URI: 
       # taz.de -- Gewalt gegen Flüchtlinge in Kroatien: Im Wald außer Landes geschafft
       
       > Nach dem Auftauchen von Videos weist Kroatien Vorwürfe zurück, es bringe
       > Flüchtlinge illegal nach Bosnien. Menschenrechtler sehen das anders.
       
   IMG Bild: Mit versteckten Kameras gefilmt: Aufnahmen der umstrittenen kroatischen Maßnahmen
       
       BERLIN taz | Das kroatische Innenministerium hat [1][Vorwürfe „entschieden“
       zurückgewiesen, Flüchtlinge illegal nach Bosnien zurückzudrängen]. Bei den
       Handlungen der kroatischen Polizei unmittelbar an der grünen Grenze handle
       sich um „Einreiseverweigerung gemäß des Schengener Grenzkodex“, erklärte
       das Ministerium.
       
       Am Wochenende hatten die AktivistInnengruppe Border Violence Monitoring
       über 130 Aufnahmen [2][wie diese] von versteckten Kameras vorgelegt, die
       offenbar zeigen, wie kroatische Polizisten mit schweren Waffen Flüchtlinge
       an einem Waldstück über die Grenze zurück nach Bosnien schicken. Solche
       direkten Zurückweisungen ohne Asylverfahren sind nach EU-Recht illegal.
       
       Die Aufnahmen würden keine „Abschiebungen von Hunderten von Migranten nach
       Bosnien-Herzegowina“ zeigen, sondern zulässige „Einreiseverweigerungen“,
       heißt es in der Erklärung des kroatischen Innenministeriums. „Das ist eine
       rechtmäßige Maßnahme, welche der Grenzpolizei in den EU-Ländern zur
       Verfügung steht und wird gegen jene Personen angewendet, die versuchen
       fernab von Grenzübergängen in ein Land einzureisen“, heißt es.
       
       Zwar existiert eine entsprechende Bestimmung im Schengener Grenzkodex. Sie
       greift aber nicht, wenn Eingereiste einen Asylantrag stellen wollen. Der
       muss in jedem Fall geprüft werden. Genau das tut Kroatien schon seit Langem
       nicht, entsprechende Berichte häufen sich seit etwa zwei Jahren.
       
       ## „Schande“ für einen EU-Mitgliedsstaat
       
       Es sei eine „Schande“ für einen EU-Mitgliedsstaat, dass seine Polizei „am
       Schmuggel von Migranten beteiligt ist und sie zu illegaler Migration
       zwingt“, sagte der bosnische Sicherheitsminister Dragan Mektić am Sonntag
       dem serbischen Sender N1 Info. Bosnien habe in der Vergangenheit mehrfach
       vor diesen Praktiken gewarnt. „Wir haben Beweise dafür, dass sie Migranten
       körperlich misshandeln und schlagen.“
       
       Auch Ivan Zvonimir Čičak, der Direktor der Menschenrechtsorganisation
       Helsinki Comittee in Zagreb, sagte der taz, die Videoaufnahmen seien
       „absolut glaubhaft“. Die gezeigten Vorfälle deckten sich mit den Recherchen
       des Kommittees. Čičak sagte, er wolle mit den Innenministern von Bosnien
       und Kroatien über die Vorfälle sprechen. In Kroatien sei eine „schreckliche
       Atmosphäre gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen geschaffen worden“. Die
       meisten seien Muslime „und Muslime sind Terroristen, so stellen viele
       Medien es dar“, sagt Čičak. Den Ankommenden werde vorgeworfen, in Kroatien
       Asyl zu beantragen, um dann in andere EU-Staaten weiterzuziehen.
       
       Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte allein im ersten Halbjahr 2018 in
       Bosnien Aussagen von 1.954 Flüchtlingen dokumentiert. Alle haben angegeben,
       von der kroatischen Polizei ohne die Möglichkeit einer Asylantragstellung
       nach Bosnien zurück gedrängt worden zu sein.
       
       ## UN nimmt die Vorwürfe „sehr ernst“
       
       „Ich habe die kroatischen Behörden bereits im September nachdrücklich
       aufgefordert, die mutmaßlichen Kollektivvertreibungen aus Kroatien nach
       Serbien und Bosnien und Herzegowina und Polizeigewalt gegen MigrantInnen zu
       untersuchen“, sagte Dunja Mijatović, die Menschenrechtskommissarin des
       Europarates, der taz. Sie sei besorgt, dass Kroatien der nationalen
       Bürgerrechtsbeauftragten keinen Zugang zu Polizeiakten gewährt, um
       Ermittlungen dazu durchzuführen.
       
       „Wir kennen die Videos“, sagt der Sprecher des UN-Flüchtlingswerks UNHCR in
       Kroatien, Jan Kapic. „Die mutmaßliche Gewaltanwendung der Polizei nehmen
       wir sehr ernst. Wir haben unsere Bedenken den kroatischen Behörden
       mitgeteilt und sie aufgefordert, alle gemeldeten Fälle zu untersuchen und
       von Gewaltanwendung abzusehen.“
       
       17 Dec 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kroatien-betreibt-illegale-Push-backs/!5556569
   DIR [2] https://files.borderviolence.eu/index.php/s/EYZdTo0OeGXrCqW/download?path=%2FVideos%2FTAKE%204&files=2018_10_07_15_57.mp4
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
       ## TAGS
       
   DIR Kroatien
   DIR Flüchtlinge
   DIR Schengen-Raum
   DIR Bosnien und Herzegowina
   DIR Krieg
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Krieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Flüchtlinge auf dem Balkan: Die Alternativroute
       
       Bosnien ist erneut zum Brennpunkt der Migration geworden. Doch nur wer Geld
       hat, schafft es über die Grenze.
       
   DIR Ehrenamt trotz Ruhestand: Gegen das Schweigen ankämpfen
       
       Bosiljka Schedlich betreut seit fast 30 Jahren Kriegsflüchtlinge aus
       Ex-Jugoslawien. Auch mit 70 denkt sie nicht ans Aufhören.
       
   DIR Kroatien betreibt illegale „Push backs“: Flüchtlinge nach Bosnien gezwungen
       
       Aktivisten legen Aufnahmen vor, die erstmals belegen sollen, wie die
       kroatische Polizei Asylsuchende illegal abweist.
       
   DIR Die Gräber des Balkans: Alle unsere Toten
       
       Deutschland, Kroatien, Bosnien und Serbien: eine Reise entlang der Kriege
       des 20. Jahrhunderts im ehemaligen Jugoslawien.