URI: 
       # taz.de -- Kommentar Abschied von Amos Oz: Am Rande Israels
       
       > Mit Amos Oz geht auch ein Stück der israelischen Gründergeneration. Deren
       > Spirit waren Gleichheit und Gerechtigkeit. Oz wird Israel fehlen.
       
   IMG Bild: Amos Oz hatte immer den Frieden im Blick
       
       Am Montag ist Amos Oz in seinem Kibbuz beigesetzt worden. Hunderte Menschen
       verabschiedeten sich zuvor in Tel Aviv von ihrem berühmten
       [1][Schriftsteller und Friedensaktivisten]. Amos Oz ist 79 Jahre alt
       geworden, und es ist nicht übertrieben, die Nachrufe auf ihn mit dem
       Abschied der linken [2][Gründergeneration des Landes] in Beziehung zu
       setzen. Denn das, was einmal den Staat geprägt hat, die Arbeitspartei und
       ihre linke Schwester Mapam, die Kibbuz-Bewegung und die Gewerkschaft
       Histadrut, ist fast bis zur Bedeutungslosigkeit marginalisiert.
       
       Es droht in Vergessenheit zu geraten, dass die meisten unter Israels
       Gründungsvätern und -müttern nicht nur Zionisten waren, die den Juden ein
       eigenes Land geben wollten. Sie waren auch Linke, und das mit all ihren
       Irrtümern – Stalinisten, die Moskau bejubelten, Ethnozentristen, die die
       jüdischen Einwanderer aus arabischen Staaten missachteten und die die im
       Land lebenden Araber verachteten.
       
       Aber diese aus Europa stammende Generation hat damals eben auch eine nach
       Gerechtigkeit und Gleichheit suchende Gesellschaft geprägt. Israel war auch
       einmal das Land, dessen jüdische Einwohner nicht nur den Gesetzen des
       Raubtier-Kapitalismus unterlagen und in dem keine Bettler auf den Straßen
       übernachten mussten.
       
       Viele Linke haben sich später berichtigt. Es entstand eine mächtige
       Friedensbewegung. Doch es ist nie mehr gelungen, der Bevölkerung ein
       mehrheitsfähiges Projekt anzubieten. Der Likud versprach Stärke und Macht,
       und dagegen hatten Sozialdemokraten, Linke und Friedenssuchende nur mehr
       Fragen als Antworten anzubieten. Bei den [3][vorgezogenen Neuwahlen im
       April] droht das, was von Linken und Liberalen noch übriggeblieben ist,
       zermahlen zu werden von Nationalisten und Religiösen. Israel ist
       militärisch stark, wirtschaftlich potent, politisch aktiv. Aber von
       Gerechtigkeit und Frieden ist dieser kleine Staat heute weit entfernt. Amos
       Oz hat das gewusst. Er hat gegen die Müdigkeit der Aktivisten gekämpft, er
       war sein Leben lang ein Optimist. Er wird Israel fehlen.
       
       1 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Amos-Oz-ist-tot/!5562256
   DIR [2] /70-Jahre-Israel/!5502709
   DIR [3] /Ex-Stabschef-tritt-gegen-Israels-Premier-an/!5562133
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
       ## TAGS
       
   DIR Amos Oz
   DIR Israel
   DIR zionismus
   DIR Sozialismus
   DIR Kibbuz
   DIR Soziale Gerechtigkeit
   DIR Amos Oz
   DIR Kinderbuch
   DIR Amos Oz
   DIR taz-Serie 50 Jahre Sechstagekrieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Amos-Oz-Übersetzerin Ruth Achlama: „Seine Bücher leben“
       
       Ruth Achlama hat 13 Bücher des israelischen Schriftstellers Amos Oz
       übersetzt. Zu dessen Todestag spricht sie über die Arbeit an seinen Werken.
       
   DIR Autorin und Übersetzerin: Mirjam Pressler ist tot
       
       Sie schrieb über 30 Kinder- und Jugendbücher und übersetzte unter anderem
       Bücher von Amos Oz und Zeruya Shalev. Jetzt ist Mirjam Pressler gestorben.
       
   DIR Amos Oz ist tot: Ewiges Ringen mit dem Vater
       
       Amos Oz hatte es nicht leicht als Kind, brach mit der Familie und versöhnte
       sich schließlich. Sein Schreiben stand unter dem Vorzeichen des Friedens.
       
   DIR Essay „Konföderationslösung“ in Nahost: Israels linke Vorreiter
       
       Die „Zweistaatenlösung“ in Israel und Palästina wird immer unrealistischer.
       Doch es gibt neue Ideen, vor allem die der „Konföderation“.