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       # taz.de -- Schwarz-Grün in Hessen: „Koalitionsvertrag strotzt vor Ideen“
       
       > Mehr Polizei und Professoren, aber auch mehr Rad- und Schienenwege: In
       > Hessen haben CDU und Grüne ihr Pläne für die nächsten Jahre vorgestellt.
       
   IMG Bild: Volker Bouffier (CDU) und sein starker grüner Stellvertreter Tarek Al-Wazir (r.)
       
       Wiesbaden taz | Festtagsstimmung verbreiteten Hessens Ministerpräsident
       Volker Bouffier (CDU) und sein grüner Stellvertreter, Wirtschafts- und
       Verkehrsminister Tarek Al-Wazir, am Donnerstag vor Weihnachten bei der
       Präsentation ihres Koalitionsvertrags für die kommenden fünf Jahre. „Dieser
       Vertrag ist gut für unser Land“, sagte Bouffier. „Er strotzt nur so von
       Ideen“, lobte sich Al-Wazir.
       
       Das 200 Seiten starke Papier setzt Akzente im Ausbau der Digitalisierung,
       sieht zusätzliche Stellen für Polizei, Schulen und Hochschulen vor. Dissens
       stellten die Partner, die die erste schwarz-grüne Regierungskoalition in
       einem Flächenland fortsetzen wollen, vor allem in der Flüchtlingspolitik
       fest. Sie vermieden zwar jede Festlegung für eine mögliche
       Bundesratsabstimmung zur Einstufung der Maghrebstaaten als „sichere
       Herkunftsländer“. Al-Wazir wies indes darauf hin, dass die Formulierung zu
       dieser Frage exakt der im Koalitionsvertrag der Jamaikakoalition in
       Schleswig-Holstein entspreche, an der Grünen-Chef Robert Habeck mitgewirkt
       hatte. „Bei unterschiedlichen Auffassungen werden wir uns im Bundesrat
       enthalten“, versicherte Bouffier.
       
       Der Ministerpräsident, der nach dem Willen der Koalition am 18. Januar vom
       neugewählten hessischen Landtag wiedergewählt werden soll, betonte, in den
       Verhandlungen mit dem Grünen habe man in der Innenpolitik das richtige Maß
       zwischen Freiheit und Sicherheit gefunden. Bei der hessischen Polizei
       sollen eintausend neue Planstellen geschaffen werden, für Polizeibeamte,
       aber auch Verwaltungskräfte, die den Vollzugsdienst entlasten sollen.
       Bouffier kündigte den Ausbau der Videoüberwachung im gefährdeten
       öffentlichen Raum an.
       
       In den nächsten Jahren werde seine Regierung eine umfangreiche
       Digitalstrategie entwickeln, sagte Bouffier. Dazu sollen die Kompetenzen in
       einem neuen, zusätzlichen Ministerium gebündelt werden, das die CDU
       besetzt. Die Hochschulen des Landes erhalten 300 zusätzliche Stellen für
       ProfessorInnen, der Hochschuletat soll jährlich um 4 Prozent steigen. 500
       zusätzliche Verwaltungskräfte sollen in den Schulen des Landes die
       Pädagogen bei der Bewältigung der Bürokratie unterstützen. Die
       Ganztagsschulen werden ausgebaut. „Es bleibt aber bei der Vielfalt der
       Bildungschancen“, verteidigte der Ministerpräsident das gegliederte
       Schulsystem in Hessen. Für Sanierung und Ausstattung der Schulen und für
       ihre digitale Ertüchtigung legt das Land ein Investitionsprogramm auf, das
       die eigentlich zuständigen Kommunen entlasten soll.
       
       ## Ausbau der Rad- und Schienenwege
       
       Al-Wazir versprach, dass die Landesregierung ihren Kurs zur Energie- und
       Verkehrswende beibehalten werde. So würden die Mittel für den
       Landesstraßenbau zwar auf die Rekordmarke von 170 Millionen Euro
       aufgestockt. „Noch nie hat ein grüner Minister soviel für Beton
       ausgegeben“, sagte Al-Wazir. Allerdings bleibe es bei seinem Prinzip
       „Erhalt geht vor Neubau“; außerdem werde der Ausbau von Rad- und
       Schienenwegen vorangetrieben. Der Ökolandbau soll in Hessen bis auf 25
       Prozent der Anbaufläche des Landes ausgebaut werden. Zehn Prozent des
       Staatsforsts soll aus der wirtschaftlichen Nutzung herausgenommen werden.
       
       Es gibt keinen Zweifel daran, dass Grünen-Vormann Al-Wazir in der künftigen
       Regierung ein deutlich stärkeres Gewicht haben wird als bisher. Sein für
       Wirtschaft, Verkehr und Energie zuständiges Haus wird um die bedeutenden
       Bereiche Bauen und Wohnen erweitert. Al-Wazir kündigte an, dass die Mittel
       für den Wohnungsbau so gesteigert würden, dass das Land in Zukunft keinen
       Antrag auf Förderung zum Bau von bezahlbarem Wohnraum ablehnen müsse.
       Außerdem werde er die Kommunen mit Wohnraumengpässen ermächtigen, die
       Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu untersagen. Eine solche
       Verordnung wollten die Grünen schon vor fünf Jahren durchsetzen, waren aber
       an der CDU gescheitert.
       
       [1][Die Grünen] stellen in der neuen Regierung vier Ressortchefs, neben
       Wirtschaft und Verkehr sowie Umwelt leiten sie künftig auch das Sozial- und
       das Wissenschaftsministerium. Die Grünen wollen ihre MinisterInnen am
       kommenden Samstag bestimmen. Der CDU-Landesvorsitzende und
       Ministerpräsident will seine Personalentscheidungen erst unmittelbar vor
       der Konstituierung des neuen Landtags treffen.
       
       20 Dec 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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