URI: 
       # taz.de -- Vorwürfe gegen Lüneburger Vermieter: Geflüchtete übers Ohr gehauen?
       
       > In Lüneburg zahlt ein Vermieter Geflüchteten ihre Mietkaution nicht
       > zurück, obwohl diese längst ausgezogen sind. Die Staatsanwaltschaft
       > ermittelt.
       
   IMG Bild: Unzumutbare Wohnumstände: Im August ließ das Ordnungsamt das Haus räumen
       
       Lüneburg taz | Seit eineinhalb Jahren schon sind fünf junge Geflüchtete aus
       einem Haus in Lüneburg ausgezogen, ihre Kaution allerdings haben sie bis
       heute nicht zurück. „Der hat mich und meine fünf Afghanen richtig
       eingeseift“, sagt Monika Bösmann, ehemalige Lehrerin aus Lüneburg über den
       damaligen Zimmervermittler.
       
       Bösmann gibt seit 2015 Deutschunterricht in einer Geflüchtetenunterkunft in
       Lüneburg. Fünf ihrer Schüler hatten sich Zimmer in besagtem Haus besorgt.
       Anfangs schien der Vermieter ein besonders engagierter Mensch zu sein, doch
       nach und nach stellte sich heraus, wie er die Afghanen übers Ohr haute.
       Nach wenigen Monaten zogen sie nach nicht eingehaltenen Versprechen
       entnervt aus und nun fürchten sie sogar, dass sie ihre gezahlte Kaution von
       jeweils knapp 1.000 Euro nicht wiedersehen. Ein eingeschalteter Anwalt
       sieht darüber hinaus den Tatbestand der Untreue erfüllt.
       
       „Die Jungs stottern noch immer jeden Monat das Geld für die Kaution ab, das
       vom Amt vorgelegt wurde“, sagt Bösmann. Beim Einzug im Frühjahr 2016
       verlangte der Vermieter das Geld, das vom Sozialamt vorgestreckt wurde. Das
       wiederum müssen die fünf Afghanen nun monatlich zurückzahlen. Ob sie das
       Geld irgendwann zurückbekommen, ist nach derzeitigem Stand
       unwahrscheinlich.
       
       Der Vermieter reagiert nicht mehr auf Anschreiben. Zudem: „Das betrifft
       sicherlich nicht nur die fünf, denen ich helfe, das Geld zurückzuerhalten“,
       sagt Bösmann. Denn in dem Haus, das in Lüneburg mittlerweile gar als
       „Horrorhaus“ bekannt ist, haben zwischen 2015 und 2018 noch mehr
       Geflüchtete gewohnt. Offenbar habe der Vermieter die Masche immer wieder
       abgezogen.
       
       ## Unzumutbare Wohnumstände
       
       Von außen betrachtet macht das in Lüneburgs Altstadt gelegene Haus im
       schmucken hellgelben Ton einiges her. Innen jedoch waren die Wohnumstände
       eher unzumutbar. Die Vernachlässigung des Besitzers beim Brandschutz sorgte
       sogar dafür, dass das Ordnungsamt im vorigen August das Haus komplett
       räumen ließ: Zu groß war die Sorge, dass bei einem Brand das gesamte
       Viertel gefährdet wäre.
       
       Das Haus wurde versiegelt und steht immer noch leer. „Sollte das Haus
       wieder zum Wohnen vermietet werden, müsste uns der Eigentümer ein Konzept
       vorlegen, wie er das Gebäude wieder bewohnbar machen will“, sagt Suzanne
       Moenck, Sprecherin der Stadt.
       
       Die Situation ist kompliziert: Die Männer haben die Zimmer nicht beim
       Eigentümer des Hauses, sondern bei dem Mann angemietet, der als
       Zimmervermittler auftrat. An ihn haben sie die Kaution gezahlt, auf die sie
       nun seit anderthalb Jahren warten. Nicht nur, dass er es nicht zurückzahlt,
       auch hat er aus Sicht des Anwalts den Tatbestand der Untreue erfüllt. Die
       Kaution wurde auf sein Konto überwiesen, er hätte das Geld aber getrennt
       vom restlichen Vermögen anlegen müssen. Auch dagegen wird ermittelt.
       
       ## Neues Gesetz in Beratung
       
       Dabei läuft bereits ein Ermittlungsverfahren gegen den Zimmervermittler.
       Dies hatte die Lüneburger Polizei in Absprache mit der Staatsanwaltschaft
       eingeleitet, nachdem die Lüneburger Landeszeitung über Betrugsvorwürfe
       berichtet hatte. Für Bösmann ist der Fall empörend: „Weil es hier arme
       Menschen sind, die betrogen werden“, sagt sie. Deshalb vermittelte sie den
       fünf Betroffenen einen Anwalt.
       
       Nun ist der Fall bis ins niedersächsische Landesparlament vorgedrungen.
       Denn dort wird noch immer über ein künftiges Wohnraumschutzgesetz in der
       Großen Koalition beraten, das einerseits die Zweckentfremdung von Wohnungen
       untersagen, andererseits auch Kommunen ein Zugriffsrecht bei unzumutbaren
       Wohnverhältnissen ermöglichen soll.
       
       Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge forderte den Landtag schon im
       Sommer auf, das Gesetz auf den Weg zu bringen. Denn dann hätten die
       kommunalen Ordnungsämter eine größere Handhabe gegen Vermieter von
       eigentlich unbewohnbaren Häusern. Und somit hätten die Behörden schon vor
       Einzug besser prüfen können, ob von einer Anmietung eher abgeraten werden
       solle.
       
       Nur: Bei der Rückforderung der Kaution sind Bösmann und ihre fünf Afghanen
       auf sich gestellt. Sie haben nun Prozesskostenhilfe beantragt. „Ich habe
       versprochen, alles zu versuchen, dass sie ihr Geld zurückbekommen“, sagt
       Bösmann.
       
       12 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR André Zuschlag
       
       ## TAGS
       
   DIR Geflüchtete
   DIR Vermieter
   DIR Betrug
   DIR Wohnraum
   DIR Unterkunft
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Afghanische Flüchtlinge
   DIR Flüchtlinge in Niedersachsen
   DIR Flüchtlinge
   DIR Geflüchtete
   DIR Miete
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Prozessauftakt in Hildesheim: Geld gemacht mit Geflüchteten
       
       Dass sich mit der Unterbringung von Geflüchteten Geld machen lässt, ist
       bekannt. Die Dimensionen, um die es in einem Prozess geht, lassen aber
       aufhorchen.
       
   DIR Kolumne Im Augenblick: Hauptsache ein Zimmer, egal wie
       
       In vielen deutschen Städten mangelt es an Wohnungen. Bei der Wohnungssuche
       als Geflüchteter dann auch noch diskriminiert zu werden, ist hart.
       
   DIR Geräumtes Gebäude in Dortmund: Das Haus ohne Hüter
       
       753 Menschen hatten einmal ein Zuhause, bis sie es wegen Brandgefahr
       überstürzt räumen mussten. Und der Vermieter? Kümmert sich um nichts.
       
   DIR Bürokratie und Flüchtlinge: Amt verursacht Wohnungsnot
       
       Flüchtlinge, die eine Wohnung finden, müssen zu lange auf die Überweisung
       von Miete und Kaution warten, kritisiert der Flüchtlingsrat. Viele
       Vermieter sprängen deshalb ab.