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       # taz.de -- Neuer Verfassungsrichter Harbarth: Nachfolger von Kirchhof und Voßkuhle
       
       > Ein Wirtschaftsanwalt und CDU-Politiker soll bald das
       > Bundesverfassungsgericht repräsentieren. Die Wahl wird noch im November
       > erfolgen.
       
   IMG Bild: Stephan Harbarth im Bundestag
       
       Karlsruhe/Berlin taz | Der CDU-Abgeordnete Stephan Harbarth soll neuer
       Verfassungsrichter und in zwei Jahren neuer Präsident des
       Bundesverfassungsgerichts werden. Darauf haben sich nach übereinstimmenden
       Medienberichten die Fraktionsspitzen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen
       geeinigt. Harbarth gilt als konservativ.
       
       Das Bundesverfassungsgericht definiert, wie das Grundgesetz auszulegen ist
       und sorgt dafür, dass diese Vorgaben eingehalten werden. Es ist das
       Verfassungsorgan, dem die Deutschen am meisten vertrauen. Dass nun ein
       ausgewiesener Parteipolitiker Präsident des Bundesverfassungsgerichts
       werden soll, könnte zu Diskussionen führen.
       
       Harbarth stammt aus Heidelberg und ist von Beruf Wirtschaftsanwalt. Seine
       Kanzlei SZA vertritt zum Beispiel [1][VW in der Diesel-Affäre]. Seit 2009
       ist er Bundestagsabgeordneter, hat aber nebenher immer auch als Anwalt
       gearbeitet. Dabei muss er seine Einkünfte zwar nicht exakt offenlegen, sie
       liegen jedoch in Stufe 10 (über 250.000 Euro pro Jahr). Als
       Verfassungsrichter wird er wohl erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen
       müssen.
       
       Künftig wird Harbarth dem Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts
       angehören. Dieser Senat ist auch für Datenschutz zuständig und hat schon
       zahlreiche Sicherheitsgesetze korrigiert, etwa zur Rasterfahndung und zur
       Vorratsdatenspeicherung. Harbarth ist Befürworter der
       Vorratsdatenspeicherung und sagte etwa im April diesen Jahres: „Wir
       brauchen dringend funktionierende und rechtlich umsetzbare Speicherfristen,
       damit wir Kinderschändern das Handwerk legen können.“
       
       Die Wahl von Harbarth wird die stabile linksliberale Mehrheit am Ersten
       Senat nicht verändern. Dem Senat gehören neben drei von der SPD
       vorgeschlagenen Richtern auch die RechtsprofessorInnen Susanne Baer (von
       den Grünen nominiert) und Andreas Paulus (FDP-Vorschlag) an. Harbarth kann
       als Senatsvorsitzender entweder Minderheitsvoten schreiben oder sich wie
       seine Vorgängänger Ferdinand Kirchhof und Hans-Jürgen Papier auf die
       bürgerrechtlich orientierte Grundlinie einlassen.
       
       ## Ein guter Redner
       
       Turnusgemäß dürfte Harbarth 2020 Präsident des Bundesverfassungsgerichts
       werden, wenn der jetzige Präsident Andreas Voßkuhle (von der SPD nominiert)
       nach 12 jähriger Amtszeit ausscheidet. Harbarth, der erst 46 Jahre alt ist,
       kann dann noch zehn Jahre das Gericht in der Öffentlichkeit repräsentieren.
       Harbarth ist trotz seines süddeutschen Akzents ein guter Redner.
       
       Er folgt auf Ferdinand Kirchhof, dessen Amtszeit schon Ende Juni abgelaufen
       war. Doch die Parteien konnten sich nicht auf einen Nachfolger einigen.
       Interne Probleme hatte vor allem die CDU/CSU, die das Vorschlagsrecht für
       diesen Posten innehat. Ursprünglich sollte Günter Krings, Staatssekretär im
       Innenministerium, nominiert werden. Doch nach der Abwahl von Volker Kauder
       als Fraktionsvorsitzender der Union verlor Krings deutlich an Unterstüzung.
       Auch die Grünen sprachen sich gegen einen Wechsel aus der Regierung nach
       Karlsruhe aus.
       
       Die VerfassungsrichterInnen werden im Bundestag oder im Bundesrat mit
       Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt. Harbarths Wahl wird in der Sitzungswoche ab
       19. November im Bundestag erfolgen. Weil CDU/CSU und SPD auch gemeinsam
       nicht mehr über die Zwei-Drittel-Mehrheit verfügen, musste auch die FDP bei
       den Verhandlungen ins Boot geholt werden.
       
       Voraussichtlich am 22. November wird Harbarth zudem im Bundesrat zum
       Senatsvorsitzenden und Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts
       gewählt. Da die Grünen derzeit an neun Landesregierungen beteiligt sind und
       somit in der Länderkammer eine Vetoposition innehaben, mussten auch sie der
       Personalie Harbarth vorab zustimmen. Die Amtszeit Harbarths beginnt dann,
       sobald ihm Bundespräsdient Frank-Walter Steinmeier die Ernennungsurkunde
       überreicht hat.
       
       10 Nov 2018
       
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