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       # taz.de -- Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium: Hamburger CDU kupfert Idee ab
       
       > Das Abitur nach neun Jahren soll an Gymnasien wieder möglich sein,
       > fordert der Landesvorstand. Dies Wahlversprechen hatte der CDU in Kiel
       > zum Sieg verholfen.
       
   IMG Bild: 2ß14 ohne Unterstützung dfer CDU gescheitert: Volksbehren „Ja zu G9“
       
       Hamburg taz | Der Bürgerschaftswahlkampf wirft seine Schatten voraus.
       Nächste Woche ist kleiner Landesparteitag der CDU in Hamburg und der
       Leitantrag zur Bildungspolitik atmet den Geist seiner Verfasser: Da soll
       der „Einheitslehrer“ abgeschafft werden und die Stadtteilschule soll
       endlich die Kinder ab Klasse 8 nach Leistung trennen. Zu den Autoren gehört
       der pensionierte Lehrer Reinhard Behrens. Jener Behrens, der 2002 Staatsrat
       der Schulbehörde war und in dieser Funktion die flotte Einführung des
       Turbo-Abiturs (G8) verantwortete.
       
       Etwas Frisches in dem Antragspaket findet sich auch. Ein „Ergänzungsantrag“
       des CDU-Landesvorstands schaffte es Freitag früh auf den Titel des
       Hamburger Abendblatts. „Vorstoß für den Wahlkampf 2020“ stand dort. „CDU:
       Wieder Abitur nach neun Jahren an Hamburger Gymnasien“.
       
       Man brauche für die Wahlkampagne ein bildungspolitisches Thema, wird ein
       einflussreicher CDU-Politiker zitiert. In guter Erinnerung ist der
       Wahlerfolg, den Daniel Günther in Schleswig-Holstein einfuhr, als er dort
       die Abschaffung des Turbo-Abiturs versprach. Auch die CDU in Bremen setzt
       auf dieses Pferd. Laut Umfragen sind 83 Prozent der Bremer für „G9“.
       
       ## „Auch Nachteile“ durch G8
       
       CDU-Hamburg Chef Roland Heintze sagt, man wolle die Sache mal debattieren.
       Wo auch immer er mit Eltern spreche, äußerten sie, dass ihre Kinder mehr
       Zeit zum Lernen bräuchten. Die Umstellung auf G8 habe „auch Nachteile
       gebracht“, heißt es in Heintzes-Antrag. Zum Beispiel in Bezug auf
       „außerschulisches Engagement, die ausreichende Vertiefung des Lernstoffs
       und Persönlichkeitsentwicklung“. Auch dass die Uni Abiturienten mit Kursen
       fit fürs Studium machen müsse, „kann nicht richtig sein“.
       
       Konkret schwebt dem Landesvorstand eine Lösung vor, die Rücksicht auf die
       Hamburger Schullandschaft nehmen soll. Zum Beispiel könnten die 61
       Gymnasien einmalig entscheiden, ob sie zum G9 zurück wollen oder nicht.
       Oder sie könnten zwei Zweige mit G8 und G9 führen oder aber eine
       „individuelle Lernzeitverlängerung bis zum Abitur“ ermöglichen.
       
       Der Vorstoß löst Aufregung aus. Gehört es doch eigentlich zum zwischen den
       Parteien verabredeten „Schulfrieden“, dass die zwei Säulen-Struktur aus
       Stadtteilschule und Gymnasium unangetastet bleibt und man der
       Stadtteilschule das längere G9 exklusiv überlässt, damit sie auch für
       bildungsnahe Familien attraktiv ist.
       
       ## Schluss mit Schulfrieden
       
       „Die CDU beendet den Schulfrieden“, so formuliert es Anna Ammonn von der
       Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule. Sie nehme seit längerer Zeit
       wahr, dass die CDU die Stadtteilschule gerne als Schulform für die frühere
       Haupt- und Realschule sähe. Wird der Stadtteilschule ihr
       Alleinstellungsmerkmal genommen, könne man gern über das längere gemeinsame
       Lernen diskutieren.
       
       Auch Schulpolitiker von SPD und Grünen zeigten sich alarmiert. „Wir wollen
       die Schulen lieber in Ruhe arbeiten lassen“, sagt Barbara Duden von der
       SPD. Zumal Hamburg seinen Leistungen im bundesweiten Vergleich verbessere.
       Auch der Grüne Olaf Duge sagt, er stehe zum Schulfrieden und zur
       „erfolgreichen Schulstruktur“. Und Schulsenator Ties Rabe sagt: „Wir haben
       in Hamburg bereits jetzt G9 flächendeckend, nämlich an den
       Stadtteilschulen.“ Damit sei Hamburg „besser aufgestellt als alle anderen
       Bundesländer“.
       
       Die Schulpolitikerin der Linken, Sabine Boeddinghaus, ehemals Begründerin
       der Volksinitiative „Schule für alle“, sagt indes, dass sie den CDU-Vorstoß
       für mehr Lernzeit „aus pädagogischer Sicht begrüßt“. Nur müsse man, wenn
       diese Frage auf den Tisch kommt, auch gleich das Zwei-Säulen-Modell
       aufbrechen. „Auch das begrüße ich sehr.“
       
       2 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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