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       # taz.de -- Silvio-Meier-Demo in Berlin fällt aus: Nur ein stilles Gedenken
       
       > Am 26. Jahrestag der tödlichen Messerstiche gegen Silvio Meier wird es
       > keine Demo mehr geben. Die Übergabe der Organisation an Jüngere ist
       > gescheitert.
       
   IMG Bild: Sah doch ganz gut aus: die Silvio-Meier-Demo im vergangenen Jahr
       
       BERLIN taz | Die Polizei rechnet noch mit einer Demonstration in Gedenken
       an den getöteten Antifaschisten Silvio Meier. Angemeldet sei ein Aufzug von
       900 TeilnehmerInnen am Samstag zwischen 17 und 23 Uhr, die Strecke werde
       noch bekannt gegeben, heißt es aus der Pressestelle. Auf Nachfrage verrät
       sie indes: Die Anmeldung ist von September 2017, ein aktuelles Gespräch mit
       dem Anmelder gab es nicht.
       
       Wie es aussieht, wird es das auch nicht mehr geben. Kein Aufruf, kein
       Plakat weist auf eine Demo hin. Im linken Szene-Terminplaner „Stressfaktor“
       hat es ein Transparent für Silvio Meier auf den Titel der November-Ausgabe
       geschafft, doch ein Demo-Termin am Samstag: Fehlanzeige. Fast geräuschlos
       endet damit eine Tradition, ja Institution der linken Szene der Stadt. 25
       Jahre lang zog die antifaschistische Demo zuverlässig an einem Samstag Ende
       November durch Friedrichshain, immer wieder auch mit Abstechern in die
       östlichen Nachbarbezirke.
       
       Die Erinnerung an Silvio Meier, den Hausbesetzer, der am 21. November 1992
       nach einer Auseinandersetzung mit Neonazis am U-Bahnhof Samariterstraße
       getötet wurde, war der konkrete Anlass, im Vordergrund stand aber stets die
       Thematisierung neonazistischer Umtriebe. Das war schon bei der ersten Demo
       so: Am Tag nach den tödlichen Messerstichen waren Antifaschisten spontan zu
       einem Jugendclub in Lichtenberg gezogen, in dem die Mörder von Silvio Meier
       verkehrten, und griffen diesen an. Auch in den folgenden Jahren richtete
       sich die Demo immer wieder gegen Läden und Treffpunkte von Nazis.
       
       Ihren Höhepunkt hatte die Demonstration 2012 und 2013 mit über 5.000
       TeilnehmerInnen. Mit den Umbrüchen in der Berliner Antifa-Szene, der
       Auflösung der dominierenden Gruppen ALB und ARAB 2014, verlor sie an
       Anziehungskraft. 2017 beteiligten sich noch 1.300 Menschen unter dem Motto
       „25 Jahre – damals wie heute Antifa heißt Angriff“.
       
       Die Radikale Linke Berlin, eine Nachfolgegruppe der ALB, hatte zuvor
       angekündigt, die Demo ein „letztes Mal“ mitzuorganisieren. Dieses Jahr
       schrieb sie auf Twitter: „Wir wissen nicht, ob Leute eine Demonstration
       organisieren.“
       
       In die Bresche gesprungen ist niemand. Ein Aktivist der
       Interventionistischen Linken, die auch Teil des Berliner Bündnisses gegen
       Rechts ist, sagte der taz, über eine Beteiligung an der Demo-Organisation
       sei nicht diskutiert worden. Das Ende der Demo sei schade, insbesondere
       weil diese ein „Anlaufpunkt für junge Leute war“.
       
       Martin Sonnenburg von der North East Antifa schlägt vor, künftig ein
       wechselndes Gedenken an die 16 Berliner Todesopfer von Nazi-Gewalt seit der
       Wende durchzuführen, um auch Opfer, die keine Linken waren, zu
       berücksichtigen. Zudem sollte man einmal im Jahr in einem Kiez mit
       besonderen Nazi-Problemen demonstrieren.
       
       Die Gedenkkundgebung am Todestag fand am Mittwoch wie gewohnt statt. Um 17
       Uhr versammelten sich rund 100 Menschen am U-Bahnhof Samariterstraße. Sie
       legten am Gedenkstein Blumen ab und entzündeten Kerzen. In einer kurzen
       Rede wurde an Meiers Engagement erinnert und die Verbindung zu heute
       hergestellt: „Antifaschistischer Widerstand ist notwendiger denn je.“ Am
       Rande sagte ein Sprecher der Radikalen Linken Berlin der taz: „Wir hätten
       die Demo-Organisation gern an eine jüngere Generation weitergegeben. Das
       hat leider nicht geklappt.“
       
       Für den Abend war die Verleihung des bezirklichen Silvio-Meier-Preises
       geplant. Für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus, Rassismus und
       Ausgrenzung wurden der Inklusions-Aktivist Raúl Aguayo-Krauthausen und die
       Flüchtlingsinitiative Togo Action Plus geehrt.
       
       22 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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