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       # taz.de -- taz-Recherche zu rechtem Netzwerk: Hannibals Verein
       
       > Soldaten und Polizisten, die sich in rechten Chats austauschten, sind
       > auch im Verein Uniter aktiv. Dieser baut eine Kampfeinheit auf.
       
   IMG Bild: Was passiert im Dunkeln von Uniter e.V.? Dort sind auch Elitesoldaten der Bundeswehr organisiert. (Einfärbung: taz)
       
       Mosbach/Sindelfingen/Berlin taz | An einem Wochenende im Juni 2018 bezieht
       ein Mann namens André S. Zimmer 123 im ersten Obergeschoss des Gebäudes 13
       auf einem alten Kasernengelände im badischen Mosbach. Draußen türmen sich
       Schuttberge, abgebrannte Autos stehen zwischen Betonbrocken, drumherum
       Ruinen, und das soll so. Auf diesem Gelände können sich Gruppen von
       Rettungssanitätern, des Technischen Hilfswerks oder Polizeistaffeln auf
       besondere Einsatzlagen vorbereiten. Die Szenarien: Erdbeben, Attentate,
       Amok. Auch André S. ist mit 24 anderen Männern aus ganz Deutschland
       angereist, um hier zu trainieren.
       
       Der Gastgeber, der Bundesverband Rettungshunde, weiß damals im Sommer noch
       nicht, dass es sich bei dieser Gruppe um Mitglieder von Uniter e. V.
       handelt, einem Verein, der unter anderem Elite-Soldaten, Polizisten aus
       verschiedenen Bundesländern und Personenschützer miteinander vernetzt. Ein
       Privatunternehmen hat den Platz gebucht. Offiziell, um Ersthelfer zu
       trainieren, Verwundete nach einem Bombenattentat zu versorgen, sie aus
       Straßenbahntrümmern zu bergen.
       
       Was der Gastgeber auch nicht weiß: Unter den 25 Teilnehmern sind eine
       Handvoll Männer, die gekommen sind, um mit Waffen zu trainieren. Sie
       bezeichnen sich als „Defence“. Ihr Ausbilder: André S., ein früherer Soldat
       des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr. Auch bekannt als Hannibal.
       
       Im November veröffentlichten wir in der taz einen [1][Text unter dem Titel
       „Hannibals Schattenarmee“], in dem wir beschrieben, dass S. alias Hannibal
       daran arbeitet, ein Netzwerk aufzubauen, in dem sich Soldaten, Polizisten,
       Behördenvertreter vernetzen, die befürchten, dass der Staat im Falle einer
       Katastrophe die öffentliche Ordnung nicht aufrechterhalten kann. Sie
       organisierten sich in Chatgruppen, die es heute nicht mehr gibt, bei
       persönlichen Treffen, mithilfe des Vereins Uniter. In diesen Gruppen, so
       schrieben wir damals, finden auch Rechtsextremisten ihren Platz. Darunter
       drei Männer, denen die Bundesanwaltschaft vorwirft, dass sie die Tötung von
       Politikern, Aktivisten, Menschen aus dem sogenannten linken Spektrum
       planten. Es geht um Terror.
       
       Nach unserer Veröffentlichung laden der Verteidigungs- und der
       Innenausschuss im Bundestag Vertreter der deutschen Nachrichtendienste vor
       und fragen die Bundesanwaltschaft, was sie über das Netzwerk wissen. Das
       Parlamentarische Kontrollgremium, das für die Kontrolle der
       Nachrichtendienste zuständig ist, lässt sich Akten liefern, will wissen,
       warum weder der Militärische Abschirmdienst noch der Verfassungsschutz
       früher eingegriffen haben. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel wird im
       Plenum des Bundestags befragt. Im politischen Berlin hat die Aufklärung
       begonnen.
       
       Wir wollen in der Zwischenzeit einem Strang der Geschichte genauer
       nachgehen und die Rolle des Vereins Uniter klären, denn über diesen ist den
       Sicherheitsbehörden bisher wenig bekannt. Die Bundesanwaltschaft hat zwar
       einen Prüfvorgang angelegt, musste aber kürzlich im Bundestag zugeben, dass
       sie nicht genau weiß, wer dort Mitglied ist. Der MAD gibt an, nicht für
       Organisationen zuständig zu sein, sondern nur für einzelne Soldaten.
       
       In offiziellen Stellungnahmen bestreitet Uniter, dass es eine Verbindung
       zwischen dem Verein und den Chatgruppen gibt. Unsere Recherchen aber
       belegen: André S., Mitgründer, Vorstandsmitglied und Kopf von Uniter, war
       unter seinem Pseudonym Hannibal auch derjenige, der die Mitglieder der
       Chatgruppen mit vermeintlichen Lagebildern aus dem Innern der Bundeswehr
       versorgt hat. So berichten es mehrere frühere Chat-Mitglieder und so gab es
       André S. selbst in einer BKA-Vernehmung zu.
       
       Aber Hannibal ist nicht der Einzige. Heute wissen wir, dass mindestens ein
       Dutzend der früheren Chat-Mitglieder auch bei Uniter aktiv ist oder war:
       aktuelle oder ehemalige Elitesoldaten, viele vom KSK, aktuelle oder
       ehemalige Polizisten. Das geht aus Mitgliederlisten des Vereins hervor, die
       der taz vorliegen, aus Ermittlungsunterlagen und anderen Quellen. Was in
       den Gesprächen mit Beteiligten oft auffällt: Sie unterscheiden nicht
       zwischen den Uniter-Strukturen und den Chatgruppen; für sie ist beides
       eins.
       
       Bei Uniter ist in diesen Wochen viel los. Uniter, das ist ein Verein, den
       André S. 2012 in Halle gegründet hat und bis heute führt. Seine Juristen
       verschicken Briefe, um gegen die Berichterstattung vorzugehen. Ein Mitglied
       verlangt von den anderen, in sozialen Medien keine Fotos mehr zu posten,
       auf denen das Uniter-Logo zusammen mit Waffen oder „martialischen
       Darstellungen“ auftaucht. Und ein weiterer Aufruf dringt aus Vereinskreisen
       zu uns: Wer Verräter identifiziert, die mit Außenstehenden sprechen, dem
       wird eine Belohnung versprochen. 5.000 Euro heißt es zunächst, später hören
       wir von der doppelten Summe.
       
       Uniter ist gerade bemüht, seine karitative Seite zu präsentieren. Sie
       starten eine Weihnachtsaktion für Hilfsbedürftige. Und als am 19. Dezember
       2018 Menschen am Berliner Breitscheidplatz der Opfer gedenken, zwei Jahre
       nach dem Terroranschlag, legt eine Delegation des Vereins einen Kranz
       nieder. Das Uniter-Logo, Kreuz und Schwert, umrankt von Eichenlaub, ist auf
       die Schleife gedruckt, „in stiller Trauer“.
       
       Nach zahlreichen Gesprächen mit aktiven und ehemaligen Vereinsmitgliedern
       und mithilfe interner Vereinsunterlagen können wir erstmals zeigen: Neben
       den karitativen Einsätzen wird bei Uniter daran gearbeitet, eine
       Kampfeinheit aufzubauen – die „Defence“.
       
       ## Die Mitglieder
       
       Anruf bei einem Vorstandsmitglied. Der Mann handelt mit Immobilien, er ist
       spezialisiert auf Hotels. Bis vor Kurzem noch wurde sein Name auf der
       Website des Vereins als Ansprechpartner genannt. Wir sagen am Telefon, dass
       wir gerne über Uniter sprechen würden. Er antwortet: „Da kann ich Ihnen
       nicht viel sagen.“ Wir fragen: „Sind Sie nicht mehr Mitglied?“ Antwort:
       „Wenn ich das wüsste.“
       
       Ähnliches wiederholt sich bei dem früheren Mitarbeiter eines
       CDU-Landtagsabgeordneten in Baden-Württemberg, der inzwischen promoviert.
       Auch er ist als Vorstand eingetragen, bis heute, trotzdem sagt er: „Ich
       durchschaue das nicht mehr, ich will nicht dafür haftbar gemacht werden.“
       Er legt uns ein Schreiben vor, aus dem hervorgeht, dass er bereits im
       Frühjahr 2017 ausgetreten ist.
       
       Der Verein möchte auf Anfrage nicht mitteilen, wer derzeit den Vorstand
       bildet.
       
       Die meisten aktuellen oder ehemaligen Mitglieder sind erst dann bereit, mit
       uns zu sprechen, wenn wir zusichern: Niemand erfährt, dass das Gespräch
       stattgefunden hat. Für mindestens eine Handvoll Mitglieder führt die
       Mitgliedschaft zu Hausdurchsuchungen und Ermittlungen des BKA – auch bei
       Mitgliedern, die in Uniter nur die Kameradschaft suchten, die sie aus ihren
       früheren Berufen kannten.
       
       Uniter e. V., eingetragen unter der Nummer 3423 am Amtsgericht in Stendal,
       wurde 2012 auch gegründet, um Soldaten des Kommandos Spezialkräfte, einer
       Eliteeinheit der Bundeswehr, die im baden-württembergischen Calw
       stationiert ist, versichern zu können. Denn das ist schwierig für eine
       Berufsgruppe mit einem so hohen Berufsrisiko. André S. berät sich mit einem
       Versicherungsfachmann, den er aus seiner Freimaurer-Loge in Halle kennt.
       Der schlägt vor, einen Verein zu gründen und darüber die Versicherung
       abzuwickeln. So entsteht Uniter das erste Mal.
       
       Dann beginnt der Ärger. Weil einer aus der Gründungsgruppe früher bei der
       Stasi war, zerstreitet sich das Gründungsteam.
       
       André S. macht trotzdem weiter. Er spricht von einer Akademie, gründet mit
       seiner Frau eine Firma, die medizinische Trainings anbieten soll, plant,
       Kaffee zu verkaufen. Er möchte Geld verdienen. Es ist das Jahr 2015, die
       Zeit, in der die Zahl der Geflüchteten in Deutschland steigt und S. auch
       Chatgruppen im Messenger Telegram gründet. Darin sollen sich Prepper
       austauschen; Prepper, der Begriff kommt vom englischen „to prepare“, das
       sind Menschen, die Vorräte anlegen, um sich auf einen „Tag X“
       vorzubereiten. Den Tag der Katastrophe. Die wollen sie überleben.
       
       S. warnt in diesen Chats vor den Russen auf der Krim, islamistischen
       Terroranschlägen und den vielen Flüchtlingen. In einer geschäftlichen
       E-Mail schreibt er damals: „Da die Gewalt und die Gefahren deutlich
       zunehmen und auch bei uns vor der Haustür präsent sind“, liege sein
       Schwerpunkt gerade „auf Projekten wie Gated Communities etc.“.
       
       In den Chatgruppen verabreden sie sichere Rückzugsorte, sogenannte
       Safe-Houses, also Orte, an denen sich Eingeweihte treffen, sollte die
       Ordnung zusammenbrechen; sie planen, wie sie sich immer weiter nach Süden
       durchschlagen wollen. André S. gliedert diese Chat-Gruppen so wie heute
       auch seinen Verein und nennt diese Untergruppen Distrikte: Nord, Süd, West,
       Ost, Österreich und Schweiz. Darin: aktive Soldaten und Reservisten,
       Kriminalpolizisten, SEK-Beamte, Anwälte, Feuerwehrleute.
       
       In den Chats hatte es Platz gegeben für rechtsextreme Ideen. Im Nord-Chat
       waren Männer Mitglied, die geplant haben sollen, Politiker, Aktivisten,
       Menschen aus dem linken Spektrum am Tag X festzusetzen und zu töten. Die
       Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen zwei Tatverdächtige dauern bis
       heute an. Im Süd-Chat war auch Franco A. Mitglied, der Bundeswehrsoldat,
       der sich mutmaßlich als syrischer Flüchtling ausgab und so Attentate
       geplant haben soll. Er soll Waffen besessen haben. Einmal soll er bei einem
       Uniter-Treffen gefragt haben, ob ihm ein Waffenteilehändler denn auch
       Waffen besorgen könne. Ein anderes Mal ist er bei André S. zu Hause. Als
       Franco A. im Frühjahr 2017 festgenommen wird, weist André S. an, die Chats
       zu schließen.
       
       Im Sommer 2016 gründet André S. Uniter noch einmal neu, dieses Mal in
       Stuttgart, er sucht sich einen neuen Vorstand. Der alte Verein ist bis
       heute registriert. Wen wir auch fragen: Eine Erklärung hat dafür niemand.
       
       S. hat Großes vor, sucht im Internet nach Investoren. „Unsere Investments
       starten bei 10 Millionen und reichen bis in den Milliardenbereich“,
       schreibt er auf LinkedIn und erzählt beispielsweise von einer Investition
       in eine PET-Recycling-Fabrik in den Emiraten in Höhe von 14,4 Millionen
       Euro. Davon hört man dann nichts mehr, wie von vielen seiner Ideen.
       
       2017 wird der ganze Verein schließlich Mitglied in der Lazarus-Union, einer
       Organisation in Österreich, die mit Ritterorden verbandelt ist, neue
       Mitglieder in Umhänge hüllt und mit Schwertern segnet. Uniter wird immer
       diffuser, immer mysteriöser, Mitglieder können in sogenannte Grade
       aufsteigen, dafür müssen sie fechten lernen oder reiten; sie halten
       einander über Geheimbünde Vorträge. Es gibt ehemalige Mitglieder, die uns
       beschreiben, wie Neulinge mit Kapuzen über dem Kopf in Freimaurer-Tempel
       geführt wurden, von Ritualen im Fackelschein.
       
       In allen Distrikten laden sie Neugierige zu Workshops ein, zum Beispiel zum
       Messerkampf. Immer geht es darum, sich als Einheit zu begreifen. Der Feind,
       das sind die anderen. Wir sind in eins verbunden. Uniter.
       
       Vielen erscheint das seltsam, sie steigen aus. Unter ihnen kursiert heute
       ein Begriff: Sekte. Es bleibt ein harter Kern, der sich daran nicht stört.
       
       ## Die Medical Response Unit
       
       Es ist am 17. Juni dieses Jahres, als etwa 20.000 Menschen das
       Fußball-WM-Spiel Deutschland-Mexiko auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg
       schauen. In orangefarbenen Sanitäterjacken stehen an diesem Tag einige
       Männer am Rande und beobachten das Szenario.
       
       Auf ihren Oberarmen: das Emblem von Uniter. Wenn etwas passiert, können sie
       helfen: falls sich betrunkene Fußballfans prügeln, falls der Kreislauf
       kollabiert.
       
       Diese Männer gehören zur sogenannten Medical Response Unit von Uniter,
       kurz: MRU. Es ist ihr erster Auftrag.
       
       Sie sind eigentlich auf andere Szenarien spezialisiert: Wie versorgt man
       Verwundete im Falle eines Attentats, wenn der oder die Täter noch um sich
       schießen? Wie birgt man Opfer aus einem Gefechtsfeuer?
       
       Es ist ein Geschäftsfeld, so glauben sie bei Uniter, das sich besetzen
       ließe. Und Geschäfte sind wichtig, erst recht für André S., der das KSK
       inzwischen verlassen hat.
       
       Nur wenige Tage nach dem Einsatz in Hamburg treffen sich die Männer in
       Mosbach, es ist ihr erstes richtiges Training als MRU. Es ist das
       Wochenende im Juni 2018, an dem André S. Zimmer 123 in Gebäude 13 bezieht.
       
       Für das Abschlussfoto jenes Trainings posieren vermummte Männer in
       militärischer Ausrüstung, manche in Fantasieuniformen, umgeben von
       Trümmern, auf einem Buswrack. Hinter ihnen steigen Rauchschwaden auf.
       
       Die Mitglieder der MRU werden für August 2018 noch einmal auf einen
       Schießplatz bei Ulm eingeladen. Auf dem Programm steht: Schießen zu zweit,
       während zwei Medics einen Verwundeten versorgen. Oder auch: Der Medic
       schießt, während er den Verwundeten birgt. Das Training soll ein Ehemaliger
       des KSK anleiten. So jedenfalls stand es damals in der Einladung, die wir
       einsehen konnten.
       
       ## Die private Wirtschaft
       
       Wir wissen heute: Ein leitender Mitarbeiter des Rüstungsunternehmens Diehl
       Defence ist Uniter-Mitglied und macht auf Facebook Werbung für den Verein.
       Während der Recherche erfahren wir, dass Uniter an einem Sicherheitskonzept
       gearbeitet haben soll, um Mitarbeiter der Firma für eine Reise nach
       Saudi-Arabien zu beraten.
       
       Auf unsere Anfrage an Diehl Defence, ob das denn zutreffe, antwortet der
       Pressesprecher: Es gebe keine Zusammenarbeit mit Uniter. Auf die Rückfrage,
       ob es in der Vergangenheit eine Zusammenarbeit gegeben habe, kommt die
       gleiche Antwort nochmal.
       
       Auch der Personenschützer des Deutschen Fußball-Bundes, der seit Jahren die
       Nationalmannschaft begleitet, war im Uniter-Verein aktiv. Seine Firma
       verweist in sozialen Medien auf Uniter. Er sei aber zügig wieder
       ausgetreten, sagt er.
       
       Der ehemalige Sicherheitschef des Autovermieters Sixt ist im Verein aktiv.
       Im November hat sich das Unternehmen von ihm getrennt.
       
       ## Die „Defence“
       
       Das entscheidende Training in Mosbach allerdings, das war ein Training von
       Uniters Kampfeinheit, der „Defence“. Davon erfahren die Betreiber des
       Übungsplatzes in Mosbach erst im Dezember 2018, im Zusammenhang mit den
       Recherchen der taz: Dass an jenem Wochenende Ende Juni 2018, als die
       Mitglieder der MRU von Uniter in Mosbach auf dem Gelände sind, auch eine
       andere Einheit auf ihrem Gelände trainiert. Es sind Mitglieder der
       sogenannten Defence-Einheit von Uniter. Die „Defence“, so hatten es uns
       mehrere ehemalige Mitglieder erzählt, sei nur ein Gedankenspiel von André
       S.
       
       Bis sich jemand bei uns meldet und sagt: Es gibt die „Defence“. Er habe sie
       gesehen. Später erhalten wir ein Foto, darauf Männer in Camouflage, die
       hinter André S. stehen, bewaffnet.
       
       Wir fragen mehrere Sachverständige, ob die verschiedenen Gewehre, die die
       Männer auf dem Foto tragen, auch Nachbildungen sein könnten. Einer sagt:
       „Das sind auf jeden Fall echte, scharfe Waffen.“ Ein anderer sagt, es
       könnten auch „sehr, sehr gute Airsofts sein“, hält es aber für sehr
       wahrscheinlich, dass es sich um scharfe Waffen handelt: eine Schmeisser
       AR15 vielleicht, eine andere eine G36 oder die zivile Variante SL8. Die
       Art, wie die Männer die Waffen halten, deute auf einen professionellen
       Hintergrund hin. Wer sich genau hinter der „Defence“ verbirgt und wie viele
       Mitglieder sie hat, konnten wir nicht abschließend klären.
       
       Vor Ort überprüfen wir, ob das Foto auch wirklich in Mosbach entstanden
       sein kann – und finden die Stelle, an der André S. und seine „Defence“
       posierten.
       
       Der Verein teilt auf Anfrage mit, dass es sich bei dem Training um einen
       Selbstverteidigungskurs gehandelt habe. Dort seien Waffenattrappen
       eingesetzt worden.
       
       Selbst wenn die Gewehre harmlose Nachbauten wären: Ohne ausdrückliche
       Genehmigung dürften auch Nachbildungen auf dem Trainingsgelände nicht
       getragen werden. Und die Uniter-Leute haben in Mosbach nicht einmal danach
       gefragt.
       
       Die Frage, ob es eine Defence-Gruppe innerhalb von Uniter gibt und was sie
       ausmacht, ist eine zentrale Frage, wenn es um die Rolle und Bedeutung
       dieses Netzwerkes geht. Wozu braucht ein privater Verein, der organisiert
       ist wie eine Sekte, und dessen Mitglieder Zugang zu Waffen, Kasernen und
       sicherheitsrelevanten Bereichen haben, ein eigenes Verteidigungskommando?
       Und: Wenn der Verein eigene Kampftrainings anbietet und eine eigene
       Kampfeinheit unterhält – ist das dann nicht ein paramilitärischer Arm?
       
       Als wir von einem leitenden Mitarbeiter des Trainingscenters in Mosbach,
       Jürgen Schart, wissen wollen, ob außer der MRU noch weitere Gruppen von
       Uniter im Juni bei ihm trainiert hatten, fragt er bei der Firma Opcon nach.
       Die bestätigt: Die Defence-Abteilung sei dabei gewesen und habe die
       verschiedenen Arten geübt, eine Waffe zu halten.
       
       In einer Chat-Nachricht schreibt Schart an einen, der mit den Vorgängen
       betraut ist: „Das ist, wenn man es realdefinitorisch betrachtet, der Beweis
       / Nachweis dafür, dass André S. [Name von der Redaktion abgekürzt] eine
       paramilitärische Ausbildung durchgeführt hat.“
       
       Dieser antwortet: „Ja, so würde ich das auch betiteln.“
       
       Vor diesem Hintergrund bekommt auch ein Facebook-Post eine neue Bedeutung,
       den Uniter am 21. Oktober 2018 auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht,
       sie verwenden darin dieses Wort: „Kommandopipeline“. Das ist ein Begriff,
       der im KSK bei der Bundeswehr benutzt wird und der die Ausbildung eines
       Kommandosoldaten meint. Das erste Training, heißt es in dem Post, hätten
       alle bestanden. Die Kommandoausbildung könne nun beginnen.
       
       „Zu welchem Zweck“, fragt Jürgen Schart, „müssen Zivilisten eigene
       Kommandosoldaten ausbilden?“
       
       Schart wendet sich schließlich ans Innenministerium in Baden-Württemberg
       und meldet den Vorgang. Auf Anfrage der taz heißt es von dort: Der Verein
       Uniter sei bereits im Zusammenhang mit Franco A. überprüft worden, es seien
       jedoch keine rechtsextremistischen Bezüge festgestellt worden.
       
       In informellen Gesprächen sind aus dem Innenministerium Sätze wie diese zu
       hören: Man könne doch nicht jeden Käse bewerten. In einem Brief an das
       Trainingscenter begrüßt es ein Mitarbeiter des Ministerium trotzdem
       ausdrücklich, dass die Leute in Mosbach die Zusammenarbeit mit Uniter
       aufgekündigt haben. Ab kommenden Jahr sollen dort auf dem Gelände
       Landespolizisten für Terroreinsätze trainieren.
       
       Wir finden einen ehemaligen KSK-Soldaten, der angibt, André S.
       mitausgebildet zu haben. Er erzählt: André S. habe ihn einst für Uniter
       werben wollen – für einen „Pakt der Wölfe“. Was den Ex-Soldaten schon
       damals umtreibt: Wozu benötigt das Netzwerk eines zu diesem Zeitpunkt noch
       aktiven Soldaten eigene, militärische Strukturen?
       
       Seitdem ist viel Zeit vergangen.
       
       Auf Anfrage lassen Uniter e.V. und André S. mitteilen, weder habe es einen
       „Pakt der Wölfe“ bei Uniter e.V. gegeben, noch sei S. in einem solchen
       Mitglied.
       
       Wer heute bei Uniter die Eignungsprüfung für die Kommandoausbildung
       besteht, erhält ein Abzeichen. Darauf zu sehen: ein Wolf, der seine Zähne
       fletscht.
       
       21 Dec 2018
       
       ## LINKS
       
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       Der Verein Uniter e.V. bildet Zivilisten in Militärtaktik aus. Ein
       Verfassungsschutz-Mitarbeiter hat ihn mitgegründet.
       
   DIR Gemeinnützigkeit des Vereins Uniter: Hannibals Spendenquittung
       
       Den Spendenmarsch steuerlich absetzen: Das Finanzamt hält den dubiosen
       Hannibal-Verein Uniter für gemeinnützig.
       
   DIR Rechtsextremismus in der Bundeswehr: Hitlergrüße aus dem KSK
       
       Das Verteidigungministerium räumt rechtsextreme Vorfälle in der Elitetruppe
       ein, aber keine Rechtsextremen.
       
   DIR Rechtsextremismus in der Armee: „Die Generalität ist ohne Ehre!“
       
       Der Wehrbeauftragte dokumentiert in seinem Jahresbericht rechte Vorfälle in
       der Bundeswehr. Die Linkspartei bemängelt eine Lücke.
       
   DIR Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: MAD ermittelt weiter im Fall Franco A.
       
       Die Bundesregierung hat Verbindungen des Rechtsextremisten Franco A. zur
       „Prepper“-Szene bestätigt.
       
   DIR Rechtsextreme Demo in Fulda: Fackelmarsch der Neonazis
       
       Rechtsextreme instrumentalisieren die Toten der alliierten Bombenangriffe
       in Fulda. Am 16. Februar ist ein weiterer Fackelmarsch geplant.
       
   DIR Straftaten in der Bundeswehr: KSK-Soldaten unter Verdacht
       
       Verfassungsfeindliche Symbole, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch: In
       mindestens sechs Fällen ermitteln Staatsanwälte gegen Elitesoldaten.
       
   DIR Feindeslisten von rechtem Netzwerk: „Enorm hohe Gefahr“
       
       Nach taz-Recherchen zum rechten Netzwerk: Opferverbände fordern die Polizei
       auf, Betroffene zu informieren, die auf Feindeslisten stehen.
       
   DIR Rechtsextreme in der Bundeswehr: Opposition will mehr Aufklärung
       
       Der Bundestag befasst sich mit einer taz-Recherche. Das Verhalten der
       Regierung finden viele höchst befremdlich.
       
   DIR Bundeswehr-Enthüllungen der taz: Rechtsextreme Soldaten unterm Radar
       
       Die taz legte ein rechtes Netzwerk in der Bundeswehr und in Behörden offen.
       Die politisch Verantwortlichen reagieren darauf bisher nur mit Schweigen.
       
   DIR Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Hannibals Schattenarmee
       
       Er ist der Kopf eines bundesweiten Untergrundnetzwerkes – mit besten
       Verbindungen in deutsche Behörden.