URI: 
       # taz.de -- Nahles will Bürgergeld: Vorsichtiges Abrücken von Hartz IV
       
       > Die SPD-Chefin ist für ein neues „Bürgergeld“, sagt aber nichts zur Höhe
       > des Regelsatzes. Regelungen zur Sanktionspraxis bleiben unklar.
       
   IMG Bild: Geht es zu Ende mit Hartz IV? Und kommt dann das „Bürgergeld“?
       
       Berlin taz | In der Diskussion um eine Abschaffung von Hartz IV hat sich
       die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles mit einem Debattenbeitrag in der
       Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Samstagsausgabe) [1][zu Wort gemeldet.]
       „Zum Symbol für das Misstrauen des Staates gegenüber den
       Grundsicherungsbeziehern sind die Sanktionen geworden. Sie wirken, als
       würde den Leistungsbeziehern von vornherein unterstellt, betrügen zu
       wollen.“ Dies sei „für alle ehrlichen Personen frustrierend und
       demotivierend“. Für ein völliges Ende der Sanktionen sprach sich Nahles
       nicht aus. Wie genau die Sanktionspraxis neu geregelt werden soll, bleibt
       in dem Artikel unklar. Das „Existenzminimum eines Menschen“ dürfe aber
       niemals „in Frage gestellt“ werden, so Nahles.
       
       Auch die Regel, dass angespartes Vermögen bis auf einen kleinen Teil
       ausgegeben oder verkauft werden muss, ehe ein Anspruch auf Hartz IV
       entsteht, will Nahles ändern: „Wer lange gearbeitet hat, darf daher auch
       nicht gezwungen sein, seine Ersparnisse zu verbrauchen“, schreibt sie.
       „Erspartes muss großzügiger geschützt werden.“
       
       „Die neue Grundsicherung muss ein Bürgergeld sein – ein Recht auf Teilhabe
       für alle Bürgerinnen und Bürger“, schließt der Beitrag. Im Berliner
       Regierungsviertel wurde ihr Artikel als eindeutige Abkehr der SPD von Hartz
       IV gelesen: „Wir dürfen und wir werden Hartz IV nicht abschaffen“,
       entgegnete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). „Solche
       Vorschläge sind hochgefährlich und schaden der Zukunft unseres Landes.“ Die
       Hartz-Reformen unter Gerhard Schröder seien richtig gewesen, so Altmaier
       gegenüber der Welt.
       
       Allerdings erscheinen manche Passagen von Nahles’ Artikel wie eine
       Rechtfertigung der Hartz-IV-Regeln. So heißt es: „Es sind oft gar nicht die
       Leistungen selbst, die für Verdruss sorgen, sondern die erfahrenen
       Demütigungen und Stigmatisierungen.“ Dies lässt sich als Plädoyer für die
       Beibehaltung des jetzigen Hartz-IV-Regelsatzes von 416 Euro lesen, während
       gleichzeitig ein neues Wort für die Grundsicherung gefunden werden soll –
       das „Bürgergeld“.
       
       Nahles hatte bereits auf dem Debattencamp der Sozialdemokraten am
       vorletzten Wochenende angekündigt: „Wir werden Hartz IV hinter uns lassen.“
       Die SPD steht unter Zugzwang, nachdem Grünen-Chef Robert Habeck einen noch
       weiter reichenden [2][Vorschlag zum Ende von Hartz IV] gemacht hat. Demnach
       sollen Sanktionen gänzlich abgeschafft werden, auch der Regelsatz soll – in
       unbekannter Höhe – steigen. Die Linkspartei will einen Regelsatz von 560
       Euro.
       
       Kritik an Nahles’ Text kam am Wochenende von der FDP. Die SPD laufe den
       Grünen hinterher. Beide Parteien versprächen „Millionen an
       Sozialtransfers“, sagten aber nicht, „woher das Geld dafür kommen soll“, so
       der FDP-Vorsitzende Christian Lindner.
       
       18 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/fremde-feder-von-andrea-nahles-die-neue-grundsicherung-muss-ein-buergergeld-sein-15894653.html
   DIR [2] /Antworten-auf-Hartz-IV/!5548404
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Reeh
       
       ## TAGS
       
   DIR Hartz IV
   DIR Andrea Nahles
   DIR IG
   DIR Reiner Hoffmann
   DIR SPD
   DIR Hartz IV
   DIR Hartz IV
   DIR Hartz IV
   DIR Robert Habeck
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kommentar Hartz-IV-Gesetze: Schafft endlich die Sanktionen ab!
       
       Das Strafregime von Hartz IV ist in Paragrafen gegossene
       Menschenverachtung. Der Staat müsste seinen BürgerInnen auf Augenhöhe
       begegnen.
       
   DIR Gewerkschaften diskutieren über Hartz IV: Jetzt doch gegen Zwang
       
       DGB-Chef Hoffmann übt den Schulterschluss mit dem Ver.di-Kollegen Bsirske:
       Nun treten beide für eine sanktionsfreie Mindestsicherung ein.
       
   DIR Kommentar Gewerkschaften für Hartz IV: Verhöhnung von Arbeitslosen
       
       Führende PolitikerInnen von SPD und Grünen wollen Hartz IV ablösen.
       Ausgerechnet der DGB aber will das repressive System beibehalten.
       
   DIR Hartz IV und Grundsicherung: 571 statt 416 Euro?
       
       SPD und Grüne wollen eine neue Grundsicherung. Wie hoch muss diese sein?
       Die Bundesregierung und Sozialverbände rechnen unterschiedlich.
       
   DIR Diskussion um Reform von Hartz IV: Wo Sanktionen wirken
       
       Funktioniert Hartz IV ohne Druck? Eine Studie zeigt, dass bestrafte
       Arbeitslose eher einen Job annehmen. Doch es gibt auch andere Erkenntnisse.
       
   DIR Kommentar Arbeitslosengeld II: Was SPD und Grüne bei Hartz IV trennt
       
       SPD und Grüne haben verschiedene Perspektiven auf Hartz IV. Wichtiger ist
       jedoch der sich abzeichnende Wechsel im Denken.
       
   DIR Antworten auf Hartz IV: Strategien gegen die Absturzangst
       
       SPD und Grüne führten 2005 Hartz IV ein. Beide Parteien versprechen nun,
       das zu überwinden. Die Stoßrichtungen sind unterschiedlich.