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       # taz.de -- Dürre und Brände in Kalifornien: Apps können sie, Wasser nicht
       
       > Der Klimawandel trifft auch die Milliardäre der Tech- und Traumfabrik.
       > Doch statt in Lösungen investiert man lieber in neue Paläste. Nur wo?
       
   IMG Bild: Hunderttausende wurden evakuiert, über 6.000 Häuser sind zerstört
       
       Thomas Gottschalk hatte einen deutschen Traum verwirklicht. In die Staaten
       wechseln, an einen Ort, wo Schöne und Reiche wohnen, in eine riesige Villa
       im Park, der Strand um die Ecke. Vorbei. Malibu ist zu großen Teilen in
       Flammen aufgegangen. Auch seine Nachbarin, Miley Cyrus, [1][hat laut focus
       online ihr Haus verloren]. Die Nachricht ist mit einer Verkaufsplattform
       verlinkt, die ihr neuestes Album feilbietet, immerhin. Kim Kardashian ist
       bisher verschont geblieben und schickt einen öffentlichen Stoßseufzer zum
       Himmel. „Ich bete nur, dass der Wind günstig steht.“
       
       Malibu liegt im High-Tech-Land Kalifornien, das unter einer katastrophalen
       Dürre leidet. Dem Land des Elon Musk, der Autos in den Weltraum schießen
       lässt; das Land Zuckerbergs, der private Verständigung zwischen Milliarden
       Menschen in seine Netzwerke lenkt; das eines Ray Kurzweil, der dem Gehirn
       ein ewiges Leben verschaffen möchte und das Peter Thiels, der durch
       politische Spenden dazu beitragen will, dass Milliardäre keine Steuern
       zahlen und die kränkelnde amerikanische Kohleindustrie überlebt. Das Land
       von Menschen, die Übermenschliches leisten.
       
       Sie können Daten, sie können Milliarden. Wasser können sie nicht. Malibu
       liegt am Strand, nicht an irgend einem, sondern dort, wo „Baywatch“ gedreht
       wurde, die Serie über Körper, Sex und die Rettung von Ertrinkenden mit 243
       Folgen. Auf vertrocknende Wälder aufzupassen, ist weniger sexy. Wo es
       jahrelang nicht regnet, wird jeder Busch zur potentiellen Brandfackel, die
       Flammen springen von Baum zu Baum. Aktuell treibt der Wind in Kalifornien
       drei Feuerwalzen vor sich her. [2][Mehr als 30 Menschen sind in den Flammen
       umgekommen], Hunderttausende wurden evakuiert, über 6.000 Häuser sind
       zerstört. In den Nachrichtenagenturen spielen trotzdem die Superheldinnen
       und oder Geniedarsteller aus Hollywood die Hauptrolle. Es geht ihnen, wie
       es uns allen gehen würde, wie es Menschen schon vor Jahrzehntausenden
       gegangen ist.
       
       Filme handeln von Individuen, sie bieten ihren Protagonisten überraschende
       Lösungen für komplizierte Probleme. In Malibu geht es um die
       Rahmenbedingungen für all diese Aktionen – um die ökologische Nische, in
       der menschliches Leben möglich ist. Die wird, an vielen Orten zugleich,
       durch kollektive Aktivitäten von Milliarden Menschen, zerstört. Es geht um
       Klimagase, die man nicht sehen kann. Und um Konsequenzen, die ebenso
       kollektiv gezogen werden müssten. In Hollywood keine gute Story.
       
       Es werden also neue Paläste gebaut werden, am Geld fehlt es ja nicht, die
       Frage ist nur wo. Der Medientheoretiker Douglas Rushkoff hat vor ein paar
       Monaten in der Süddeutschen Zeitung von einer Begegnung mit
       Hedgefonds-Millardären berichtet. Zu seinem Erstaunen dachten diese
       Machthaber des Finanzsystems nicht über ihren Beitrag zur Vermeidung des
       Klimawandels nach, sondern ausschließlich über ihre persönlichen
       Fluchtmöglichkeiten, wenn die Apokalypse da ist.
       
       Wohin, wenn Hitze, Wassermangel und Brände nicht nur Kalifornien
       unbewohnbar machen, sondern auch die Traumorte im europäischen Süden?
       Einfach Richtung Norden? Vom Starnberger See an die Ostsee, von Pisa in der
       Toskana nach Prora in Vorpommern? An der Cote d’Azur hat es in diesem
       Sommer geregnet, in Brandenburg nicht. Schwierige Fragen. Wo ist es schön?
       Wo ist es sicher? Wo wohnen die anderen? Die Grünen haben auf ihrem
       Parteitag einen „Klimapass“ für Leute gefordert, die durch den steigenden
       Meeresspiegel bedroht sind. Den werden die Bewohner von Malibu nicht
       brauchen, sie gehören zu dem (kleineren) Teil der Menschheit, der über
       Reisefreiheit verfügt. Leid tun sie uns trotzdem.
       
       12 Nov 2018
       
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