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       # taz.de -- Bezahlung in Bekleidungsfabriken: Textilhersteller zögern beim Tariflohn
       
       > In Kambodscha wollen Zulieferer deutscher Unternehmen zeigen, dass höhere
       > Löhne möglich sind. Doch nicht alle machen mit.
       
   IMG Bild: Die meisten Textilarbeiter*innen bekommen weiterhin keine existenzsichernden Löhne
       
       Berlin taz | Eine bequeme Veranstaltung war das Textilbündnis noch nie.
       Unter der Aufsicht von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) versuchen
       Textilfirmen und deren Kritiker*innen gemeinsam, die miesen Zustände in den
       Bekleidungsfabriken weltweit zu verbessern. Nun steht dem Bündnis ein
       entscheidender Konflikt ins Haus – die Frage höherer Löhne für die
       Arbeiter*innen vor allem in Asien.
       
       Bei Gesundheit und Ökologie kommt das Bündnis durchaus voran. Der Anteil
       nachhaltiger Baumwolle in hiesigen Geschäften nimmt zu, der Einsatz
       gefährlicher Chemikalien in der Produktion von Jeans und Jacken geht
       zurück. Bei der Bezahlung der Arbeiter*innen passiert dagegen fast nichts,
       obwohl das Bündnis „existenzsichernde Löhne“ als Ziel vereinbart hat.
       
       Der staatlich festgesetzte Mindestlohn betrage in Indonesien beispielsweise
       rund 150 Euro pro Monat, sagte Gewerkschafterin Dina Septi Utami am
       Dienstag in Berlin. Um eine Arbeiterfamilie ausreichend zu finanzieren, sei
       eigentlich jedoch die dreifache Summe nötig. Die Kampagne für Saubere
       Kleidung hatte Vertreter*innen von Beschäftigten der Zulieferfabriken zu
       einem Kongress in die Hauptstadt eingeladen, um über gemeinsame Strategien
       zu diskutieren.
       
       ## Kritiker*innen wollen endlich Bewegung sehen
       
       Vier Jahre nach Start des Bündnis drängen die hiesigen Gewerkschaften und
       Kritiker*innen auf Bewegung in der Lohnfrage. 2019 sollten die
       Firmenmitglieder des Textilbündnisses nachweisen, dass die „Reallöhne durch
       eigene Initiativen deutlich steigen“, forderte Bernd Hintzmann von der
       Organisation Inkota. Außerdem müssten die Textilfirmen der Act-Initiative
       beitreten, so Hintzmann.
       
       Act („Action, Collaboration, Transformation“) haben einige Textilkonzerne
       wie C&A, H&M, Inditex, Primark, Tchibo und Tesco zusammen mit dem
       Internationalen Gewerkschaftsbund Industrieall gegründet. Sie vereinbarten,
       die Textillöhne durch Tarifverhandlungen in den Lieferländern zu erhöhen.
       Erstmals soll das in Kambodscha gelingen. „Wir hoffen auf eine
       Verständigung im Jahr 2019“, sagte Nanda Bergstein von Tchibo. Bisher
       machen allerdings erst 19 Unternehmen mit. Die meisten deutschen Mitglieder
       des Textilbündnisses fehlen, auch Adidas, Kik, Otto oder Puma.
       
       Die indische Gewerkschafterin Anannya Bhattacharjee hielt Act für einen
       sinnvollen Ansatz. Sie gab jedoch zu bedenken, dass
       Beschäftigten-Aktivisten in den Produktionsländern oft nicht frei arbeiten
       könnten. Aus der Sicht der Arbeitnehmer*innen begrenze das den Erfolg von
       Tarifverhandlungen. Außerdem steige die Bezahlung nur sehr langsam über das
       Niveau der viel zu niedrigen staatlich festgesetzten Mindestlöhne.
       
       8 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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