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       # taz.de -- Vegane Lebensweise: Sechs Fragen bis zur Veganer*in
       
       > Es gibt viele Gründe für ein veganes Leben: Unbetäubte Ferkelkastration,
       > Kükenschreddern oder der UN-Klimareport. Ein kleines „How to“ für
       > Unentschlossene.
       
   IMG Bild: Als Veganer muss man nicht immer so ernst sein wie bei dieser Demo. Man kann auch tolle Witze erzählen: Geht ein Veganer zum Schneemann und sagt „Möhre her oder ich föhn dich!“
       
       ## Wie werde ich Veganer*in?
       
       Eigentlich ist es ganz einfach: Konsumieren Sie keine Produkte mehr, bei
       deren Erzeugung Tiere zu Schaden kommen. Das bedeutet vor allem den
       Verzicht auf tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier, Milch und
       Käse. Darüber hinaus steckt der Teufel häufig im Detail, da in vielen
       Lebensmitteln Zusatzstoffe tierischen Ursprungs verwendet werden. Gelatine
       in Gummibärchen, Milchpulver in Süßigkeiten oder mit Fischblasen geklärter
       Wein – oftmals hilft nur ein gründlicher Blick auf das Etikett und eigene
       Recherche im Internet. Die lohnt sich übrigens nicht nur für Lebensmittel,
       denn auch viele andere Konsumprodukte enthalten tierische Inhaltsstoffe,
       Kosmetik, Reinigungsmittel oder Kleidung etwa. Orthodoxe Veganer*innen
       lehnen sogar Pfefferminzlikör ab, weil das Etikett mit Knochenleim
       befestigt ist. Wie konsequent Sie letztendlich sein wollen, bleibt Ihnen
       selbst überlassen, Veganismus ist schließlich keine Religion.
       
       ## Was kann ich dann überhaupt noch essen?
       
       Zugegeben, es braucht ein wenig Kreativität, um Koch- und Essgewohnheiten
       umzustellen, aber dann zeigt sich die vegane Küche erstaunlich vielfältig.
       Schenken Sie der Zucchini oder Möhre mehr Aufmerksamkeit. Viel zu lang
       wurde die Gemüse-Welt zur Beilage degradiert. Zudem lassen sich aus Tofu,
       Seitan und Co auch erstaunlich gut schmeckende vegane Varianten klassischer
       Gerichte zaubern: Gulasch, Chili sin Carne oder Schnitzel. Anstelle von
       Wurst und Käse einfach vegane Aufstriche verwenden. Und falls alle Stricke
       reißen, bleiben immer noch Nudeln mit Tomatensoße. Außer Haus zu essen, ist
       für Veganer*innen einfacher denn je, viele Imbisse haben mittlerweile auch
       eine vegane Alternative im Angebot. Auch Kantinen und Mensen bieten immer
       häufiger veganes Essen an. Falls nicht, bleiben vorausschauendes Kochen und
       die Tupperdose die besten Freunde der Veganer*in.
       
       ## Kann es ein Leben ohne Käse geben?
       
       Doch, doch, die Gewöhnung geht erstaunlich schnell, auch wenn es anfangs
       vielleicht ein wenig Willenskraft braucht, dem Dönerfleischgeruch auf der
       Straße zu widerstehen oder an der Käsetheke vorbeizulaufen. Mit der Zeit
       verschwindet das Bedürfnis nach Fleisch und anderen Tierprodukten von
       selbst. Die hohe Anzahl von realexistierenden Veganer*innen weltweit
       beweist: Ein Leben ohne Käse ist möglich, man muss es nur wollen. Und
       selbst für die, die immer noch nicht überzeugt sind, gibt es eine gute
       Nachricht: Die Käseersatzforschung hat in den letzten Jahren enorme
       Fortschritte gemacht, mittlerweile gibt es sogar Camembert auf Cashewbasis.
       
       ## Krieg ich nicht irgendwelche Mangelerscheinungen?
       
       Tatsächlich sollten Veganer*innen verstärkt auf eine ausgewogene Ernährung
       achten, um eine ausreichende Zufuhr an Nährstoffen sicherzustellen.
       Potenziell kritisch ist vor allem die Versorgung mit Vitamin D, Eisen und
       anderen Mineralstoffen. In jedem Fall muss Vitamin B12 in Form von
       Nahrungsergänzungsmitteln zugeführt werden, da es nicht von Pflanzen
       produziert wird, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung.
       Müdigkeit und Konzentrationsschwäche können Folge einer rein veganen
       Ernährung sein. Um es nicht so weit kommen zu lassen, sind jährliche
       Arztbesuche ratsam, um die Blutwerte überprüfen zu lassen, auch wenn das
       unserem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vielleicht nicht gefällt.
       
       ## Wird mich mein Umfeld nicht auslachen?
       
       Gerade in Berlin ist die Akzeptanz für die tierfreie Ernährungsweise in den
       letzten Jahren enorm gestiegen. Dennoch machen viele Veganer*innen immer
       noch die Erfahrung, sich ständig für ihre Ernährungsgewohnheiten
       rechtfertigen zu müssen. Das nervt. Aber es hilft zumindest, darauf zu
       verzichten, jedes Mal einen Vortrag über die Haltebedingungen von
       Mastschweinen zu halten, wenn sich der Arbeitskollege ein Schnitzel
       bestellt. Wobei der „missionierende Veganer“ sowieso eher ein Klischee als
       Realität ist.
       
       ## Ich bin doch zu arm für vegane Ernährung, oder?
       
       Zugegeben: Ersatzprodukte für tierische Lebensmittel wie veganer Käse oder
       Sojasahne sind meistens teuer. Trotzdem ist man als Veganer nicht dazu
       verdammt, nur noch in Supermarktketten wie Veganz oder Bio-Company
       einzukaufen. Andere vegane Lebensmittel, zum Beispiel Gemüse, sind günstig,
       insbesondere wenn man sie auf dem Wochenmarkt oder im türkischen Supermarkt
       kauft. Außerdem gibt es viele regelmäßige Volksküchen, bei denen man gegen
       eine kleine Spende leckeres veganes Essen bekommt. Wer noch mehr sparen
       will kann in Containern Lebensmittel retten und sich damit gleichzeitig
       gegen Lebensmittelverschwendung engagieren.
       
       Wie eine vegane Lebensweise zum Lifestyletrend wurde und was das für Folgen
       hat, können Sie im Berlin-Teil der taz. am wochenende vom 17./18 November
       2018 nachlesen.
       
       17 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Wahmkow
       
       ## TAGS
       
   DIR Ferkelkastration
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