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       # taz.de -- Bundesregierung und Lkw-Abgase: Umweltministerin mit wenig Ehrgeiz
       
       > Svenja Schulze wird bei den Verhandlungen zur Senkung von CO2-Emissionen
       > bei Lkw hinter den Forderungen des Europaparlaments zurückbleiben.
       
   IMG Bild: Dickes Rohr
       
       Berlin taz | Wenn sich diesen Donnerstag die UmweltministerInnen der EU
       treffen, um ihre Position zur geplanten Senkung des CO2-Ausstoßes von
       Lastkraftwagen festzulegen, wird sich die Bundesregierung wieder als
       Bremser beim Klimaschutz präsentieren. Das fürchten die Grünen. Denn
       Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) wird bei dem Treffen die weiche
       Position der Europäischen Kommission vertreten und sich nicht für die
       weitergehenden Senkungsziele des Europäischen Parlaments einsetzen. Das
       geht aus der Antwort von Umweltstaatssekretär Florian Pronold (SPD) auf
       eine Frage des Bundestagsabgeordneten der Grünen Stephan Kühn hervor, die
       der taz vorliegt.
       
       „Auf der UN-Klimakonferenz in Kattowitz wurde intensiv über Maßnahmen zum
       Erreichen der Pariser Klimaziele gerungen, doch wenn es konkret wird,
       präsentiert sich die Bundesregierung erneut als Klimaschutzbremser“, sagte
       Kühn. Umweltministerin Schulze fahre wieder einmal „ohne klimapolitische
       Ambitionen“ nach Brüssel. Im September hatte sich die Ministerin Spott
       eingehandelt, weil sie sich bei den Verhandlungen zu [1][CO2-Einsparzielen
       bei Pkws] gegen ihre Überzeugung für die schwachen Forderungen von
       Kommission und Bundesregierung starkgemacht hatte.
       
       In Deutschland geht rund ein Drittel der verkehrsbedingten CO2-Emission auf
       Lastwagen zurück. Die EU will Vorgaben für den CO2-Austoß erlassen, wie sie
       bereits für Autos im Herbst beschlossen wurden. Die Europäische Kommission
       will, dass im Vergleich zu den Emissionen von 2019 bis zum Jahr 2025 der
       CO2-Ausstoß von Lkw-Flotten um 15 Prozent und bis zum Jahr 2030 um
       mindestens 30 Prozent sinkt.
       
       Zunächst sollen Regeln für schwere Zugmaschinen und Lkws gelten, die
       schwerer als 16 Tonnen sind. Ab 2022 sollen die Regeln auf Busse und Lkws
       unter 16 Tonnen ausgedehnt werden. Vorgesehen ist, dass bei der Abrechnung
       des CO2-Austoßes Elektrofahrzeuge mithilfe eines „Super-Credit-Systems“ bis
       zu zweimal zählen. Damit will die Kommission für die Hersteller Anreize
       schaffen, mehr davon auf den Markt zu bringen.
       
       ## Bonus-Malus-System
       
       Das führt aber dazu, dass die neuen Lkws mit herkömmlichen Antrieben
       weniger CO2 sparen müssen, sagen die Grünen. Naturschutzverbände wie der
       Nabu kritisieren, dass der Kommissionsvorschlag weit hinter den technischen
       Möglichkeiten und dem klimapolitisch Notwendigen zurückbleibt. Der Nabu
       fordert eine Senkung des C02-Ausstoßes von 25 Prozent bis 2025 und
       mindestens 45 Prozent bis 2030 sowie eine verbindliche Quote für
       Elektrofahrzeuge.
       
       So weit geht das Europäische Parlament nicht, aber es hat ehrgeizigere
       Ziele als die Kommission. Die Abgeordneten fordern, dass die CO2-Emissionen
       bis 2025 um 20 Prozent und bis 2030 um 35 Prozent sinken sollen. Außerdem
       soll es keine „Super-Credits“ geben. Stattdessen will das Parlament ein
       Bonus-Malus-System: Im Jahr 2025 sollen Hersteller fünf Prozent Null- und
       Niedrigemissionsfahrzeuge verkaufen, im Jahr 2030 sollen es 20 Prozent
       sein. Bei Unterschreitung wird das Einsparziel für den Hersteller
       verschärft, bei Überschreitung abgeschwächt.
       
       Doch diesem Vorschlag schließt sich die Bundesregierung nicht an. Sie setzt
       auf den der KommissarInnen. „Die Bundesregierung unterstützt den Vorschlag
       der Europäischen Kommission hinsichtlich der Minderungsziele für 2015 und
       2030 gegenüber dem Basisjahr 2019“, schrieb Pronold in der Antwort an Kühn.
       Die Bundesregierung sei grundsätzlich auch für das Super-Credit-System.
       
       ## Verpasste Chance
       
       Die Bundesregierung verpasse die Chance, den Herstellern einen Vorsprung
       bei klimafreundlichen Fahrzeugtechnologien zu sichern, kritisiert Kühn.
       „Die mehrfache Anrechnung von Elektrofahrzeugen muss dringend gestrichen
       werden, weil sie die Einsparziele verwässert“, forderte er. „Wir brauchen
       echte CO2-Reduktionen auf der Straße und keine Rechentricks auf dem
       Papier.“
       
       Das Bundesumweltministerium erklärte, es handele sich bei der Position der
       Kommission um einen Kompromiss, den die Ministerin klimapolitisch vertreten
       könne. „Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass dieser Kompromiss noch
       in dieser Legislaturperiode kommt“, sagte eine Sprecherin. Im kommenden Mai
       finden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Die Ministerin werde
       die Position deshalb auch nicht – wie im Falle der Pkw-Emissionen – mit
       Bauchschmerzen vertreten.
       
       17 Dec 2018
       
       ## LINKS
       
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