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       # taz.de -- Ausstellung zu Klaus und Heinrich Mann: „Für verlustig erklärt“
       
       > Die Deutsche Nationalbibliothek zeigt die Ausstellung „Mon Oncle. Klaus
       > und Heinrich Mann“. Sie verfolgt das Werk der beiden Autoren bis ins
       > Exil.
       
   IMG Bild: Die Manns zu Thomas Manns 50. Geburtstag. Klaus und Heinrich Mann sind der 2. bzw. 3. von rechts
       
       Das Deutsche Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt zeigt
       aktuell die Ausstellung „Mon Oncle. Klaus und Heinrich Mann“. In einer
       Vitrine ist dort zunächst eine von insgesamt 14 großen Archivschachteln zu
       sehen, in denen nach 1938 die Karteikarten der ausgebürgerten deutschen
       Schriftsteller und Künstler registriert wurden.
       
       Sie enthalten außer den Personalien nur den Hinweis: „Der deutschen
       Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt durch Bekanntmachung“: für
       Heinrich Mann auf den 25. August 1933 und für seinen Neffen Klaus auf den
       1. November 1934 datiert. Was der lapidare Satz für die Ausgebürgerten
       wirklich bedeutete, erwies erst das spätere Schicksal der beiden.
       
       Heinrich Mann (1871–1950) und Klaus Mann (1906–1949) standen sich politisch
       näher als dem berühmten Bruder und Vater Thomas Mann (1875–1955).
       
       Während Letzterer fast zehn Jahre brauchte, um sich mit der Revolution von
       1918 – dem Übergang von der Monarchie zu Republik und Demokratie –
       abzufinden und sich zum Vernunftrepublikaner zu mausern, bekannte sich
       dessen Bruder Heinrich bereits 1919 zur Linken: „Der Reichtum einiger darf
       nicht länger die Mehrheit zur Armut verurteilen: auch um der Reichen
       willen. […] Niemand, außer seinen wenigen Nutznießern, wünscht die
       Erhaltung des unbeschränkten Kapitalismus.“ Thomas Mann lebte zu dieser
       Zeit noch in der Scheinwelt der deutschnationalen Konservativen, die dem
       Kaiser nachtrauerten.
       
       ## Heßling und Höfgen
       
       1932, also noch vor dem Machtantritt Hitlers, der ihn ins Exil vertreiben
       wird, charakterisierte Heinrich Mann seine Romane als „innere
       Zeitgeschichte, die noch niemand sieht oder wahrhaben will, bis
       Schicksalstage sie furchtbar bestätigen“. Das trifft auf den Roman „Der
       Untertan“ (1914) zu, dessen Protagonist Diederich Heßling, ein Fabrikant,
       der, getragen von einem ebenso bigotten wie politisch konformistischen
       wilhelminischen Bürgertum, zum lokalen Autokraten aufsteigt – wie Adolf
       Hitler nach 1930 schrittweise zum nationalen Diktator.
       
       Mit „Mephisto. Roman einer Karriere“ (1936) zeichnete Klaus Mann den
       Aufstieg eines von der Diktatur gehätschelten Künstlers nach. Wie Heßling
       im Kaiserreich stieg der Schauspieler Hendrik Höfgen alias Gustaf Gründgens
       unter dem Nationalsozialismus dank der Protektion Hermann Görings zum
       Staatsschauspieler auf. Beide Romane – „Der Untertan“ und „Mephisto“ –
       wurden verfilmt.
       
       Die Ausstellung zeigt Ausschnitte von István Szabós „Mephisto“ (1980) mit
       Klaus Maria Brandauer in der Hauptrolle und dem gerade verstorbenen Rolf
       Hoppe als Göring. Auch Wolfgang Staudtes grandiose Verfilmung des
       „Untertan“ (1951) ist zu sehen. Szenen aus der Verfilmung von Heinrich
       Manns Roman „Professor Unrat“ unter dem Titel „Der blaue Engel“ (1930) von
       Josef von Sternberg werden ebenfalls gezeigt.
       
       ## Keine Kritiker-Darlings
       
       Als Schriftsteller stand Klaus Mann im Schatten seines Onkels Heinrich und
       seines Vaters Thomas. Bekannt wurde der Neffe mit Kabarettauftritten und
       Aufführungen eigener Dramen mit ihm selbst, seiner Schwester Erika und
       deren Ehemann Gustaf Gründgens sowie Klaus' Verlobter Pamela Wedekind.
       
       In der zeitgenössischen Kritik kamen die „Dichter-Kinder“ allerdings nicht
       besonders gut weg. Geschuldet war das auch dem offenen Bekenntnis der
       beiden Mann-Kinder und Gründgens‘ zu ihrer Homosexualität, was sie ebenso
       zu antibürgerlichen Außenseitern machte wie ihre Freundschaft mit der
       Schweizer Globetrotterin Annemarie Schwarzenbach (1908–1942).
       
       Bevor Klaus 1938 und Heinrich 1940 in die USA übersiedelten, engagierten
       sich beide in Amsterdam und in Paris für die exilierten Autoren mit der
       Gründung von Zeitschriften – etwa Die Sammlung, zusammen mit Aldous Huxley
       und André Gide.
       
       Hanns Johst, der spätere Präsident der Reichsschrifttumskammer, sah in der
       Zeitschrift „das unflätigste Emigrantenblatt“ und empfahl Heinrich Himmler
       zynisch „das Geiselverfahren“: „Könnte man vielleicht Herrn Thomas Mann,
       München, für seinen Sohn ein wenig inhaftieren?“ Einige Exemplare dieser
       und anderer Exilzeitschriften sind in Vitrinen ausgestellt.
       
       Mit ihrer Lage im Exil in den USA kamen Heinrich und Klaus Mann ganz
       unterschiedlich zurecht. Während Klaus Englisch lernte und schrieb,
       amerikanischer Staatsbürger wurde und 1942 als Presseoffizier der US-Armee
       nach Europa kam, blieben Heinrich Mann die USA ziemlich fremd. Ein Jahr vor
       seinem Tod am 11. März 1950 resümierte er sein Leben: „Ich bin in 50 Jahren
       nicht so übersehen worden.“ Zu seiner Resignation trug auch bei, dass seine
       aus bescheidenen Verhältnissen stammende Frau Nelly im Dezember 1944 Suizid
       begangen hatte.
       
       Enttäuscht von den sich anbahnenden politischen Zuständen im
       Nachkriegsdeutschland tötete sich Klaus Mann – zwei Tage vor der Verkündung
       des Grundgesetzes – am 21. Mai 1949 in Cannes.
       
       24 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Walther
       
       ## TAGS
       
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