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       # taz.de -- In der Türkei inhaftierter Deutscher: Adil Demirci bleibt in Haft
       
       > Der Kölner Sozialarbeiter Adil Demirci stand nach sieben Monaten in Haft
       > zum ersten Mal vor Gericht. Ihm wird Mitgliedschaft in einer
       > Terrororganisation vorgeworfen.
       
   IMG Bild: Adil Demirci sitzt seit sieben Monaten in Untersuchungshaft
       
       Der wegen Terrorvorwürfen angeklagte Kölner Sozialarbeiter Adil Demirci
       muss in Untersuchungshaft bleiben. Ein Strafgericht in Istanbul lehnte zum
       Abschluss einer mehrstündigen Verhandlung am Dienstagabend einen Antrag auf
       Freilassung des 32-Jährigen ab.
       
       In seiner Verteidigungsrede hatte Demirci am Dienstag den Vorwurf der
       türkischen Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, er sei Mitglied in einer
       Terrororganisation. Der Kölner Sozialarbeiter wird der Mitgliedschaft in
       der marxistisch-leninistischen MLKP beschuldigt, die in der Türkei verboten
       ist. Die Staatsanwaltschaft legt ihm zur Last, zwischen 2013 und 2015 an
       Trauerfeiern von Mitgliedern der YPG und der MLKP teilgenommen zu haben,
       die gegen den IS gekämpft hatten. „An den Gedenkveranstaltungen haben
       Tausende Menschen teilgenommen“, sagte Demirci vor Gericht. „An diesen
       Trauerfeiern teilzunehmen ist ein demokratisches Recht.“
       
       Demirci war am 13. April in Istanbul von einer Anti-Terror-Einheit
       festgenommen worden. Dort hatte er mit seiner krebskranken Mutter einen
       Kurzurlaub gemacht. Seitdem saß der 32-Jährige, der die deutsche und die
       türkische Staatsbürgerschaft besitzt, im Hochsicherheitsgefängnis von
       Silivri, 80 Kilometer von Istanbul entfernt. Nun stand er nach sieben
       Monaten in Untersuchungshaft gemeinsam mit 22 weiteren Angeklagten zum
       ersten Mal vor Gericht. Zum Prozessauftakt waren auch die deutsche
       Bundestagsabgeordnete der Linken, Heike Hänsel, und der Journalist Günter
       Wallraff angereist, um gemeinsam mit dem deutschen Generalkonsul Michael
       Reiffenstuel den Prozess zu beobachten.
       
       Bevor er verhaftet wurde, arbeitete Demirci beim Jugendmigrationsdienst in
       Remscheid mit traumatisierten Jugendlichen aus Kriegsgebieten. Seit fünf
       Jahren übersetzte er zudem für die türkische sozialistische
       Nachrichtenagentur Etha, für die auch Meşale Tolu gearbeitet hatte. Tolu
       war wegen derselben Vorwürfe wie Demirci verhaftet worden und im Dezember
       2017 freigekommen, durfte das Land jedoch zunächst nicht verlassen. Ihre
       Ausreisesperre wurde im August aufgehoben, ihr Prozess wird am 10. Januar
       fortgesetzt.
       
       Am Ende seiner Verteidigungsrede forderte Demirci einen Freispruch. Sein
       Anwalt Mustafa Peköz warf der Anklage vor, die Ermittlungen gegen seinen
       Mandanten hätten keine Beweise für die Mitgliedschaft in einer
       Terrororganisation hervorgebracht. Sein Mandant werde in der Anklageschrift
       der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation beschuldigt, weil die
       Nachrichtenagentur ETHA über seine Festnahme berichtet hatte. Dabei sei es
       normal, dass eine Nachrichtenagentur über einen ihrer ehrenamtlichen
       Mitarbeiter berichtet, wenn dieser festgenommen wurde, sagte Peköz. „Mein
       Mandant ist ein aktiver und bekannter Mensch in Deutschland. Er verteidigt
       dort die Rechte von Migranten“, sagte er vor Gericht. „Wir sollten ihm
       dafür danken, statt ihn mit Terror in Verbindung zu bringen.“
       
       Während Demirci in U-Haft bleiben muss, ließ das Gericht sechs andere
       Angeklagte frei. Bei der Verkündung der Entscheidung brach unter ihren
       Angehörigen und Freunden vor dem Gericht Jubel aus, andere zeigten sich
       enttäuscht über den Beschluss. Von den 22 Angeklagten waren zuvor zehn in
       Haft gewesen. Der nächste Verhandlungstermin wurde für den 14. Februar
       angesetzt.
       
       Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 21. November aktualisiert.
       
       20 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Canan Coşkun
       
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