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       # taz.de -- Rücktritte in Großbritannien: Exit vor dem Brexit
       
       > Brexit-Minister Dominic Raab und Arbeitsministerin Ester McVey treten
       > zurück. Zuvor hatte das britische Kabinett den Entwurf für den
       > Brexit-Deal mit der EU gebilligt.
       
   IMG Bild: Packt seine Sachen: Dominic Raab
       
       London ap/rtr/dpa | Nach der am Mittwoch zäh erkämpften Zustimmung des
       britischen Kabinetts für den Brexit-Entwurf trat der britische
       Brexit-Minister Dominic Raab am Donnerstag aus Protest von seinem Amt
       zurück. Wenige Minuten später folgte ihm Arbeits- und Rentenministerin
       Ester McVey und reichte ihren Rücktritt ein. Sie galt bis dahin als
       schärfste Kritikerin des Brexit-Abkommens im Kabinett.
       
       Zu seinem Rücktritt erklärte Raab, der von Premierministerin Theresa May
       vorangetriebene EU-Ausstiegsvertrag und insbesondere die Vorschläge zu
       Nordirland bedrohten die Integrität des Vereinigten Königreichs. „Ich kann
       keine unbefristete Notfallklausel akzeptieren.“ Zudem könne er die
       Bedingungen des Abkommens nicht mit den Versprechungen in Einklang bringen,
       die dem Land gemacht worden seien.
       
       Am frühen Donnerstagmorgen hatte schon der britische
       Nordirland-Staatssekretär Shailesh Vara als erster Politiker einen
       Amtsrücktritt verkündet.
       
       Premierministerin Theresa May muss sich nun auf mehr Probleme einstellen,
       als allein die Hürde zu überwinden, die Einigung durch das Parlament zu
       bringen. Ihre zahlreichen politischen Gegner brachten sich am Mittwoch
       bereits in Stellung.
       
       Zunächst zeigte sich May indes erleichtert über die [1][Billigung des
       Entwurfs für eine Austrittsvereinbarung durch ihr Kabinett]. Es habe nach
       der fünfstündigen Sitzung eine „kollektive Zustimmung“ gegeben. Ob sie
       einstimmig war, sagte sie aber nicht. Brexit-Hardliner hatten den Entwurf
       kritisiert. May sagte, die Vereinbarung sei „die beste, die ausgehandelt
       werden könnte“.
       
       Der Entwurf sieht einen Lösungsvorschlag für das zuletzt größte Problem in
       den Brexit-Verhandlungen vor – die Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland
       und dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland. Mit einem
       gemeinsamen Zollterritorium von EU und Großbritannien sollen Zollstationen
       und sonstige [2][Kontrollen an der Grenze zwischen der Republik Irland und
       Nordirland vermieden werden]. Zudem würde Großbritannien EU-Regeln auf
       Gebieten wie Umwelt- und Tierschutz und Schutz am Arbeitsplatz einhalten.
       Die Lösung soll vorübergehend sein und durch eine dauerhafte
       Handelsvereinbarung ersetzt werden.
       
       Michel Barnier, der Unterhändler der EU, sagte: „Nach meiner Einschätzung
       haben wir ,entscheidenden Fortschritt' erzielt“. Staats- und
       Regierungschefs hatten auf diese Bekanntmachung von ihm gewartet, um ein
       Gipfeltreffen einzuberufen. May sagte: „Dies ist ein entscheidender
       Schritt, der es uns erlaubt, voranzuschreiten und das Abkommen in den
       kommenden Tagen abzuschließen. Ich glaube fest, mit meinem Kopf und meinem
       Herzen, dass dies eine Entscheidung ist, die im besten Interesse des
       Vereinigten Königreichs ist.“
       
       Nach der vorläufigen Einigung auf die Brexit-Modalitäten hat
       EU-Ratspräsident Donald Tusk für den 25. November einen Sondergipfel
       einberufen. Dabei soll der Vertrag über den Austritt Großbritanniens aus
       der Europäischen Union von den Staats- und Regierungschefs gebilligt
       werden.
       
       ## Brexit-Zustimmung zunächst erleichternd
       
       [3][Der Austritt ist für den 29. März geplant]. Die Vereinbarung benötigt
       die Zustimmung aller EU-Mitgliedsstaaten und des Europaparlaments, um
       gültig zu werden. Auch das britische Parlament muss zustimmen.
       
       Der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, schrieb auf
       Twitter: „Während ich hoffe, dass das Vereinigte Königreich eines Tages
       zurückkehrt, wird diese Vereinbarung in der Zwischenzeit den Brexit möglich
       machen.“ Sie werde zu einer weiterhin engen Beziehung zwischen der EU und
       Großbritannien beitragen und helfen, Bürgerrechte zu schützen und eine
       harte irische Grenze zu vermeiden. Der deutsche Außenminister Heiko Maas
       sagte, die Zustimmung des britischen Kabinetts sei sehr erleichternd.
       
       Britische Brexit-Befürworter übten an dem Vorschlag scharfe Kritik, da er
       Großbritannien noch lange nach dem Ausscheiden an EU-Regeln binde. Der
       Abgeordnete Peter Bone von Mays Konservativer Partei warnte, sie werde die
       Unterstützung vieler konservativer Parlamentarier und Millionen Wähler
       verlieren, falls sie die Vereinbarung vorantreibe.
       
       Mays Unterstützer argumentierten hingegen, die Vereinbarung sei die beste,
       die erreichbar sei, und die Alternativen seien ein chaotischer Austritt
       ohne Abkommen oder eine Neuwahl, bei der die Labour Party die konservative
       Regierung ablösen könnte. Der ehemalige Außenminister William Hague warnte
       Brexit-Befürworter, falls sie die Vereinbarung scheitern ließen, könne dies
       zu einer Neuwahl und einem neuen Referendum führen und es werde
       möglicherweise keinen Brexit geben.
       
       15 Nov 2018
       
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