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       # taz.de -- Steigende Schülerzahlen in Hamburg: Schulen zum Wachstum verdammt
       
       > Wegen steigender Schülerzahlen sollen Grundschulen in Altona stark
       > wachsen. Eltern, Schüler und Personalrat der Max-Brauer-Schule wehren
       > sich dagegen.
       
   IMG Bild: Sollen noch mehr werden: Grundschulkinder an der Max-Brauer-Schule
       
       Hamburg taz | Keine so gute Nikolaus-Überraschung gab es für den Elternrat
       der Max-Brauer Schule, als Schulamtsleiter Torsten Altenburg-Hack am 6.
       Dezember die Erweiterungspläne für die Grundschulabteilung vorstellte: Die
       alte Aula zur Straße hin würde abgerissen, an ihrer Stelle parallel zum
       Bahrenfelder Steindamm ein hoher Gebäuderiegel entstehen. Mit Platz für
       „zwölf zusätzliche Klassen“, Gruppenräume, Fachräume, Mensa, Lehrerzimmer
       und Sporthalle. Denn die Grundschule soll „sechszügig“ werden.
       
       „Es wurden verschiedene Szenarien vorgestellt“, berichtet
       Elternrats-Mitglied Silke Stahn. Je höher der Gebäuderiegel sei, desto mehr
       Platz gebe es dahinter auf dem verbleibenden Schulhof, sagten die
       Behördenvertreter. Doch der Platz sei jetzt schon eng, sagt Stahn.
       
       Denn die Max-Brauer-Schule ist eine „Langformschule“ von Klasse 1 bis 13.
       Auf dem Schulgelände an der Paul-Gerhard-Kirche, um das es hier geht,
       lernen heute nicht nur knapp 300 Grundschüler, sondern auch die älteren
       Schüler der 5., 6. und 7. Klassen. Da die mit dem Deutschen Schulpreis
       ausgezeichnete Lehranstalt sehr beliebt ist, hat die Schule ab Jahrgang 5
       bereits sechs Parallelklassen. Es sind also schon über 700 Kinder am
       Standort, künftig wären es knapp 1.000.
       
       Doch was sei dann mit den Rückzugsmöglichkeiten für die jüngeren Schüler,
       fragt Silke Stahn. Die Mutter kann sich nicht vorstellen, dass Grundschüler
       sich in dem mehrgeschossigen Bau zurechtfinden. Schon heute sei es sehr
       eng, zumal seit zehn Jahren Baumaßnahmen auf dem Gelände stattfinden. Das
       Konzept der Schule lebe stark von individueller Förderung. „Das wird nicht
       einfacher, wenn das System noch viel größer wird.“
       
       Die Schulleitung äußerte sich am Montag nicht. Dafür der Personalrat,
       Stefan Zelle: Die Entscheidung der Behörde, „unser System auf eine
       sechszügige Grundschule mit etwa 600 Schülern auszuweiten, halten wir aus
       pädagogischer Sicht für falsch“, sagt er.
       
       Eltern wünschten sich, dass das individualisierte Lernen und die
       persönliche Bindung erhalten bleiben. Auch könnten, wenn die Schule schon
       in Klasse eins mit sechs Zügen startet, in der 5. Klasse keine Schüler von
       außen mehr aufgenommen werden. So ein „geschlossenes System“ widerspreche
       ihrem „Leitgedanken von Vielfalt und Offenheit“, so der Personalrat. Eine
       Schule mit dann insgesamt 2.000 Schülern könne „von Kindern, Eltern und
       Lehrkräften nicht mehr überblickt werden“.
       
       Wer im März dieses Jahres auf einer Pressekonferenz von Schulsenator Ties
       Rabe (SPD) zugegen war, ahnt schon, dass diese Argumente bei den
       Schulplanern gewisses Achselzucken hervorrufen. In ganz Hamburg fehlen
       Schulplätze. Vor allem aber in Eimsbüttel und Altona gibt es mehr Kinder
       als früher, weil die Familien nicht wegziehen und weil kräftig Wohnungen
       gebaut werden.
       
       Wurden im Kerngebiet Altona 2012 noch rund 900 Erstklässler eingeschult, so
       waren es in diesem Jahr schon 1.150. Ab 2021 rechnet die Schulbehörde mit
       jährlich 1.300 bis 1.600 neuen ABC-Schützen in diesem Teil der Stadt.
       Deshalb kündigte Rabe die Gründung von drei neuen Grundschulen und die
       Vergrößerung dreier Grundschulen auf fünf Züge an. Die
       Theodor-Haubach-Schule vis-à-vis des Neubaugebiets Neue Mitte Altona soll
       gar auf sieben Züge ausgebaut werden.
       
       Die Schulen müssten eilig gebaut werden, sagt Schulbehördensprecher Peter
       Albrecht. „Die Kinder, um die es geht, sind schon geboren.“ Die Erweiterung
       der Max-Brauer-Schule ist nun eine der drei von Rabe angekündigten Schulen,
       die anderen entstehen am Krankenhaus Altona und an der Trabrennbahn.
       
       Laut Albrecht gibt es keine Alternative, auch weil die künftigen Schüler in
       der Umgebung lebten und man für „Kurze Beine, kurze Wege“ brauche. Man
       könnte höchstens direkt vor der Max-Brauer noch eine zweite Schule bauen.
       
       Auch gebe es bereits sechszügige Grundschulen an anderen Orten. Etwa an der
       Sternschanze, in Mümmelmannsberg oder Neugraben. „Das ist völlig
       unproblematisch“, sagt Albrecht. „Mir ist noch nie zu Ohren gekommen, dass
       es Probleme gibt.“
       
       ## Überall Platzmangel
       
       Doch die Verhältnisse an der Paul Gerhard-Kirche sind nun mal anders.
       „Bereits jetzt fehlt es uns in fast allen Bereichen an Platz: Für
       Unterstufe und Grundschule gibt es jeweils nur einen Pausenraum, für die
       Mittel- und Oberstufe keinen einzigen“, sagt Schülervertreter Carl von
       Bredow.
       
       Und auch an Fachräumen für Naturwissenschaften, Musik und Theater mangele
       es seit Jahren. „Mit unserer Aula würde der wichtigste Fach- und
       Veranstaltungsraum für viele Jahre wegfallen.“ Das neue Gebäude beherberge
       dann zwar Klassenräume, nehme aber den Pausenhof weg. Und Schüler Mascha
       Schonhorst verweist darauf, dass die MBS eine Ganztagsschule ist und damit
       Lebensraum für die Kinder. „Wir können es nicht hinnehmen, wenn uns hier
       noch mehr Freiheit genommen werden soll.“
       
       Aus Sicht von Silke Stahn hat die Politik es versäumt, rechtzeitig
       ordentlich zu planen. „Es gab freie Flächen in Altona, die sind jetzt alle
       verbaut.“ Es soll sogar eine Erweiterungsfläche für die MBS inzwischen mit
       Wohnungen bebaut sein. Unter Schulsenator Rabe finde seit sechs Jahren
       keine richtige „Schulentwicklungsplanung“ mehr statt, und damit auch keine
       Elternbeteiligung. So würden die Schulen nach dem Motto „teile und
       herrsche“ gegeneinander ausgespielt.
       
       ## Keine Flächen verfügbar
       
       Ein Punkt den auch die Linke unterstützt. Schulpolitikerin Sabine
       Boeddinghaus wirft Rabe einen „massiven Eingriff in die Schulautonomie“
       vor, er regiere mal wieder über die Köpfe der Eltern hinweg. „Der Senat hat
       in neuen Wohnbaugebieten keine Flächen für Schulen ausgewiesen, als würde
       es überhaupt keinen Bedarf geben“, ergänzt der Altonaer Linken-Abgeordnete
       Wolfgang Ziegert.
       
       Der Senat habe schlicht nur die billigste Lösung gewählt, sagt ein Lehrer.
       So gebe es eine Fläche an der Gasstraße nahe den S-Bahngleisen, die nur
       aufwendig vorbereitet werden müsse. „Es muss eine andere, neue Schule
       gebaut werden“, sagt auch Elternrätin Silke Stahn.
       
       Dazu sagt Behördensprecher Albrecht: „Es gibt keine Flächen, die wirklich
       zur Verfügung stünden.“ Auf einem Areal entstehe eine Kita. Und die
       Gasstraße sei ja nur 200 Meter entfernt. „Da würden wir wohl eine,
       strukturell getrennte Schule eröffnen.“ Eine „kluge Lösung“ sei eben doch,
       die jetzt schon beliebte Max-Brauer-Grundschule zu erweitern.
       
       18 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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