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       # taz.de -- Umweltklagen ausgehebelt: Turbogesetz für Fehmarn
       
       > Das neue Planungsgesetz des Bundes gilt für die Fehmarnbelt-Querung und
       > eine neue Sundbrücke, so ein Bundestag-Gutachten. Das könnte Anwohner
       > ausbremsen.
       
   IMG Bild: Könnte ganz schnell weg sein: Die altersschwache Fehmarnsundbrücke
       
       Hamburg taz | Von einem „Beschleunigungsturbo“ spricht Lorenz Gösta Beutin.
       Bei der „Einschränkung der Klagerechte“ gegen die Fehmarnbelt-Querung könne
       „keine Entwarnung“ gegeben werden, sagt der Bundestagsabgeordnete der
       Linken aus Schleswig-Holstein. Dabei stützt er sich auf eine juristische
       Expertise des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages.
       
       Der hat auf seine Bitte hin untersucht, ob das Anfang des Monats vom
       Bundestag und am 23. November vom Bundesrat beschlossene
       Planungsbeschleunigungsgesetz (PBG) die Widerspruchs- und Klagerechte von
       Anwohnern und Betroffenen der Fehmarnbelt-Querung schmälert. Das Fazit des
       Gutachtens: ja.
       
       Mit dem Gesetz sollen große Infrastrukturvorhaben beschleunigt werden.
       Dafür enthält es die Möglichkeit, schon vor einem formalen
       Planfeststellungsbeschluss mit vorbereitenden Maßnahmen beginnen zu dürfen.
       Zudem soll bei Projekten, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung
       durchgeführt werden muss – und das sind praktisch alle –, auf eine
       öffentliche Erörterung der Einwendungen verzichtet werden.
       
       Die Frist für Betroffene, ihre Einwände schriftlich zu formulieren, soll
       außerdem verkürzt werden. Bei der Komplexität großer Vorhaben könnte das
       dazu führen, dass hastig formulierte Widersprüche einfacher als nicht
       stichhaltig abgewiesen werden können.
       
       ## Rot-Grün hatte den Fehmarnbelt in den Anhang verhandelt
       
       Explizit in dem Gesetz genannt wurde wegen ihres „internationalen Bezuges“
       die geplante Fehmarnbelt-Querung samt einer neuen Brücke über den
       Fehmarnsund. Dieser Passus, den die Kieler Jamaika-Koalition auf Druck der
       mitregierenden FDP im Gesetzestext festgeschrieben sehen wollte, war aber
       in letzter Minute von roten und grünen Bundestagsabgeordneten aus
       Schleswig-Holstein wieder herausverhandelt worden, der Dänentunnel in der
       Ostsee wird nur noch im Anhang erwähnt. Das sei ein Erfolg, verkündete die
       Ostholsteiner SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn: „Der Anhang des
       Gesetzes ist juristisch nicht mit dem Gesetzestext selbst gleichzusetzen.“
       
       Ist er doch, sagt nun das Bundestagsgutachten, das der taz nord vorliegt.
       Ob Gesetz oder Gesetzesanhang, habe „für die rechtliche Einordnung“ und
       „die Frage nach der verwaltungsprozessualen Bedeutung keine Relevanz“.
       Somit führe das PBG ein „Hauruck-Verfahren ein“, kritisiert die
       schleswig-holsteinische Abgeordnete Cornelia Möhring, stellvertretende
       Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag. Sie hält das
       Fehmarnbelt-Projekt weiterhin für „ökologisch, tourismuspolitisch und
       sozial völlig überdimensioniert und unsinnig“.
       
       Beutin geht zudem Hagedorn frontal an: „Wer auch immer behauptet, im
       Bundestag etwas für die Beltrettung getan zu haben, der hat entweder die
       Gesetzgebung nicht verstanden oder spielt falsch“, so der Vorwurf des
       Linken. Die Sozialdemokratin, langjährige engagierte Gegnerin der
       Fehmarnbelt-Querung, wollte das am Donnerstag nicht kommentieren, „weil ich
       das Gutachten noch nicht kenne“. Sie sei aber weiterhin der Auffassung,
       „dass einer dermaßen schludrigen Planung wie beim Fehmarnbelt-Projekt auch
       ein Beschleunigungsgesetz nichts nutzen kann“.
       
       ## Nabu ist überrascht
       
       Überrascht über den Tenor des Gutachtens ist Malte Siegert, der
       Fehmarnbelt-Experte des Naturschutzbundes Nabu. Das Verschieben der
       Projekte in den Gesetzesanhang habe „im Gegensatz zu unseren ursprünglichen
       Informationen offensichtlich doch zu einer rechtlich stärkeren
       Verbindlichkeit geführt als von uns angenommen“, kommentiert er auf
       taz-Anfrage.
       
       Dass der „angebliche Bedarf der Fehmarnbelt-Querung qua Gesetz festgestellt
       wird“ und nicht anhand von Zahlen, Daten und Fakten von Verkehrsfachleuten
       ehrlich und aktuell bewertet werde, sei „politisch fahrlässig“. Gleichwohl
       hält Siegert das Vorhaben für „wirtschaftlich quasi tot und ohne staatliche
       Beihilfen kaum zu retten“.
       
       Das sieht Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd
       Buchholz (FDP) anders. Er geht davon aus, dass der
       Planfeststellungsbeschluss Ende dieses Jahres vorliegen werde. Daran würden
       sich dann Klagen und Prozesse anschließen – und es würde sich zeigen, ob
       diese durch das neue Gesetz abgewürgt werden können oder doch nicht.
       
       30 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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