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       # taz.de -- Brexit-Verhandlungen im Unterhaus: Rechtsgutachten verhärtet Fronten
       
       > Für Premierministerin May und ihren Brexit-Deal sieht es von Tag zu Tag
       > schlechter aus. Sie muss die Abgeordneten überzeugen, sonst droht
       > politisches Chaos.
       
   IMG Bild: Muss Überzeugungsarbeit leisten: Theresa May
       
       London dpa, reuters | Der Streit im britischen Parlament über das
       Brexit-Abkommen hat erneut an Schärfe zugenommen. Die Regierung musste am
       Mittwoch ein Rechtsgutachten von Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox zu dem
       Abkommen veröffentlichen, nachdem sie tags zuvor [1][mehrere
       Abstimmungsniederlagen im Parlament erlitten] hatte.
       
       Das Gutachten dürfte den Widerstand gegen das Abkommen weiter verstärken.
       Darin wird ausgeführt, dass entweder Großbritannien als Ganzes oder nur
       Nordirland möglicherweise auf unbestimmte Zeit in einer Zollunion mit der
       EU bleiben müssten, sollte kein Abkommen über das künftige Verhältnis
       zustande kommen. Beides wollen Abgeordnete im britischen Parlament
       [2][unbedingt verhindern].
       
       Der Fraktionschef der nordirischen DUP, Nigel Dodds, bezeichnete das
       Gutachten als „verheerend“. Seine Partei habe keine andere Chance als den
       Deal abzulehnen. „Die Premierministerin rennt gegen eine Wand“, sagte Dodds
       in einem BBC-Interview.
       
       Die Minderheitsregierung von Premierministerin Theresa May ist auf die
       Unterstützung der DUP angewiesen. Auch rund 100 Abgeordnete ihrer eigenen
       Fraktion haben bereits Widerstand angekündigt. Die Chancen der
       Premierministerin, bei der Abstimmung am 11. Dezember eine Mehrheit für
       ihren Deal zu bekommen, scheinen zunehmend zu schwinden.
       
       ## Eine Schlappe nach der nächsten
       
       Am Dienstag musste die Regierung noch vor dem Start der fünftägigen Debatte
       gleich drei Schlappen im Parlament hinnehmen. Neben zwei Niederlagen im
       Zusammenhang mit dem Rechtsgutachten des Generalstaatsanwalts, verlor die
       Regierung auch eine Abstimmung über das weitere Verfahren. Sollte der Deal
       kommende Woche durchfallen, hätte das Parlament nun das Recht, das weitere
       Vorgehen mitzugestalten.
       
       Großbritannien wird die EU [3][voraussichtlich am 29. März 2019 verlassen].
       Das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen sieht eine Übergangsphase bis
       mindestens 2022 vor, in der zunächst alles beim Alten bleibt und eine neue
       Beziehung ausgehandelt werden kann.
       
       Das oberste EU-Gericht entscheidet am kommenden Montag über die Möglichkeit
       eines britischen Rückziehers beim geplanten EU-Austritt. Das Urteil werde
       am 10. Dezember fallen, teilte der Europäische Gerichtshof am Donnerstag in
       Luxemburg mit (Rechtssache C-621/18). Das oberste schottische Zivilgericht
       hatte den EuGH um eine Bewertung gebeten, ob Großbritannien den
       Brexit-Antrag einseitig zurückziehen und das Austrittsverfahren damit
       stoppen könnte.
       
       Ein wichtiger EU-Gutachter hatte unlängst erklärt, aus seiner Sicht könnte
       Großbritannien dies noch selbstständig stoppen, also ohne Zustimmung der
       übrigen EU-Staaten. In der Mehrzahl der Fälle richten sich die Luxemburger
       Richter nach diesen Gutachten.
       
       ## Politisches Chaos droht
       
       Die Entscheidung fällt damit einen Tag vor einer wichtigen Abstimmung in
       London. Das Parlament wird dort am 11. Dezember über das von
       Regierungschefin Theresa May und den übrigen 27 EU-Staaten vereinbarte
       Brexit-Abkommen abstimmen. Bislang zeichnet sich keine Mehrheit dafür ab.
       
       Sollte das Abkommen abgelehnt werden, droht politisches Chaos in
       Großbritannien. Ein EU-Austritt ohne Abkommen mit drastischen Folgen für
       die Wirtschaft und viele weitere Lebensbereiche kann dann nicht
       ausgeschlossen werden. Auch eine Neuwahl oder ein zweites Brexit-Referendum
       scheinen möglich.
       
       Die Opposition fordert von May, den Brexit-Deal noch einmal neu zu
       verhandeln. Doch das schließen sowohl die Regierung in London als auch
       Brüssel aus. „Der einzige Weg, um ein Szenario ohne Abkommen zu verhindern,
       ist den Deal zu akzeptieren“, sagte May am Mittwoch im Parlament.
       
       6 Dec 2018
       
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