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       # taz.de -- Skispringer Severin Freund: Dann flieg mal schön
       
       > Nach fast zwei Jahren Pause nimmt der Skispringer Severin Freund wieder
       > am Weltcup teil. Er muss sich der rasanten Entwicklung anpassen.
       
   IMG Bild: Severin Freund im Jahr 2012. Die taz verpixelt Sponsorenwerbung, in diesem Fall war viel zu tun
       
       [1][Severin Freund] hat in den vergangenen eindreiviertel Jahren viele
       Skispringen im Fernsehen angeschaut. Zwangsweise. Nach zwei Kreuzbandrissen
       im Januar und Juli 2017 war er zum Zuschauen verurteilt. Mit erzwungener
       Geduld und viel Selbstdisziplin hat er sich zu Hause auf die Couch gesetzt
       und das rechte Bein geschont, statt frühzeitig wieder von einer Schanze zu
       springen. „Ich habe mehr als sonst vom Skispringen geträumt“, gibt er zu.
       
       Vor dem Start in die neue Saison ist Severin Freund wieder fit. Zwar hat
       sich der Team-Olympiasieger von 2014 die beiden Auftaktwettbewerbe in Wisla
       noch einmal im Fernsehen angeschaut, aber in Kuusamo triit er am Freitag
       zur Qualifikation an.
       
       Es steckt auch ein wenig Psychologie hinter dieser Entscheidung. „Ich mag
       die Schanze, Kuusamo hat immer gut funktioniert“, sagt der 30-jährige
       Springer. Und wie. Auch im November 2016 gab er in der Stadt im Nordosten
       Finnlands nahe der Grenze zu Russland sein Comeback. Wenige Monate nach
       einer Hüftoperation beendete er den Wettbewerb völlig überraschend als
       Sieger. [2][Es war der letzte seiner 22 Weltcup-Erfolge].
       
       Dass der neuerliche Wiedereinstieg erneut so ausgeht, ist eher
       unwahrscheinlich. Trotzdem sind die Voraussetzungen für eine gute
       Platzierung nicht schlecht. Die Mannschaft um Olympiasieger Andreas
       Wellinger und den Weltcup-Zweiten Richard Freitag ist im Training ein guter
       Gradmesser. „Wenn ich in diesem Team bestehe, weiß ich, dass ich wieder
       konkurrenzfähig bin“, sagt Freund.
       
       Und auch Bundestrainer Werner Schuster hat vorgebaut: „Er soll nicht auf
       einem 36. Platz zurückkehren. Wir werden ihn erst einsetzen, wenn
       realistische Chancen auf die Top 15, Top 20 bestehen.“
       
       ## Schrittweise herangeführt
       
       An das Ende der Karriere hat der Gesamt-Weltcupsieger des Jahres 2015 nie
       gedacht. Schon vom Krankenbett grüßte er mit einem T-Shirt mit der
       Aufschrift „Come.Back“. „Ich habe gemerkt, dass noch etwas in mir ist –
       Leidenschaft, Freude, wie auch immer man es nennen mag“, sagt der
       Skispringer aus Rastbüchl im Bayrischen Wald.
       
       Trotzdem war es eine besondere Situation, als er im Sommer zum ersten Mal
       nach 17 Monaten wieder oben auf einem Balken saß. Coach Schuster und Freund
       hatten sich dafür die 40-Meter-Schanze in Kitzbühel ausgewählt. Zur
       Erhöhung der Landesicherheit hat er auch kürzere Ski benutzt. Hüpfen statt
       Fliegen. „Wir sind von der medizinischen Seite auf die Nummer ultrasicher
       gegangen“, erklärt Schuster, „wir haben Severin schrittweise herangeführt.“
       
       Nach mehr als eineinhalb Jahren ohne Skispringen war zu Freunds
       Erleichterung die Festplatte noch nicht vollständig gelöscht. „Man weiß
       sofort, was man machen muss, wenn man den Balken verlassen hat und in der
       Spur ist“, erzählt Freund. Es habe sich wie Heimkommen angefühlt. Und der
       Spaß sei auch schnell wieder zurückgekehrt. „Aber das Gefühl und die
       Leichtigkeit sind verloren gegangen“, berichtet er.
       
       ## Schneller in der Flugposition
       
       Wie bei seiner Rückkehr setzt sich Freund, der im Herbst Vater wurde, auch
       bei seinen Saisonzielen nicht unter Druck. Er erwartet keine
       Spitzenplatzierung bei der Vierschanzentournee von sich, sondern lediglich
       eine Teilnahme an den Weltmeisterschaften im Februar in Seefeld. Denn neben
       seinem Fluggefühl und der Selbstverständlichkeit des Sprungs muss er in den
       kommenden Wochen wieder in den Wettkampf-Rhythmus finden.
       
       Und seinen Sprungstil der rasanten Entwicklung anpassen, die in den
       vergangenen beiden Jahren vor allem Stefan Kraft (Österreich) und der Pole
       Kamil Stoch vorangetrieben haben. „Die Skiführung ist nicht weniger wichtig
       geworden“, sagt er, „die Springer sind nach dem Absprung noch schneller in
       der Flugposition.“ Dies hat er bei seinem TV-Studium bemerkt. Zumindest
       manchmal ist Fernsehen so gut wie Training.
       
       23 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Severin-Freund/!t5025362
   DIR [2] https://www.sportschau.de/wintersport/skispringen/portraets/severin-freund-220.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Eckhard Jost
       
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