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       # taz.de -- Flüchtlingspolitik in Italien: Mit Elektroschockern gegen Migranten
       
       > Rom zeigt erneut Härte gegen Menschen, die in Italien Asyl suchen. Ein
       > Dekret droht tausende Migrant*innen in die Illegalität zu treiben.
       
   IMG Bild: Ein Geflüchteter im italienischen Claviere, in der Nähe der französischen Grenze
       
       Berlin taz | Lega-Chef Matteo Salvini hat den nächsten Schritt getan, um
       das unmenschliche Vorgehen der italienischen Regierung gegen Geflüchtete
       und Migrant*innen zu legitimieren. Am Mittwoch winkte der Senat das von
       Salvini eingebrachte Einwanderungsdekret mit großer Mehrheit durch. 163
       Senator*innen stimmten für die drastische Verschärfung des
       Migrationsrechts, 59 votierten dagegen. 19 Parlamentarier*innen enthielten
       sich, darunter fünf Vertreter*innen der Fünf-Sterne-Bewegung. Sie hatten
       sich bereits vor der Abstimmung gegen die Pläne ausgesprochen.
       
       Während Salvini sich über einen „historischen Tag“ für die
       Migrationspolitik Italiens freut, sind Hilfsorganisationen entsetzt über
       die drastischen Maßnahmen. Sowohl der Italienische Flüchtlingsrat, als auch
       das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR rechnen damit, dass sich die Lage für
       Geflüchtete und Migrant*innen verschärfen wird.
       
       Der Großteil der Menschen, die nach Italien flohen, erhielten einen
       humanitären Schutzstatus, der es ihnen möglich machte zwei Jahre im Land zu
       bleiben und zu arbeiten. Menschenrechtlern zufolge wurde an rund 25 Prozent
       der Asylsuchenden ein solches Papier ausgegeben. Mit der Verschärfung und
       den ungewissen Folgen für ihren Aufenthaltsstatus dürften viele
       Migrant*innen mit diesem Status in die Illegalität abtauchen.
       
       Die neuen Regelungen sehen vor, dass künftig Asylbewerber*innen zentral in
       Auffangzentren untergebracht werden, wenn sie in Italien ankommen. Bisher
       ist die Verteilung und Unterbringung nach Städten und Regionen geregelt.
       Zudem darf die Polizei schneller Elektroschocker einsetzen, wenn sie sich
       bedroht sieht und besetzte Gebäude räumen. Als „gefährlich“ eingeschätzte
       Asylbewerber sollen in einem Eilverfahren abgeschoben werden können.
       Grundsätzlich will die italienische Regierung deutlich weniger
       Aufenthaltsgenehmigungen aus humanitären Gründen ausgeben.
       
       ## Frauen und Kinder besonders gefährdet
       
       Vermutlich werden besonders diejenigen unter den neuen Gesetzen liefern,
       die eigentlich besonderen Schutz bräuchten. Etwa Frauen und Kinder, die
       Opfer von sexuellen Übergriffen wurden, von Vergewaltigungen oder Folter.
       
       Salvinis Pläne Italien von Geflüchteten „zu befreien“ scheinen der
       Umsetzung also näher zu kommen. Wie Ernst der Lega-Chef es mit seinem
       Ansinnen meint, zeigte er bereits, als er die Vertrauensfrage stellte, um
       die Gesetzesänderung rasch durchzubringen.
       
       Einige Parlamentarier der Fünf-Sterne-Bewegung, die mit Salvinis
       rechtsextremer Lega-Partei in Rom regiert, hatten aus Protest gegen die
       geplanten Verschärfungen dutzende Änderungsanträge eingereicht. Das
       Unterhaus des italienischen Parlaments muss das Dekret noch abnicken. Da
       aber Lega und Fünf-Sterne-Bewegung eine stabile Mehrheit haben, dürfte auch
       die letzte parlamentarische Hürde keine Probleme mehr bereiten.
       
       7 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Tricarico
       
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