# taz.de -- „Gelbwesten“-Proteste in Frankreich: Sie lassen sich nicht einschüchtern
> Frankreichs Präsident Macron will die Protestbewegung „Gilets jaunes“
> besänftigen. Seine Angebote reichen den AnhängerInnen nicht aus.
IMG Bild: Auf Konfrontation: Bislang weigert Macron sich, mit den Gelbwesten direkt zu sprechen
Paris taz | Die französische [1][Protestbewegung „gelbe Westen“] will ihren
Widerstand gegen die Energie- und Steuerpolitik ihres Staatspräsidenten
Emmanuel Macron aufrechterhalten. „Das war gar nicht überzeugend für die
Franzosen“, kommentierte Eric Drouet, einer der Sprecher der Bewegung,
Macrons selbstkritischen Ansatz in einer Grundsatzrede über die
Energiewende.
Zusammen mit Priscillia Ludosky, einer weiteren Sprecherin der Gelbwesten,
war Drouet sofort nach Macrons Auftritt vom Umwelt- und Energieminister
François de Rugy empfangen worden. Macron hat sich bisher geweigert, direkt
mit den Gilets jaunes zu sprechen.
Der französische Staatspräsident hat in seiner Rede immerhin die
[2][Stilllegung des ältesten AKW in Fessenheim] ab Sommer 2020 und den
schrittweisen Rückzug aus der Atomenergie angekündigt. Damit wollte er zum
einen den gilets jaunes den Wind aus den Segeln nehmen und zweitens das
Vertrauen seiner Landsleute für die Energiewende zurückgewinnen.
Aus den Reaktionen ist aber zu schließen, dass ihm das nicht gelungen ist.
76 Prozent sind laut einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage der
Ansicht, Macrons Vorschläge seien „ungenügend“. Sie wollten offenbar viel
mehr von Abgabensenkungen hören, die sich positiv auf ihre eigene Kaufkraft
auswirken.
## „Macrons Treibstofftank ist leer“
Es überrascht nicht, dass die politischen Oppositionsparteien Macrons
erfolglose Versuche, die Öffentlichkeit wieder zu versöhnen, zerpflücken:
„Mit seiner Rede beweist Emmanuel Macron, dass er weder auf der Straße war
noch seinen Fernseher eingeschaltet hat, seit die gilets jaunes ihr Leid
klagen. Das ist hoffnungslos“, sagte Laurence Salliet, Sprecherin der
konservativen Les Républicains. Marine Le Pen vom rechten Rassemblement
national (Ex-FN) spricht von einer „totalen Leere in Sachen Lösungen“.
„Macrons Treibstofftank ist leer“, meint auch Jean-Luc Mélenchon von der
linken France insoumise. Der Grüne Yannick Jadot schließlich gibt dem
Präsidenten zu bedenken, „mit schönen Worten besänftigt man keine Wut“. Bei
den Gelbwesten hatte Macrons Versuch, sie mit einer rhetorischen Geste des
Entgegenkommens abzufertigen oder zu beruhigen, genau den gegenteiligen
Effekt. Oft fühlen sie sich vom Staatschef verspottet.
Sprecher Drouet ist der Ansicht, dass die Staatsführung offenbar immer noch
nicht verstanden habe, worum es dieser Volksbewegung gehe die seit knapp
zwei Wochen mit einer tief sitzenden Wut überall im Land mit Straßensperren
auf die sozialen Probleme Frankreichs hinweist. Er ruft darum seine
MitstreiterInnen in den gelben Warnwesten auf, am Samstag erneut in Paris
auf die Straße zu gehen.
## Viele AktivistInnen sind unerfahren
Die bisher nur ansatzweise lokal strukturierte und vor allem über soziale
Netzwerke informell koordinierte Bewegung hat am Montag in einem an der
Basis bereits umstrittenen Onlineauswahlverfahren acht SprecherInnen
nominiert, die sowohl die unterschiedlichen sozialen Hintergründe der
UnterstützerInnen als auch deren regionale Diversität repräsentieren
sollen.
Zu den acht gewählten SprecherInnen gehören ein Lkw-Fahrer (Drouet), eine
Onlinekosmetikverkäuferin (Ludosky), aber auch ein Landwirt, eine
Serviererin, ein ehemaliger Journalist und einige selbstständige
UnternehmerInnen. Sie sollen im Namen der Protestbewegung als
GesprächspartnerInnen bei den Behörden auftreten. Ihre Aufgabe soll es
zudem sein, regionale Debatten zu organisieren, damit die Anliegen von der
Basis auf dem Land bis in die Hauptstadt gelangen.
Die AktivistInnen haben in der Regel keine oder kaum politische Erfahrung,
das war sogar eine der Voraussetzungen, um sich für den Sprecherposten zu
qualifizieren. Heute sagen die meisten von ihnen, dass sie von den Parteien
umworben werden.
28 Nov 2018
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## AUTOREN
DIR Rudolf Balmer
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