# taz.de -- Karliczek über Regenbogenfamilien: Ignoranz der Forschungsministerin
> Anja Karliczek (CDU) begründet ihre Ablehnung des Adoptionsrechts für
> Homo-Paare mit „fehlenden Studien“. Die gibt es schon längst.
IMG Bild: Karliczek beleidigt mit ihrer Forderung alle gleichgeschlechtlichen Paare mit Kindeswunsch
Anja Karliczek (CDU) war im Juni 2017 noch einfache Bundestagsabgeordnete,
als mit der „Ehe für alle“ endlich die vollständige rechtliche
Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren beschlossen wurde. Sie
stimmte damals dagegen. Ihre Begründung: „Im Gegensatz dazu, wie immer
behauptet wird, gibt es keine Langzeitstudien zu den Auswirkungen auf
Kinder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Meiner Einschätzung nach
ist es für die Entwicklung von Kindern wichtig, das emotionale
Spannungsfeld zwischen Vater und Mutter zu erleben.“
[1][In der n-tv-Sendung „Klamroths Konter“] bekräftigte die heutige
Ministerin jetzt ihre Position und forderte erneut eine Langzeitstudie: „Da
sind wir immer sehr schnell unterwegs, ohne über diese Fragen wirklich
langfristige Erkenntnisse zu haben. Das stört mich“, sagte sie in der
Sendung.
Ihre Position war damals wie heute absurd. Auch ohne Studie wäre die
Behauptung, dass die Erziehung durch zwei Männer oder zwei Frauen negative
Auswirkungen auf das Kind habe, schwulen- und lesbenfeindlich. Diese
Unterstellung schwingt zumindest latent mit. Die Forderung ist eine
Beleidigung aller schwulen und lesbischen Paare mit Kindeswunsch, die
sehnlichst auf die Möglichkeit zur Adoption gewartet und dafür lange
gekämpft haben.
Gesellschaftliche Strukturen werden nämlich nicht „mal eben so im
Federstrich“ verändert, wie Karliczek bei n-tv behauptete. [2][Der
Beschluss zur „Ehe für alle“] war das Resultat eines jahrzehntelangen
Emanzipationsprozesses, der von schwulen, lesbischen und bisexuellen
Bewegungen angestoßen wurde.
## Sexuelle Orientierung nicht entscheidend
Doch ihre Forderung nach Langzeitstudien ist auch abgesehen davon fehl am
Platz: Diese Studien gibt es bereits, und zwar sehr viele davon und seit
langer Zeit. Beispielsweise [3][eine vom Justizministerium beauftragte
Studie] kam im Jahr 2009 zu dem Schluss, „dass für das Wohlergehen eines
Kindes nicht die sexuelle Orientierung der Eltern, sondern die
Beziehungsqualität und das Klima in der Familie“ entscheidend sei.
[4][Die Columbia Law School listet sogar 75 Studien auf,] die feststellten,
dass Kinder in Regenbogenfamilien keine Nachteile hätten. Die
Forschungsministerin ignoriert offenbar das Wissenschaftssystem, für das
sie zuständig ist.
21 Nov 2018
## LINKS
DIR [1] https://www.n-tv.de/politik/Karliczek-fuer-Studie-zu-Kindern-in-Homo-Ehen-article20731169.html
DIR [2] /Ehe-fuer-alle-in-Deutschland/!5451467
DIR [3] https://www.lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/Adoption/LSVD_Essentiels-BMJ-Studie.pdf
DIR [4] https://whatweknow.inequality.cornell.edu/topics/lgbt-equality/what-does-the-scholarly-research-say-about-the-wellbeing-of-children-with-gay-or-lesbian-parents/
## AUTOREN
DIR Frederik Schindler
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