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       # taz.de -- Ermordeter Journalist Jamal Khashoggi: Türkei erlässt Haftbefehle
       
       > Gegen zwei Männer aus dem engsten Kreis des saudischen Kronprinzen liegt
       > jetzt ein Haftbefehl vor. Der Vorwurf: geplanter und vorsätzlicher Mord.
       
   IMG Bild: Der saudische Journalist Jamal Khashoggi
       
       Istanbul/Washington dpa | Ein Istanbuler Gericht hat im Fall des ermordeten
       saudischen Regierungskritikers Jamal Khashoggi Haftbefehle gegen zwei
       Männer aus dem engsten Umfeld des saudischen Kronprinzen ausgestellt. Einer
       von beiden sei Saud al-Kahtani, ein Vertrauter von Prinz Mohammed bin
       Salman, wie die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch
       berichtete. Der andere Haftbefehl erging gegen den Ex-Vizechef des
       Geheimdienstes, Ahmed al-Asiri. Beide halten sich in Saudi-Arabien auf. Das
       Gericht stellte die Dokumente auf Forderung des Istanbuler
       Generalstaatsanwalts aus.
       
       Den Dokumenten zufolge, aus denen Anadolu zitiert, wirft die
       Staatsanwaltschaft den beiden prominenten Beamten „geplanten und
       vorsätzlichen Mord“ vor. Auch von „Folter“ ist die Rede. Die Männer seien
       unter denjenigen gewesen, die den Mord in Saudi-Arabien geplant hätten.
       Nachdem die Staatsanwaltschaft auf „neue Beweise“ gestoßen sei, habe sie
       die Fahndungs- und Haftbefehle ausgestellt.
       
       Die Haftbefehle sind ein weiterer Versuch der Türkei, die vollständige
       Aufklärung des Todes Khashoggis voranzutreiben. Die Türkei und
       Saudi-Arabien sind Rivalen in der Region. Außerdem nimmt es die türkische
       Regierung Riad übel, dass das Verschwinden des Regierungskritikers in der
       Türkei orchestriert worden war.
       
       Die Fahndungs- und Haftbefehle sind aber wohl eher ein politischer
       Schachzug, um den Druck auf Saudi-Arabien aufrecht zu erhalten, als ein
       aussichtsreiches juristisches Manöver. „Praktisch wird das wohl kaum ein
       Resultat bringen“, sagt der türkische Strafrechtler Murat Deha Boduroglu.
       Die Türkei werde die Fahndungs- und Haftbefehle wohl an Interpol
       weiterleiten, so Boduroglu. Aber die Betroffenen seien jetzt vorgewarnt und
       würden sicherlich bei eventuellen Reisen Rechtsstaaten meiden, in denen die
       Auslieferung drohen würde.
       
       Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte schon mehrfach
       verlangt, dass alle Tatbeteiligten in der Türkei vor Gericht gestellt
       werden müssten – Saudi-Arabien hat ein entsprechendes
       [1][Auslieferungsersuchen] aber abgelehnt und einen eigenen Prozess
       angestrengt, in dem angeblich elf Menschen angeklagt sind und fünf nach
       Willen der Staatsanwaltschaft hingerichtet werden sollen. Die Namen der
       Angeklagten sind nicht bekannt. Al-Kahtani zumindest scheint
       Medienberichten zufolge auf freiem Fuß zu sein. Nach offiziellen Angaben
       waren sowohl Al-Kahtani als auch Al-Asisi aus ihren Ämtern entlassen
       worden.
       
       Khashoggi war Anfang Oktober im saudischen Konsulat im Istanbuler
       Stadtviertel Besiktas [2][getötet] worden. Die türkischen Behörden machen
       ein aus Saudi-Arabien angereistes Mordkommando dafür verantwortlich.
       Präsident Erdogan hatte mehrfach betont, „höchste Kreise“ seien involviert.
       Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman wird aber auch international
       verdächtigt, die Tat in Auftrag gegeben oder zumindest von ihr gewusst zu
       haben.
       
       In der Nacht auf Mittwoch hatten sich auch US-Senatoren nach einem
       CIA-Briefing überzeugt gezeigt, dass der Kronprinz an dem Mord beteiligt
       war. Die beiden Republikaner Bob Corker – der Vorsitzende des Auswärtigen
       Ausschusses im Senat – und Lindsey Graham stellten sich am Dienstag in
       Washington gegen den republikanischen Präsidenten Trump. Graham sagte über
       den saudischen Kronprinzen: „Ich denke, dass er verrückt ist, ich denke,
       dass er gefährlich ist, und er hat die Beziehung gefährdet.“
       
       ## Senatoren rücken in der Sache von Trump ab
       
       Die Chefin des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, Gina Haspel, hatte am
       Dienstag eine Gruppe Senatoren hinter verschlossenen Türen über
       Erkenntnisse in dem Fall unterrichtet. Türkischen Quellen zufolge hatte der
       türkische Geheimdienst Haspel bei einem Besuch in Ankara Ende Oktober
       angeblich existierende Audioaufnahmen vom Mord an Khashoggi vorgespielt.
       Corker sagte nach dem Briefing: „Ich habe überhaupt keine Zweifel, dass der
       Kronprinz die Tötung angeordnet hat, die Tötung überwacht hat, genau
       wusste, was passierte, und es vorab geplant hat. Wenn er vor einer Jury
       wäre, würde er innerhalb von 30 Minuten schuldig gesprochen.“
       
       Graham – in anderen Punkten ein Verbündeter von Präsident Trump – sagte:
       „Es gibt null Möglichkeiten – null –, dass das in so einer organisierten
       Art passiert ist ohne den Kronprinzen.“ Graham kündigte an, keine
       Waffenverkäufe an Saudi-Arabien mehr zu unterstützen, bis die
       Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen worden sind.
       
       5 Dec 2018
       
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