# taz.de -- Gesetz gegen Verleumdungen im Internet: Frankreich geht gegen fake news vor
> Präsident Macron hat ein Gesetz gegen Verleumdungen im Netz
> durchgedrückt. Fraglich ist, wer über Wahrheit oder Lüge entscheidet.
IMG Bild: Auch über ihn werden immer wieder Gerüchte im Netz lanciert: Präsident Emmanuel Macron
PARIS taz | Die französische Nationalversammlung hat auf Wunsch von
Staatspräsident Emmanuel Macron in zweiter Lesung ein Gesetz verabschiedet,
dass es den KandidatInnen bei Wahlen ermöglichen soll, gegen
Falschmeldungen oder im Internet verbreitete böswillige Gerüchte
gerichtlich vorzugehen. Die Abgeordneten von Macrons Regierungspartei „La
République en marche „ (LREM), die im französischen Unterhaus über eine
absolute Mehrheit verfügen, haben sich damit über eine strikte Ablehnung
des konservativ dominierten Senats hinweggesetzt.
Widerstand gegen eine solche, möglicherweise zweischneidige Gesetzgebung
gegen fake news im Wahlkampf, hatte es aber auch bei MedienvertreterInnen
gegeben. Diese befürchten, dass der Paragraf, der die Demokratie schützen
soll, zu Zensur oder mindestens einer Einschränkung der Meinungsfreiheit
führen könnte. Nun soll die Vorlage vor den nächsten Wahlen in Kraft
treten. Es sei denn der Verfassungsrichter des Conseil constitutionnel
hätte Einwände.
Konkret sieht die neue Gesetzgebung vor, dass politische Parteien oder
einzelne Kandidierende vor einer Wahl beim Richter ein Eilverfahren
anstrengen können, um die Verbreitung von vermeintlichen Falschmeldungen zu
unterbinden. Zweitens sollen die GAFA, also die großen Internetunternehmen
dazu verpflichtet werden, für die LeserInnen sichtbar zu machen, wenn sie
Informationen und Multimedia-Inhalte gegen Bezahlung verbreiten.
Vor allem der erste Punkt sorgt für Widerstand, da damit letztlich das
Gericht entscheidet, was wahr oder „fake“ ist. Der Justiz wird so eine
Rolle zugemutet, die vielmehr die Medien mit ihrem „fact checking“ für sich
beanspruchen sollten.
## Macron will sich vor Attacken aus Russland schützen
Fake news sind problematisch, vor allem, wenn damit gezielt
[1][Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verleumdet werden]. Das weiß
man spätestens seit der Wahl von Donald Trump in den USA und dem damit
verbundenen Verdacht einer [2][russischen Meinungsmanipulation], gestreut
über soziale Netzwerke. Wie unangenehm und politisch gefährlich derartige
Verleumdungen in der Politik sein können, hatte auch Macron während seines
Präsidentschaftswahlkampfs erfahren.
Über ihn hieß es, er führe ein homosexuelles Doppelleben und lasse sich von
einer ominösen Schwulen-Lobby instrumentalisieren. Ebenfalls hieß es auf
Twitter unter einem Hashtag #MacronLeaks, er besitze
Steuerflucht-Offshore-Konten. Diese Gerüchte, deren Urheber nicht definitiv
eruiert werden konnten, hatten ein so großes Echo, dass Macron sie
schließlich offiziell dementieren musste.
Aus der Welt geschafft waren sie dadurch aber nicht. Er vermutet dahinter
eine Strategie und dem Kreml nahestehende Medien wie „Russia today“ oder
„Sputnik“. In seiner letzten Neujahrsrede hatte Macron, der trotz der üblen
Nachrede in den Netzwerken als Präsident gewählt wurde, ein „juristisches
Arsenal zum Schutz der Demokratie“ gefordert. Denn es gehe nicht nur um
einzelne Kandidaten, sondern auch um das Vertrauen der BürgerInnen in die
Demokratie und das Wahlverfahren.
Diesem Wunsch ist nun die große Kammer des französischen Parlaments
nachgekommen. Ob damit aber fake news bekämpft werden können, oder ob für
die Meinungsfreiheit ein Eigentor erzielt wurde, werden die nächsten
Wahlkämpfe zeigen.
21 Nov 2018
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## AUTOREN
DIR Rudolf Balmer
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