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       # taz.de -- Genmanipulierte Neugeborene in China?: „So gesund wie jedes andere Baby“
       
       > Ein chinesischer Forscher wollte mithilfe der Genschere CRISPR/Cas9
       > Kinder resistent gegen HIV machen. Der Deutsche Ethikrat zeigt sich
       > entsetzt.
       
   IMG Bild: Hat er die DNA der Zwillingsmädchen verändert? Der chinesische Wissenschaftler He Jiankui
       
       Peking taz | Sie heißen Lulu und Nana und sind nach Angaben des
       chinesischen Forschers He Jiankui die weltweit ersten Babys, die nach einer
       Genmanipulation zur Welt gekommen sind. Der Wissenschaftler, der diesen
       Eingriff angeblich vorgenommen hat, [1][spricht in einem am Sonntag auf
       YouTube veröffentlichten Video] von „zwei wunderschönen kleinen
       chinesischen Mädchen“. Sie seien vor einigen Wochen „weinend und so gesund
       wie jedes andere Baby zur Welt gekommen“.
       
       Ziel des chinesischen Wissenschaftlers sei es nicht, eine erbliche
       Krankheit zu heilen oder zu verhindern, sondern die Babys resistent gegen
       das Aids-Virus HIV zu machen. Ob es den Eingriff tatsächlich gegeben hat,
       ist bislang nicht bestätigt. Dafür bedarf es einer unabhängigen
       wissenschaftlichen Veröffentlichung. Der chinesische Wissenschaftler hat
       den Eingriff lediglich in einem Register für klinische Tests eintragen
       lassen.
       
       Genmanipulation bei menschlichen Embryos gilt unter den meisten
       Wissenschaftlern als verpönt und ist in fast allen Ländern verboten. Die
       Risiken von Missbildungen gelten als äußerst hoch. Auch ethisch gibt es
       große Bedenken. Befürchtet wird, dass Forscher den „perfekten“ Menschen
       kreieren könnten.
       
       Auch in China ist Genmanipulation bei menschlichen Embryos offiziell
       verboten. Doch anders als etwa in westlichen Ländern gibt es de facto keine
       Kontrolle. Unter Genforschern weltweit hat sich bereits herumgesprochen,
       dass in China vergleichsweise ungezügelt in diesem Bereich geforscht werden
       kann. Einige Tabus haben Wissenschaftler in China auch schon gebrochen.
       [2][2015 etwa wagten es chinesische Wissenschaftler erstmals], in das
       Erbgut frisch befruchteter menschlicher Embryos einzugreifen. Angeblich
       hätten die Wissenschaftler aber absichtlich fehlgebildete Embryos
       verwendet.
       
       Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, zeigte sich
       entsetzt über das jüngste Experiment, das er als „Menschenversuche“
       bezeichnete. „Sollte es sich bewahrheiten, dass ein mithilfe [3][von
       CRISPR] genmanipuliertes Baby erzeugt worden ist, wäre dies für die
       Wissenschaft ein Super-GAU.“ Und auch [4][die Erfinderin des CRISPR/Cas9,
       Jennifer Doudna], verurteilte das Vorgehen des chinesischen
       Wissenschaftlers als unverantwortlich, ebenso wie die Shenzhener
       Universität, an der He forscht und die jedes Wissen über seine Experimente
       zurückwies.
       
       Führende Wissenschaftler in dem Bereich fordern bereits seit einiger Zeit,
       dass sich die Politik so schnell wie möglich auf globaler Ebene des Themas
       annimmt. „Angesichts der in China zu Tage getretenen Ansinnen muss man
       darüber nachdenken, eine Überwachungsbehörde analog zur Internationalen
       Atomenergie-Organisation zu schaffen“, fordert auch Dabrock. Schließlich
       handele es sich dabei um „gravierende Eingriffe in die biologische
       Grundlage des Menschen“. Sie beträfen nicht nur einen Einzelnen, sondern
       potenziell alle seine Nachkommen.
       
       26 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://youtu.be/th0vnOmFltc
   DIR [2] /Gen-Forschen-an-Embryos-genehmigt/!5270836
   DIR [3] /Diskussion-um-Veraenderung-von-Erbgut/!5531010
   DIR [4] /Neue-Methoden-zur-Genmanipulation/!5287387
       
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