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       # taz.de -- Ausgleich zum Arbeits-Alltag: SPD träumt von Auszeit
       
       > SPD Generalsekretär Lars Klingbeil schlägt ein bezahltes Sabbatical-Jahr
       > alle zwölf Jahre vor. Das klingt gut, schließt aber viele Menschen aus.
       
   IMG Bild: Unter gebildeten Besserverdienern beliebt: das Sabbatjahr
       
       BERLIN taz | Am Wochenende lädt die SPD zum „Debattencamp“ nach Berlin. Die
       SPD will querdenken, kontrovers diskutieren. Generalsekretär Lars Klingbeil
       hat damit schon einmal angefangen. Am Dienstag hat er vorgeschlagen,
       [1][wie eine sozialdemokratische Antwort auf die Veränderung der
       Arbeitswelt aussehen könnte.]
       
       Klingbeil regt an, dass alle Erwerbstätigen die Möglichkeit haben sollen,
       auch mal eine Pause einzulegen. Das, was als „[2][Sabbatical]“ bereits
       bekannt ist, heißt in Klingbeils SPD-Sprech nun ganz down-to-earth:
       „Grundeinkommensjahr“.
       
       Alle Arbeitnehmer*innen sollen im Tausch gegen ein Jahr Arbeit Anspruch auf
       einen Monat Grundeinkommen in Höhe von 1.000 Euro plus Krankenversicherung
       bekommen. Nach sechs Jahren Arbeit könnte man dann sechs Monate
       Grundeinkommen beziehen, nach 12 Jahren schon ein ganzes Jahr aussetzen.
       Bedingungslos und ohne staatliche Vorgaben, wie diese freie Zeit zu nutzen
       ist.
       
       Zwei kleine Bedingungen gibt es dann aber doch: Die wöchentliche
       Mindestarbeitszeit muss 20 Stunden betragen, um vollständig auf das
       Grundeinkommenskonto angerechnet zu werden. Und man darf erst nach sechs
       Jahren zum ersten Mal aussetzen. Klingbeil erwartet, dass jährlich immerhin
       etwa 2 Prozent der 35 Millionen Anspruchsberechtigten das Grundeinkommen
       nutzen werden. Anhaltspunkte dafür liefern Erfahrungen, die man in Belgien
       mit einem ganz ähnlichen „Zeitkredit“-Modell gemacht hat.
       
       ## Klientelpolitik für Lehrer*innen
       
       Klingt erst mal ziemlich super. Überhaupt ist es erfreulich, dass die
       [3][SPD das gute alte sozialdemokratische Thema Arbeit wieder ins Gespräch
       bringt]. Entscheidend aber ist die Frage, wessen Bedürfnisse Klingbeil mit
       seinem Vorstoß bedient.
       
       Für wen wäre es interessant, alle zwölf Jahre einfach mal auszusteigen?
       Arbeit hat für Menschen sehr unterschiedliche Bedeutungen. Für die einen
       ist sie einfach notwendig, um die Miete zahlen zu können. Für die anderen
       ist sie Mittel der Selbstverwirklichung. Wie Menschen Arbeit und Erholung
       sehen, hat unter anderem etwas mit ihrer Klassenposition zu tun.
       
       Wer bekommt vom eigenen Umfeld am ehesten Bestärkung darin, dass es okay
       ist, sich eine Auszeit zu nehmen und „nichts zu tun“ – oder sogar die
       Auszeit zur Fortbildung zu nutzen, um die Produktivität und Kreativität
       beim Wiedereinstieg in die Berufswelt zu steigern? Und wer braucht die
       Auszeit eher, um sich um Familienmitglieder zu kümmern oder sich von
       schwerer körperlicher Arbeit zu erholen?
       
       Für viele migrantische Communitys zum Beispiel steht die Arbeit in ein,
       zwei oder drei schlecht bezahlten Jobs, auch nach vielen Jahren in
       Deutschland, für eine erfolgreiche „Integration“. Keine Probleme zu machen
       und sich nicht zu beschweren wird zum Zeichen des Anstands. Letzteres gilt
       nicht nur für Migrant*innen. Der Klingbeil-Vorschlag orientiert sich an dem
       unter gebildeten Besserverdiener*innen beliebten „Sabbatjahr“, wie es
       auf Internetseiten wie Sabbatjahr.org oder von Weltreise-Blogs beworben
       wird. Stichworte: Selbstfindung, Spiritualität, Horizonte erweitern. Die
       meisten können sich damit nicht identifizieren. So bekommt der Vorstoß des
       Generalsekretärs den Beigeschmack von Klientelpolitik für Lehrer*innen.
       
       Klingbeil nennt es die Aufgabe der SPD, „das Gute der Arbeit zu stärken und
       Freiheit und Selbstbestimmung der Beschäftigten zu fördern“. Dazu gehört
       aber, das dringende Thema Arbeitszeitverkürzung aus allen
       gesellschaftlichen Perspektiven heraus zu betrachten.
       
       Und mitzudenken, aus welchen Gründen sich Menschen Auszeiten wünschen. Was
       gutes Arbeiten, aber eben auch „gutes Ausspannen“ ist, hängt davon ab,
       welche Lebenskonzepte man kennenlernen durfte. Selbstverwirklichung muss
       man lernen und sich leisten können.
       
       7 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spd.de/aktuelles/detail/news/text/07/11/2018/
   DIR [2] /Sportler-Freimuth-nimmt-sich-Auszeit/!5518350
   DIR [3] /Solidarisches-Grundeinkommen/!5538120
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julia Wasenmüller
       
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       Sabatical.