abschiebungen nach Syrien gehen. Diese sind wegen des dortigen Bürgerkriegs
       seit Jahren ausgesetzt. Das Bundesinnenministerium prüft derzeit aber, ob
       zumindest Straftäter und Gefährder nach Syrien ausgewiesen werden können.
       
       Gleich eine Reihe an Landesinnenministern unterstützt den Vorstoß. Bereits
       vor einem Jahr diskutierte die IMK darüber – und lehnte Abschiebungen nach
       Syrien bis Jahresende 2018 ab. Nun ist die Debatte wieder entbrannt.
       
       Vergangene Woche legte das Auswärtige Amt einen vertraulichen
       Syrien-Lagebericht vor. Von einem „komplexen, volatilen“ Bild, sprach ein
       Sprecher nur. NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) sagte, mit dem
       Bericht würden Abschiebungen nach Syrien „rechtlich in nächster Zeit nicht
       möglich“. Die Debatte sei „populistisch“ und „falsch“. Auch
       Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt nannte diese „völlig absurd angesichts
       der desolaten Lage“ im Land.
       
       19 Nov 2018
       
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